Cowboy - Riskanter Einsatz
kennen. Sie hatte außerdem das Gefühl, dass sie sich genauso lange schon nach ihm gesehnt hatte, und zwar in jeder einzelnen Sekunde ihres Lebens.
Er küsste sie noch heftiger, intensiver. Dieser Kuss war ein einziges Versprechen. Ekstase kündigte sich darin an, ein Liebesspiel, wie sie es noch nie erlebt hatte, ja, sich nicht einmal vorstellen konnte. Der Boden schien sich unter ihr aufzutun, und sie schwebte. Sie klammerte sich an ihn, ihr zitterten die Knie, und ihr war schwindelig vor Glück. Sie erwiderte seinen Kuss genauso hemmungslos und leidenschaftlich. Er wollte sie. Dieser unglaubliche Mann wollte sie, von ganzem Herzen, mit allen Sinnen.
Seine Lippen waren warm, sein Mund beinahe heiß. Er schmeckte süß, fast wie die Energieriegel, die er mit ihr geteilt hatte. Melody erkannte, dass sie lachte, und als sie zurückwich, um ihn anzusehen, lächelte er ebenfalls.
Und dann – genau wie er es gesagt hatte – nahm jemand sie am Arm, zog sie sanft von ihm fort und führte sie zu einem der Krankenwagen, während er zu einem zweiten geleitet wurde.
Er behielt sie jedoch im Blick, und auch sie löste die Augen erst von ihm, als sie in den Krankenwagen einstieg. Bevor sich die Türen hinter ihr schlössen, drehte sie sich ein letztes Mal nach ihm um. Er beobachtete sie nach wie vor, immer noch dieses Lächeln auf den Lippen – und dann verzogen sie sich zu einem lautlosen „Heute Abend.“
Melody konnte es kaum erwarten.
3. KAPITEL
Sieben Monate später
M elody konnte nicht länger warten.
Sie musste nach Hause, und zwar sofort .
Sie schaute rasch nach links und rechts und fuhr dann kurzerhand bei Rot über die Kreuzung von Route 119 und Hollow Road. Trotzdem wusste sie, dass sie die letzten anderthalb Meilen der Potter’s Field Road nicht mehr schaffen würde.
Wenige Augenblicke später fuhr sie rechts ran und übergab sich am Straßenrand, etwa eine halbe Meile südlich vom Briefkasten der Webers.
Eigentlich sollte ihr so etwas jetzt nicht mehr passieren. Eigentlich hätte diese Phase längst überstanden sein sollen. Eigentlich sollte sie in den nächsten Monaten von innen heraus leuchten, friedlich in sich ruhen und – na ja – ab und an Rückenschmerzen haben oder ihren Ischiasnerv spüren.
Mit der morgendlichen Übelkeit dagegen hätte schon vor vier Monaten Schluss sein müssen. Morgendlich, ha! Ihr war keineswegs morgendlich übel, sondern minütlich. Und das jeden Tag.
Sie quälte sich ins Auto zurück, würgte den Motor nur zwei Mal ab und fuhr dann langsam weiter. Zu Hause angekommen, wäre sie am liebsten auf der Stelle umgekehrt und zurück in die Stadt gefahren.
Der Lkw der Glenzen Bros, parkte vor dem Haus. Harry Glenzen – ein Urururenkel der ursprünglichen Gebrüder Glenzen – arbeitete zusammen mit Barney Kingman am Haus. Sie waren dabei, eine große Sperrholzplatte im Rahmen des Esszimmerfensters zu befestigen. Nein – im Rahmen dessen, was ursprünglich das Esszimmerfenster gewesen war.
Melody musste den Fahrersitz ganz zurückschieben, um aussteigen zu können. Mit ihrem geschwollenen Leib konnte sie sich kaum hinter dem Lenkrad hervorzwängen.
Aus dem Innern des Hauses hörte sie den Staubsauger heulen. Andy Marshall, dachte sie. Wer sonst? Brittany war vermutlich auf Hundertachtzig.
„Hey, Mel!“, rief Harry ihr fröhlich zu. „Haben wir nicht eine tolle Hitzewelle? Dieses Jahr gibt’s endlich mal wieder einen echten Altweibersommer. Wenn das so bleibt, werden die Kinder an Halloween ohne Jacke von Haus zu Haus ziehen können.“
„Hallo, Harry.“ Es fiel Melody schwer, wenigstens etwas Begeisterung in ihre Stimme zu legen. Die Hitze brachte sie fast um. Sie hatte schon den ganzen Juli und August sowie die erste Septemberhälfte darunter gelitten. Aber jetzt war Oktober. Und Oktober in Neuengland, das hieß eigentlich kühle Herbsttage. Der heutige Tag hatte jedoch nichts an sich, was man auch nur annähernd als kühl hätte bezeichnen können.
Sie schleppte sich die Vordertreppe des gewaltigen viktorianischen Hauses hinauf, in dem sie und ihre Schwester aufgewachsen waren. Melody war nach dem College hierher zurückgekehrt. Eigentlich hatte sie nur ein Jahr mietfrei in ihrem Elternhaus wohnen wollen, um in Ruhe entscheiden zu können, was sie mit ihrem Leben anfangen und wohin sie gehen wollte. Aber dann hatte ihre Mutter einen Mann kennengelernt. Einen sehr netten Mann. Einen sehr netten, wohlhabenden Mann. Bevor Melody auch nur mit der Wimper
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