Cotton Malone 04 - Antarctica
mit dem Turm verbunden war und eine ungewöhnlich gefaltete Kuppel besaß. Und ein hoher, länglicher Chor, der fast nur aus Dach und Buntglasfenstern zu bestehen schien. Die Kirche war zwischen dem Ende des achten und dem fünfzehnten Jahrhundert erbaut worden, und es war fast ein Wunder, dass sie bis heute stand, da Aachen, wie Malone wusste, im Krieg gnadenlos bombardiert worden war.
Der Dom stand an der Schmalseite eines städtischen Platzes und war früher einmal mit dem eigentlichen Palast durch eine Reihe hölzerner Gebäude verbunden gewesen, die eine militärische Garnison, einen Gerichtshof und Wohngemächer für den Herrscher und seine Familie beherbergt hatten.
Die Kaiserpfalz Karls des Großen.
Geblieben waren nur ein Hof, der Dom und das Fundament des Palasts, auf dem im vierzehnten Jahrhundert Aachens Rathaus errichtet worden war. Der Rest war schon vor Jahrhunderten verschwunden.
Sie betraten den Dom durch das Westtor, das alte Portal, dem ein Hof vorgelagert war. Drei Stufen führten in eine Eingangshalle mit weiß getünchten, schmucklosen Wänden hinunter.
»Diese Stufen haben etwas zu bedeuten«, erklärte Christl. »Draußen ist der Boden seit den Zeiten Karls des Großen nach oben gewachsen.«
Er erinnerte sich an Dorotheas Bericht über Otto III. »Hier unten wurde das Grab Karls des Großen gefunden? Von hier kommt das Buch, das jetzt in Dorotheas Besitz ist?«
Sie nickte. »Einige behaupten, Otto III. habe den Boden aufgegraben und den König sitzend vorgefunden, die Finger auf eine Stelle im Evangelium des Markus gelegt. Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme an seiner Seele Schaden?«
Er bemerkte ihren Zynismus.
»Andere sagen, Kaiser Barbarossa habe 1165 die Grabstätte hier gefunden, und der Leichnam habe in einem Marmorsarg gelegen. Dieser römische Sarkophag wird in der Schatzkammer nebenan gezeigt. Barbarossa soll ihn durch einen goldenen Schrein ersetzt haben, der sich jetzt« – sie zeigte ins Innere des Doms – »dort im Chor befindet.«
Hinter dem Altar entdeckte Malone einen goldenen Reliquienschrein, der in einer beleuchteten Glasvitrine ausgestellt war. Sie verließen die Eingangshalle und traten ins Innere des Doms. Links und rechts öffnete sich ein Umgang, doch ihn zog es ins Zentrum des inneren Oktogons. Von den Fenstern hoch oben in der Kuppel sickerte Licht wie Nebel herein.
»Ein Achteck, das von einem Sechzehneck umschlossen wird«, sagte er.
Acht mächtige Pfeiler vereinigten sich zu Doppelpfeilern, die die hohe Kuppel trugen. Rundbögen stiegen zu den oberen Galerien auf, wo schlanke Säulen, marmorne Brücken und Gitterwerk alles verbanden.
»Noch drei Jahrhunderte nach seiner Fertigstellung war dies hier das höchste Bauwerk nördlich der Alpen«, erklärte Christl. »Im Süden hatte man Stein verwendet, um Tempel, Arenen, Paläste und später Kirchen zu bauen, aber unter den germanischen Stämmen war diese Art von Bauwerk unbekannt. Außerhalb des Mittelmeerraums war dies hier der erste Versuch, ein steinernes Gewölbe zu errichten.«
Er sah zu der hoch aufragenden Galerie hinauf.
»Nur wenig von dem, was Sie sehen, stammt aus der Zeit Karls des Großen«, erklärte Christl. »Zunächst einmal natürlich die Struktur des Bauwerks. Dann die sechsunddreißig Marmorsäulen im oberen Stockwerk. Einige von ihnen sind Originale – sie wurden aus Italien herangeschafft, von Napoleon gestohlen, aber schließlich zurückgegeben. Die acht Bronzegitter zwischen den Bögen: ebenso original. Alles andere wurde später hinzugefügt. In karolingischer Zeit wurden die Kirchen getüncht und innen mit Fresken ausgemalt. Später wurde die Ausstattung eleganter. Das hier bleibt jedoch die einzige erhaltene Kirche Deutschlands, die auf Geheiß Karls des Großen gebaut wurde.«
Malone musste den Kopf in den Nacken legen, um in die Kuppel hinaufzuschauen. Das Deckenmosaik stellte vierundzwanzig weiß gekleidete Älteste dar, die vor dem Thron standen und in Anbetung des Lammes ihre Kronen darboten. Eine Szene aus der Offenbarung, wenn er sich nicht irrte. Weitere Mosaike verzierten die Wände unterhalb der Kuppel. Maria, Johannes der Täufer, Christus, die Erzengel Michael und Gabriel und sogar Karl der Große selbst waren zu sehen.
An einer schmiedeeisernen Kette, deren Glieder nach oben hin größer wurden, hing ein schwerer, radförmiger, fein gearbeiteter goldener Leuchter.
»Kaiser Barbarossa hat diesen Leuchter nach seiner
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