Couchgeflüster
betrachtet mich erstaunt. «Du siehst hinreißend aus. So … so verändert.» Sein Blick ruht auf meinen Haaren. «Irgendwie … wilder.»
«Danke», flüstere ich mit weichen Knien.
Der Abend fängt gut an. Ben benimmt sich zwar für meinen Geschmack etwas zu formell, aber für ihn bin ich ja immer noch die Therapeutin.
«Und», fragt er, «hast du auch ordentlich Hunger nach deinem Yogakurs?»
Ja! Er benutzt genau die gleichen Worte wie damals.
«Und wie!», piepse ich und verkneife mir zu sagen, dass ich abends doch immer eine Riesenportion verdrücken könnte.
«Klasse», freut sich Ben. «Endlich mal eine Frau, die nicht auf Diät ist.»
«Keine Bange, für Essen bin ich immer zu haben.»
«Gut zu wissen», meint Ben, während wir Seite an Seite den Hinterhof verlassen.
Im Restaurant platziert uns derselbe Kellner tatsächlich auch noch am selben Tisch – und das ohne Reservierung!
Vor Aufregung zittern meine Hände, und ich verstecke mich schnell hinter der Speisekarte.
«Schwere Entscheidung», murmle ich. «
Flammendes Inferno
oder
Verschollen in Rio
klingt beides lecker.»
«Mmm …
Flammendes Inferno
…», wiederholt Ben leise.
Einen Augenblick lang sieht er mich mit seinen grünen Augen so durchdringend an, dass ich glaube, seine Erinnerung käme genau in dieser Sekunde zurück. Oder erinnert er sich vielleicht an den Traum mit dem Feuer, von dem er mir in der Praxis erzählt hat? Aber ich bin heute als
Nelly
und nicht als seine Therapeutin hier und werde das Gespräch nicht erwähnen.
Gerade will ich wieder in die Karte schauen, als Ben doch tatsächlich fragt: «Was hältst du davon, wenn wir beide Gerichte bestellen und voreinander probieren?»
Noch eine Wiederholung! Ein warmes Kribbeln läuft über meinen Rücken.
«Gute Idee», sage ich, und meine Stimme bricht etwas. Jetzt bedarf es nur noch einer Winzigkeit, und er wird sich an uns erinnern! «Und was wollen wir dazu trinken?«, frage ich provozierend.
Als Ben mir erklärt, dass er trockenen Wein liebt, und fragt, ob ich mit einem Riesling einverstanden wäre, ist dermagische Moment verflogen. Er hätte doch sagen müssen, dass er Alkohol nur in homöopathischen Dosen genießt!
Ich nicke enttäuscht.
Kurz darauf serviert der Kellner den Wein. Wir erheben unsere Gläser, und ich blicke Ben erwartungsvoll an. Aber er lobt nur den aufmerksamen Service und die angenehme Atmosphäre im Lokal, anstatt «auf eine ganz besondere Frau» anzustoßen.
Tja, Britta hatte wohl recht: So eine Amnesie ist keine harmlose Verspannung im Rücken, die man mit ein paar Dehnübungen beseitigen kann.
«Wie ging es denn mit deiner Flugangst?», erkundige ich mich ernüchtert nach seiner Reise.
«Ich habe ganz fest an einen rosa Elefanten gedacht, wie du mir geraten hast», berichtet Ben und zwinkert mir zu. «Es hat mich gut abgelenkt. Bis zum Einsteigen war ich also ziemlich ruhig, doch kaum war der Gurt festgezurrt …» Er stockt, und auf seiner Stirn ist wieder diese steile Falte zwischen seinen Brauen zu erkennen, die große Anspannung verrät.
«Saß zufällig eine Frau in weißer Kleidung neben dir?», erkundige ich mich betont ruhig.
«Nein. Das heißt, ich weiß nicht … Ich hab nicht drauf geachtet», antwortet Ben fahrig. «Also, da saß eine Frau neben mir, aber was sie anhatte? Keine Ahnung.»
«Mmm», murmle ich nachdenklich, und mir fällt das Gespräch mit Mama wieder ein. «Hast du bei einer deiner vielen Flüge vielleicht mal eine Notlandung miterlebt und wurdest dabei am Kopf verletzt?»
«Notlandung?» Fassungslos schreckt Ben zusammen. «Wie kommst du denn auf diese absurde Idee, Ella?»
«Nun, so ein traumatisches Erlebnis würde erklären, warum du so ungern fliegst.»
«Ja, schon», sagt Ben. «Aber von solchen Katastrophen berichten die Medien doch tagelang. Würde jemand dabei sein Gedächtnis verlieren, bekäme er erst recht alle Aufmerksamkeit. Ich wüsste also ganz sicher, ob ich dabei gewesen wäre.»
«Stimmt, wie dumm von mir», gebe ich kleinlaut zu und mutmaße im Stillen, dass wohl doch eine Frau dahintersteckt. Also bohre ich weiter: «Hattest du während eines Flugs mal ein … ein unangenehmes Erlebnis mit einer Frau?»
Wortlos starrt Ben in sein Weinglas, als wäre die Frage indiskret.
«Tut mir leid», entschuldige ich mich. «Ich frage das natürlich nur aus beruflichem Interesse.»
«Schon okay», murmelt er. «Da gibt es aber nichts.»
«Ist es möglich, dass du die Dame
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