Cowboy - Riskanter Einsatz
lächelte beinahe schüchtern, als das Baby strampelte.
Beim zweiten Mal war sie mit ihm zusammengestoßen, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Mit aufgeschürfter Wange und geschwollenen Lippen behauptete er steif und fest, mit dem Rad gestürzt zu sein, aber Melody wusste, dass er wieder mal Ärger mit Alex Parks und seinen Freunden gehabt haben musste. Beim dritten Mal hatte er Melody tatsächlich zur Begrüßung umarmt und dem Baby Hallo gesagt, indem er sein Gesicht an Mels Bauch legte. Dafür versetzte es ihm einen Tritt gegen die Nase, und er kugelte sich förmlich vor Lachen.
Er war ein guter Junge. Melody war davon überzeugt, dass unter seiner harten Schale ein sanfter, mitfühlender Kern steckte. Er sollte nicht versuchen, so schnell erwachsen zu werden, Bier trinken und Zigaretten rauchen. „Er ist erst zwölf. Wahrscheinlich schmeckt ihm Bier nicht einmal.“
„Körperlich zwölf, seelisch fast dreißig“, korrigierte Brittany grimmig. „Und damit etwa so alt, wie er sein wird, wenn er schließlich aus dem Gefängnis entlassen wird, wenn er so weitermacht. Es grenzt an ein Wunder, dass Tom den kleinen Penner nicht eingesperrt hat.“
„Wer ist Tom, und welchen kleinen Penner hat er nicht eingesperrt?“
Melody fühlte, wie ihre Schultern sich schlagartig verspannten. Sie brauchte nur Jones‘ Stimme zu hören, und schon war sie nur noch ein Nervenbündel.
Er stand außen vor der Fliegengittertür und schaute in die Küche.
„Tom Beatrice ist der Polizeichef von Appleton. Und der kleine Penner ist der Junge, der zum Unruhestifter des Jahres gewählt werden wird: Andy Marshall. Kommen Sie rein“, rief Brittany vom Herd herüber. „Das Essen ist fast fertig.“
Melody stand auf, trat neben ihre Schwester und zischte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen an: „Du hast ihn zum Essen eingeladen?“
„Ja, ich habe ihn zum Essen eingeladen“, antwortete Brittany gelassen. „Bier steht im Kühlschrank“, wandte sie sich an Jones. „Bedienen Sie sich. Geben Sie mir bitte auch eins, und gießen Sie ein Glas Milch für Mel ein?“
„Mit Vergnügen. Hallo, Mel.“ Jones hatte sich extra fein gemacht: Er trug tatsächlich ein T-Shirt zu seinen Jeans und hatte seine Haare zu einem ordentlichen Pferdeschwanz gebunden. „Wie fühlst du dich?“
Verraten und verkauft. Melody setzte sich an den Küchentisch und lächelte gezwungen. „Danke, gut.“
„Wirklich?“ Er setzte sich ihr gegenüber. Natürlich. So hatte sie ihn während des Essens unausweichlich im Blick. Warum nur musste er so verteufelt gut aussehen? Und warum musste er sie ständig so anlächeln, als gäbe es ein geheimes Einverständnis zwischen ihnen?
„Mel hat wieder mal Rückenschmerzen“, erzählte Brittany, als sie den Wok auf die Warmhalteplatte auf dem Küchentisch stellte.
Jones nahm einen Schluck Bier direkt aus der Flasche und musterte Melody. „Ich stehe jederzeit für eine Rückenmassage zur Verfügung.“
Sie erinnerte sich nur zu gut an seine Rückenmassagen und wich seinem Blick aus. „Danke, aber ein heißes Bad wird es auch tun.“
Jones nahm die Schüssel mit dem dampfenden Reis entgegen, die Brittany ihm reichte. „Danke. Das sieht köstlich aus. Was hat Andy Marshall denn angestellt?“
„Der kleine Dummkopf hat sich dabei erwischen lassen, wie er versucht hat, an Bier und Zigaretten heranzukommen“, antwortete Melody.
Jones, der gerade dabei war, sich Reis auf den Teller zu füllen, hielt inne und blickte auf: „Ladendiebstahl?“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Er hat Kevin Thorpe Geld gegeben, damit er die Sachen für ihn kauft.“
Jones nickte und reichte ihr die schwere Reisschüssel. „Na, wenigstens hat er nicht geklaut.“
Ihre Finger berührten sich, und Melody wusste nur zu gut, dass das kein Zufall war. Sie ignorierte es trotzdem. Ihr Herz durfte nicht hüpfen, wenn er sie anfasste. Sie würde das einfach nicht zulassen. Trotzdem hatte sie Mühe, ruhig weiterzusprechen. „Er sollte weder rauchen noch trinken. Ob er das Bier und die Zigaretten geklaut hat oder nicht, ist völlig nebensächlich.“
„Nein, ist es nicht. Es ist …“
Das Telefon klingelte und unterbrach ihn.
Brittany entschuldigte sich, stand auf und ging ran. „Hallo?“
Jones senkte die Stimme. „Ich glaube, der Umstand, dass Andy nicht einfach in den Laden gegangen und mit einer geklauten Flasche Bier wieder raus ist, sagt eine Menge über ihn.“
„Ja, es besagt, dass er nicht nur eine Flasche
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