Cotton Malone 05 - Der Korse
Juden haben heute wieder Angst.«
»Und daran tragen diese Einwanderer die Schuld?«
Er zuckte die Schultern. »Vielleicht einige von ihnen. In meinen Augen sind dafür aber, um bei der Wahrheit zu bleiben, eher die radikalen Franzosen verantwortlich. Der politischen Rechten und der extremen Linken ist es gelungen, den Einwanderern die Schuld an allen Übeln in die Schuhe zu schieben, die das Land belasten.«
»Ich warte noch immer auf eine Antwort.«
Die Gruppe hielt bei einer weiteren interessanten Stelle, und der Führer setzte seinen Vortrag fort.
»Eliza macht einen Test«, erklärte Ashby. »Sie sucht eine Möglichkeit, die französische nationale Aggression durch etwas anderes als einen Krieg zu kanalisieren. Nach ihrer Vorstellung würde der Angriff einer radikalen Gruppierung auf ein französisches Nationalmonument, das Grab des von den Franzosen geliebten Napoleon – den sie übrigens verabscheut – diese kollektive Aggression auf ein Ziel konzentrieren. Zumindest ist das die Art, wie sie es erklärt.«
»Warum hasst sie Napoleon?«
Er zuckte die Schultern. »Woher soll ich das wissen? Eine Familientradition, schätze ich. Einer ihrer Vorfahren trug eine korsische Vendetta gegen Napoleon aus. Ich habe es nie so ganz verstanden.«
»Trifft sich der Pariser Club morgen im Eiffelturm?«
Er nickte anerkennend. »Sie waren fleißig. Wäre es nicht klüger gewesen, mir eine indirekte Frage zu stellen, um zu sehen, ob ich ehrlich bin?«
»Ich habe es eilig und glaube ohnehin nicht unbedingt, was Sie sagen.«
Er schüttelte den Kopf. »Unverschämt. Und arrogant. Warum nur? Ich habe mit Ihren Leuten kooperiert …«
»Nur dann, wenn Sie es wollten. Diese Information über einen Anschlag haben Sie absichtlich zurückgehalten.«
»Genau, wie Sie es an meiner Stelle auch getan hätten. Aber jetzt wissen Sie rechtzeitig Bescheid, um sich entsprechend vorzubereiten.«
»Ich weiß überhaupt nichts. Wie soll der Anschlag stattfinden?«
»Guter Gott, woher soll ich denn diese Information haben?«
»Sie sind derjenige, der den Deal mit Lyon gemacht hat.«
»Glauben Sie mir, dieser Teufel ist mit Details verdammt knauserig. Er möchte einfach nur wissen, ob sein Geld überwiesen worden ist. Darüber hinaus erklärt er einem nichts.«
»Ist das alles?«
»Der Invalidendom ist über Weihnachten geschlossen. Wenigstens werden keine Leute da sein, um die man sich Sorgen machen müsste.«
Sie wirkte nicht beruhigt. »Sie haben meine Frage über den Pariser Club noch immer nicht beantwortet.«
»Wir treffen uns morgen früh im Eiffelturm. Eliza hat den Bankettsaal auf der ersten Ebene gemietet und beabsichtigt, gegen Mittag mit allen zur Spitze des Eiffelturms hochzufahren. Wie schon gesagt, Lyon liebt exakt geplante Termine. Die Explosion wird sich um zwölf Uhr mittags ereignen, und der Club wird dann den perfekten Aussichtspunkt haben.«
»Wissen die Mitglieder, was geschehen wird?«
Er schüttelte den Kopf. »Himmel, nein. Nur Eliza, ich und unser Südafrikaner wissen Bescheid. Ich nehme an, die meisten von ihnen wären entsetzt.«
»Allerdings werden sie nichts dagegen einzuwenden haben, davon zu profitieren.«
Die geführte Gruppe drang tiefer ins Innere von Londons dunkler East Side vor.
»Die Suche nach Profit ist selten mit Moral verbunden«, merkte er an.
»Dann sagen Sie mir das, was ich wirklich wissen will. Wie finden wir Lyon endlich?«
»Genauso wie ich.«
»Das reicht mir nicht. Ich möchte eine Gelegenheit haben, ihn zu fassen.«
Er blieb stehen. »Wie soll ich das denn anstellen? Ich habe ihn bisher erst ein einziges Mal gesehen, und da war er perfekt verkleidet. Er kontaktiert mich, wann und wie es ihm passt.«
Sie sprachen mit gesenkter Stimme und gingen wieder hinter der Hauptgruppe her. Obwohl er seinen dicksten Wollmantel und pelzgefütterte Handschuhe angezogen hatte, war ihm kalt. Jeder Atemzug bildete ein Dampfwölkchen vor seinen Augen.
»Sie können doch gewiss etwas organisieren«, sagte sie. »In Anbetracht der Tatsache, dass wir Sie nicht strafrechtlich verfolgen werden.«
Er begriff die unausgesprochene Drohung. »Habe ich deshalb heute Abend die Ehre Ihrer Anwesenheit? Sie sind hier, um mir ein Ultimatum zu stellen? Ihr Mitarbeiter hat mich nicht genug unter Druck gesetzt?«
»Das Spiel ist aus, Ashby. Ihre Nützlichkeit schwindet rasch. Ich würde Ihnen vorschlagen, etwas zu tun, was Ihren Wert erhöht.«
Genau das hatte er ja tatsächlich getan, aber er
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