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CRASH - Ins falsche Leben: Roman (German Edition)

CRASH - Ins falsche Leben: Roman (German Edition)

Titel: CRASH - Ins falsche Leben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martyn Bedford
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hereinkam, sah Alex, dass sie Mühe hatte, ihn in der unbekannten Umgebung auszumachen.
    »Gute Tarnung«, sagte er und setzte sich auf. Cherry fuhr zusammen. »Wenn ich mich nicht bewegt hätte, hättest du gar nicht gemerkt, dass ich hier bin.«
    Er redete einfach drauflos. Cherry setzte sich ans Ende des Bettes, in die Kuhle, die seine Füße hinterlassen hatten.
    Sie schaute sich um. »Großes Zimmer.«
    Alex knipste die Lampe an, die einen sanften Schein auf die Wände warf. Er überlegte krampfhaft, was er noch sagen könnte.
    Cherry erlöste ihn. »Wir gehen gleich«, sagte sie. »Mum ist nur noch mal aufs Klo und   … ich wollte nicht gehen, ohne mich zu verabschieden. Und, du weißt schon   …«
    »Nachschauen, ob mit mir alles in Ordnung ist.«
    Sie lächelte. »Scheint in letzter Zeit zur Gewohnheit zu werden.«
    »Beim letzten Mal ist der Hund gestorben. Hoffentlich werden die Todesfälle jetzt nicht zur Gewohnheit.«
    Aber Cherry war schon wieder ernst. »Warum bist du so
unglücklich,
Philip? Ich meine, nicht wegen Beagle, sondern ganz allgemein.«
    »Unglücklich? Bin ich denn unglücklich?«
    »Erst hast du Jack geschlagen. Und dann die Sache vorhin   … im Garten.« Sie packte seinen Fuß und versetzte ihm einen Ruck, als wollte sie ein bisschen Vernunftin ihn hineinrütteln. »Glückliche Menschen prügeln sich nicht oder knallen Türen zu.«
    Alex schwieg.
    »Neulich, als du im Laden Klarinette gespielt hast und als wir mit Beags am Fluss waren   … Als wir Rücken an Rücken geredet haben, weißt du noch?« Sie hielt immer noch seinen Fuß umfasst, aber jetzt streichelte sie ihn geistesabwesend, malte mit den Fingerspitzen abstrakte Muster auf seinen Spann. »Da warst du nicht unglücklich. Heute kommt es mir vor, ich weiß auch nicht, als ob   …«
    »Als ob ich jemand anders wäre?«
    Sie drückte seinen Fuß. Fest. »Wie lange willst du meine Sätze noch   …«
    »…   zu Ende führen?«
    Cherry lachte. »Das meine ich! Vor zehn Minuten hast du dich noch wie ein kindischer Zehnjähriger aufgeführt und jetzt   … bist du auf einmal ganz anders.«
    »Weil du hier bist. Wenn ich mit dir zusammen bin, bin ich glücklich.«
    Alex hatte es zwar so gemeint, machte sich aber sogleich Gedanken darüber, dass es sich womöglich albern oder unaufrichtig anhörte. Wie immer verriet Cherrys Gesicht nichts. Aber sie schaute einen Augenblick nachdenklich aus dem Fenster, vor dem sich das letzte Tageslicht verabschiedete und in dessen Scheibe sich die Nachttischlampe wie eine Wasserfarbensonne spiegelte.
    »Deine Füße müffeln.« Cherry ließ seinen Knöchel losund legte die Hände in den Schoß. »Warum haben Jungs bloß immer Stinkefüße?« Nach einer kurzen Pause redete sie weiter: »Vor ein paar Wochen, auf dem Schulparkplatz   – da warst du auch unglücklich. Ich habe noch nie jemanden so   … ach, keine Ahnung. Als hättest du gerade erfahren, dass jemand gestorben ist oder so.«
    Sie hörten die Badezimmertür aufgehen, auf der Treppe ertönten Schritte. Mrs Jones’ Gesicht erschien in der Tür. Sie lächelte Alex an. Zu Cherry sagte sie: »Philips Vater möchte gern, dass ich mal einen Blick auf sein Horn werfe   –« Als ihr die Zweideutigkeit bewusst wurde, lachte sie schallend. Alle drei lachten. Mrs Jones’ Augen funkelten. Sie räusperte sich. »Egal   … er überlegt, ob er das Instrument verkaufen soll, und ich kann ihm einen Preis dafür sagen. Ich rufe hoch, wenn wir so weit sind.«
    Sie ging und zog die Tür hinter sich zu.
    »Deine Mutter ist nett«, meinte Alex, während sie ihren Schritten auf der Treppe lauschten.
    »Stimmt. Eigentlich ist sie richtig super. Mit ihr komme ich viel besser aus als mit meiner Schwester.«
    Alex dachte an Sam und an seine eigene Mum. An seinen Dad. Kam er gut mit
ihnen
aus? Vorher hätte er das nicht unbedingt gedacht; es war nicht so, dass sie sich auf die Nerven gegangen wären, aber sie hatten nebeneinanderher gelebt. Vier Menschen, die unter demselben Dach wohnten. Manchmal war das in Ordnung, manchmal nicht. Du lebst mit deinen Eltern zusammen, mit deinem kleinen Bruder, und denkst gar nicht richtigdarüber nach. Alex’ Aufenthalt bei den Garamonds hatte ihm jedoch klargemacht, wie sehr er an seiner eigenen Familie hing. Flips Mutter und sein Vater waren weder schlechtere Eltern noch bessere   – sie waren einfach nicht
seine
Eltern. Alex hatte keine Lust, mit Cherry über Familien zu reden, jedenfalls nicht über Flips

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