Cowboy - Riskanter Einsatz
zurückzuführen.
Er kannte sich bestens aus in Psychologie. Alles, was sie sagte, ergab Sinn. Und dennoch: Was er für sie empfand, ging unglaublich tief. Wenn diese intensiven Gefühle für sie nicht echt waren, dann wusste er nicht, wie echte Gefühle aussahen.
Aber sein Stolz hatte ihn davon abgehalten, all das zu sagen, was er hätte sagen sollen. Vielleicht wäre sie nicht gegangen, wenn er zu dem Zeitpunkt geredet hätte.
Vielleicht sollte er jetzt bitten. Das würde ihn schließlich nicht umbringen, nicht wahr? Aber wenn er sie schon anflehen musste, dann wenigstens von Angesicht zu Angesicht. Am Telefon konnte er das einfach nicht.
„Es hat sich nichts geändert“, unterbrach Melodys Stimme sanft seine Überlegungen. „Was wir miteinander hatten, ist einfach keine Grundlage für eine dauerhafte Beziehung.“
Ich vermisse dich, Mel. Cowboy schloss seine Augen, unfähig zu sagen, was er dachte.
„Es war trotzdem schön, deine Stimme zu hören“, fuhr Melody fort.
Sie behauptete, sie habe am Wochenende zu tun. Vielleicht war das ja doch nicht nur eine Ausrede. Vielleicht hatte sie wirklich zu tun. Aber selbst Menschen, die für sonst nichts Zeit hatten, mussten mittags eine Kleinigkeit essen. Er würde sich das Wochenende freinehmen, nach Boston fliegen, sich einen Wagen mieten und nach Appleton fahren.
Und dann, wenn er ihr von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand, dann würde er vor ihr auf die Knie fallen und sie anflehen.
„Ja“, sagte Cowboy, „ja, es war schön, mit dir zu reden.“
„Es tut mir leid, Jones“, schloss sie ruhig. Dann war die Leitung tot.
Cowboy legte langsam den Hörer auf die Gabel.
Seit Monaten saß er herum und wartete darauf, endlich über diese Frau hinwegzukommen. Es war höchste Zeit, etwas zu unternehmen.
Er speicherte, was er geschrieben hatte, und schickte die Datei an den Drucker. Während der Laserdrucker begann, den von ihm ausgearbeiteten Psychologiekurs auszuspucken, schob Cowboy seinen Stuhl zurück, stand auf und wandte sich zur Tür.
Er verließ die Wellblechbaracke und machte sich auf den Weg zu den Quartieren, in denen die unverheirateten Mitglieder der Alpha Squad untergebracht waren. Er würde seine Reisetasche für einen Kurztrip packen, seinen Urlaubsantrag fürs Wochenende ausfüllen und sich jemanden suchen, der ihn zum Luftwaffenstützpunkt mitnahm.
Als er die Fliegengittertür aufzog, wurde gleichzeitig die Innentür geöffnet. Fast wäre er mit Harvard zusammengestoßen. Der warf nur einen Blick in Cowboys finsteres Gesicht und seufzte.
„Nicht so gut gelaufen, hm?“ Harvard trat einen Schritt zurück, um Cowboy in den spartanisch eingerichteten Schlafsaal zu lassen.
Cowboy schüttelte den Kopf. „Senior Chief, ich möchte das Wochenende freinehmen. Außerdem brauche ich einen Flug nach Boston.“
Harvard lächelte. „Gute Idee, Junior. Pack deine Sachen, ich kümmere mich um den Papierkram. Wir treffen uns in fünfzehn Minuten am Tor.“
Cowboy zwang sich zu einem Lächeln. „Danke.“
Morgen in aller Frühe schon würde er Melody Evans gegenüberstehen.
Sie wollte ihn nur deshalb nicht sehen, weil sie verdammt genau wusste, was dann passieren würde. Dass sie der Anziehungskraft zwischen ihnen nichts entgegenzusetzen hatte. Wenn sie vor ihm stand und ihm in die Augen schaute, würde sie ihm genauso wenig widerstehen können wie er ihr.
Schon morgen um diese Zeit würde sie in seinen Armen liegen. Und vielleicht, wenn er seine Karten geschickt ausspielte, zu Kreuze kroch, vor ihr auf die Knie fiel und sie anflehte – vielleicht würde sie dann lange genug in sein Leben zurückkehren, um ein für alle Mal über sie hinwegzukommen.
Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Und zum ersten Mal seit Langem fühlte es sich echt an.
4. KAPITEL
M elody entdeckte ihn von der anderen Seite des Stadtparks, und ihr blieb fast das Herz stehen.
Das neue Pflegekind der Romanellas, Andy Marshall, prügelte sich mit zwei Jungen, die mindestens drei Jahre älter waren als er und fast zwei Köpfe größer.
Die drei Kinder hielten sich im Schatten der Bäume am Rande des städtischen Spielplatzes auf. Melody sah, wie die älteren Jungen Andy beinahe spielerisch zu Boden warfen und lachten. Aber er rollte sich wie ein geübter Nahkämpfer ab, kam blitzschnell wieder auf die Beine und schlug zu. Seine Faust traf die Nase des größeren seiner beiden Gegner, und der taumelte zurück.
Melody konnte den Schmerzensschrei hören, obwohl sie im
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