Cowboy - Riskanter Einsatz
zuckte, hatte ihre Mutter wieder geheiratet, ihre Siebensachen gepackt und war nach Florida gezogen. Melody blieb zurück, um sich um den Verkauf des Hauses zu kümmern.
Kurze Zeit später ließ Brittany sich scheiden. Nach etlichen Ehejahren waren ihr Mann Quentin und sie zu dem Schluss gekommen, dass sie nichts mehr verband. Und Britt war kurzerhand zu Melody gezogen.
Melody war nie dazu gekommen, das alte Haus wirklich zum Verkauf anzubieten, und ihrer Mutter war es egal gewesen. Sie war glücklicher, als Melody sie jemals gekannt hatte. Im Sommer kam sie jedes Jahr einen Monat zu Besuch in den Nordosten und lud ihre Töchter ebenfalls jedes Jahr ein, den Winter bei ihr und ihrem Mann in Sarasota zu verbringen.
Zwei unverheiratete Schwestern, die zusammenlebten. Melody malte sich gelegentlich aus, wie sie immer noch hier zusammenleben würden, wenn sie beide schon über neunzig waren. Die alten Evans-Mädels, unverheiratet und exzentrisch wie nur irgendwas. Das war der Stoff, aus dem Stadtlegenden gewebt waren.
Aber schon bald würden drei Menschen in diesem großen alten Haus wohnen. Aus dem altjüngferlichen Schwesternpaar würde also nichts werden. Das Baby sollte gerade rechtzeitig vor Weihnachten zur Welt kommen. Vielleicht – hoffentlich – fiel bis dahin das Thermometer doch noch unter siebenundzwanzig Grad.
Melody öffnete die Vordertür. Als sie ihre Aktentasche ins Haus schleppte, wurde der Staubsauger ausgeschaltet.
„Mel, bist du das?“
„Ja, ich bin’s.“ Sie warf einen sehnsüchtigen Blick zur Treppe, die nach oben zu ihrem Schlafzimmer führte. Eigentlich wünschte sie sich nur eines: sich endlich hinlegen zu können. Stattdessen atmete sie tief durch und wandte sich zur Küche. „Was ist passiert?“
„Andy Marshall ist passiert, das ist passiert.“ Britt tobte. Sie betrat die fröhlich hellgelb gestrichene Küche durch die Esszimmertür. „Der jugendliche Verbrecher hat einen Baseball durch das Esszimmerfenster geworfen. Die neuen Scheiben müssen extra angefertigt werden, weil das verdammte Fenster natürlich keine Normmaße hat. Der kleine Mistkerl hat doch tatsächlich behauptet, der Ball sei ihm aus den Händen gerutscht. Er sagt, es sei ein Unfall gewesen.“
Mel stellte ihre Aktentasche auf den Küchentisch und ließ sich auf einen der Stühle fallen. „Vielleicht war es einer.“
Britt funkelte sie so skeptisch an, dass Melody lachen musste. „Das ist nicht lustig“, fauchte Britt. „Seitdem die Romanellas diesen Jungen bei sich aufgenommen haben, herrscht hier das blanke Chaos. Andy Marshall ist ganz entschieden verhaltensgestört!“
„Auch verhaltensgestörten Kindern passieren Unfälle“, versuchte Mel sie zu beschwichtigen und stützte den Kopf schwer in die Hände. Himmel, war sie müde!
Die Gesichtszüge ihrer Schwester wurden deutlich weicher. „Ach herrje. Schon wieder ein schlimmer Tag?“
Melody nickte. „Die ganze Stadt hat sich bereits daran gewöhnt, dass mein Wagen ständig irgendwo am Straßenrand steht. Niemand hält mehr an, um zu fragen, ob alles in Ordnung ist. Sie sagen sich nur: ‚Ach, das ist nur Melody Evans, die sich mal wieder das Frühstück durch den Kopf gehen lässt‘, drücken auf die Hupe, rufen: ‚Hallo, Mel‘, und weg sind sie. Ich befürchte, das geht irgendwann schief. Eines Tages werde ich rechts ranfahren, weil mich die Wehen überfallen haben. Und dann werde ich dieses Baby am Straßenrand zur Welt bringen, und keine Menschenseele wird anhalten, um mir zu helfen.“
Brittany nahm ein Glas aus dem Küchenschrank und füllte es je zur Hälfte mit Mineralwasser und Gingerale. „Runter damit“, sagte sie. „Du musst die Flüssigkeit ersetzen, die du verloren hast.“ Andy Marshall war endlich vergessen. „Bei diesen Temperaturen solltest du unbedingt darauf achten, dass du nicht dehydrierst.“
Melody nahm das Glas entgegen, das ihre Schwester ihr hinhielt. Ihr Magen rumorte noch immer. Deshalb nahm sie nur einen kleinen Schluck, bevor sie das Glas auf dem Tisch absetzte. „Warum gehst du nicht nach oben und ziehst deine Krankenschwesterntracht aus, bevor du vergisst, dass du nicht mehr auf der Arbeit bist, und versuchst, mich zu waschen oder so was Ähnliches?“, schlug sie vor.
Der lahme Versuch, einen Witz zu machen, entlockte Britt nicht einmal ein Lächeln. „Nur wenn du mir versprichst, dich hinzulegen, während ich mich ums Abendessen kümmere.“ Melodys Schwester war vermutlich der einzige Mensch auf
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