Cotton Reloaded - 12: Survival (German Edition)
durchhalten konnten, als er mit dem Schienbein gegen einen abgebrochenen Ast stieß. Er stürzte vornüber und rutschte auf einen steilen Hang. Ungebremst sauste er das glitschige, mit Moos überwucherte Erdreich hinunter. In einem Reflex presste er die Unterarme vors Gesicht und schützte die Augen vor Dornenranken. Die Rutschpartie endete in einer Kuhle. Der G-Man überschlug sich und landete unsanft inmitten von Farnen.
Weder Decker noch Zeerookah hatten etwas von seinem Sturz mitbekommen. Beide waren zu sehr mit der eigenen Rettung beschäftigt. Sporadisch blitzte das Mündungsfeuer der Verfolger in ihrem Rücken auf. Kugeln pfiffen an ihnen vorbei, schlugen in Baumstämme ein und ließen Fetzen der Rinde durch die Luft spritzen.
Die Agentin wusste, dass sie diesen Wettlauf nicht gewinnen konnten. Die ausweglose Situation vermittelte ihr eine Ahnung, wie schrecklich die Frauen sich gefühlt haben mussten, auf die Robert Hansen in den Wäldern Alaskas Jagd gemacht hatte.
Vor ihnen lichtete sich der Wald, was jedoch kein Vorteil für die Fliehenden war, denn es beraubte sie ihrer natürlichen Deckung. Nur dem dichten Unterholz war es zu verdanken, dass sie überhaupt noch lebten.
In diesem Moment nahm Decker neben sich eine Bewegung wahr. Zum Reagieren war es bereits zu spät. Sie wusste es spätestens in dem Augenblick, als die beiden Killer mit vorgehaltenen Waffen aus den Büschen sprangen.
Die Agentin spürte noch einen alles überwältigenden Schmerz, ehe sie in undurchdringlicher Schwärze versank.
*
Cotton verschwendete keinen Gedanken darauf, ob er sich bei seinem Sturz verletzt haben könnte. Er stemmte sich hoch und kämpfte sich den Hang hinauf, trotzte der extremen Steigung Schritt um Schritt ab und krallte sich an allem fest, was Halt bot. Dornenranken schnitten ihm ins Fleisch, als er sich daran hochzog, doch er spürte es kaum.
Eine Minute später hatte er den oberen Rand des Steilhanges erreicht. Von dort rannte er auf gut Glück in die Richtung, in der er seine Begleiter das letzte Mal gesehen hatte. Die Sinne aufs Äußerste gespannt, bewegte er sich so leise wie möglich durch das Unterholz.
Es fielen keine Schüsse mehr. Entweder hatten Decker und Zeerookah ihre Verfolger abgehängt, oder die beiden waren tot.
Nach etwa fünfzig Yards veränderten sich die Lichtverhältnisse. Der Mond schob sich hinter den Wolken hervor und tauchte den Wald in schwaches, silbriges Licht. Wenige Schritte entfernt machte Cotton eine weitläufige Lichtung aus. Von dort vernahm er eine Männerstimme.
Der G-Man verlangsamte seine Schritte und pirschte vorsichtig voran. Am Waldrand drückte er sich hinter einen Baum, verschmolz mit dessen Schatten und stand eine Zeit lang regungslos da, sperrte Augen und Ohren auf, sondierte das Terrain.
Sechs, sieben Schritte entfernt kauerte Zeerookah im Gras. Neben ihm lag Decker regungslos am Boden, die Augen geschlossen, das Gesicht blutüberströmt. Über ihrer linken Braue klaffte eine Platzwunde, die von einem Schlag mit einem Gewehrkolben herrührte. Neben ihr standen die beiden Killer mit umgeschnallten Nachtsichtgeräten.
Einer der Männer hielt das Gewehr auf die beiden Gefangenen gerichtet, der andere sprach gerade in ein Walkie-Talkie: »Hier ist Snyder, Boss. Wir haben zwei der drei Flüchtigen erwischt.«
Es folgte eine kurze Pause, dann drang eine verzerrte Stimme aus dem Gerät: »Gut gemacht. Leben die Agents noch?«
»Ja.«
»Was ist mit dem dritten Flüchtigen?«
»Ist wie vom Erdboden verschluckt. Stellt aber keine Gefahr dar. Ist unbewaffnet. Außerdem sehen wir ihn, lange ehe er uns sieht. Wie lauten Ihre Instruktionen?«
Wieder eine Pause bis zur Antwort: »Quetscht die Gefangenen aus, wo ihr Kumpel stecken könnte. Anschließend knallt ihr sie ab. Wir fahren umgehend los und holen die Leichen. Lass das Walkie-Talkie eingeschaltet, wir orten euch über sein GPS.«
Der Mann schaltete das Funkgerät auf stumm und hängte es sich mit einem Schulterriemen um.
Cotton verharrte weiter hinter dem Baumstamm und schätzte die Situation ein. Beide Killer waren kräftige, massige Männer und größer als er. Vermutlich hielten sie sich mit Training fit und waren nicht zu unterschätzende Gegner. Erschwerend kam hinzu, dass der G-Man im Gegensatz zu den beiden Kerlen unbewaffnet war. Andererseits trennte sie keine große Entfernung. Dadurch war zumindest das Überraschungsmoment auf seiner Seite.
Einer der Männer entsicherte sein Gewehr und setzte
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