Crash: Thriller (German Edition)
umgestiegen sein.«
Scheiße, dachte David. In unmittelbarer Nachbarschaft der Meadowlands lagen die Interstate 95, der Hafen von Newark und zwei Flughäfen. Michael konnte mittlerweile überall sein. »Was wollen Sie damit sagen? Sie haben gar nichts?«
»Immer mit der Ruhe, Swift. Wir gehen jedem Anhaltspunkt nach. Wir haben die ballistischen Daten von den zwei Morden im Autismuszentrum und die …«
»Zwei Morde? Außer Dr. Parsons wurde noch jemand umgebracht?«
Lucille nickte grimmig. »Einer unserer Undercover-Agenten war im Erdgeschoss direkt neben dem Raum für Verhaltenstherapie stationiert. Die Kidnapper haben ihn erschossen und seine Leiche in einen Wandschrank gesteckt. Dann sind sie in den Therapieraum gegangen und haben Irwin Parsons umgebracht.« Sie zog die Oberlippe hoch und entblößte zusammengebissene Zähne. »Deshalb haben wir so schnell von der Entführung erfahren. Wir wussten, dass etwas Schlimmes passiert war, als unser Agent sich nicht meldete.«
Monique machte einen verwirrten Eindruck. Sie legte den Kopf schief und schaute Lucille konzentriert an. »Augenblick mal. Warum war einer Ihrer Agenten in dem Autismuszentrum?«
»Das können Sie sich vermutlich denken. Wir hatten Michael während der letzten zwei Jahre unter Beobachtung.«
David sagte sich, dass er das eigentlich nicht überraschend finden dürfe. Nach dem Fiasko mit Amil Gupta hatte Agent Parker alle Beteiligten gründlich befragt. Lucille wusste, dass sie irgendwas für sich behielten, und obwohl weder David noch Monique ein Wort über die Einheitliche Feldtheorie verloren hatten, war sie offensichtlich dahintergekommen, wo die Gleichungen versteckt waren.
»Es ist mein Fehler«, fügte Lucille hinzu. Die Falten unter ihren Augen schienen sich zu vertiefen. »Ich habe euch geschont. Ich habe euch eure Geheimnisse behalten lassen. Aber ich wusste, dass es Leute gab, die nicht so gutherzig sein würden, falls sie herausbekämen, was in Michaels Kopf steckt. Ich wusste, dass sie alles tun würden, um an diese Information heranzukommen. Deshalb habe ich im Interesse der nationalen Sicherheit befohlen, dass der Junge geschützt wird. Wir haben ihn unter Beobachtung gestellt, um zu verhindern, dass ausländische Agenten die Einheitliche Theorie in die Hand bekommen. Leider habe ich die Gefahr unterschätzt.«
Sie senkte den Kopf und starrte auf die Tischplatte. Auf einmal sah sie alt aus. Obwohl sie erst Anfang sechzig war, schien sie in diesem Augenblick mindestens zehn Jahre älter zu sein. Als David sie anschaute, sah er eine übergewichtige Agentin mit steifen Gelenken, die schon vor langer Zeit aus dem aktiven Dienst hätte ausscheiden sollen. Es war ein bisschen unangenehm, sie so zu sehen. Vor zwei Jahren hatte Lucille ihn erbarmungslos verfolgt, ihn durch das halbe Land gejagt. Ihr Alter war ihm gar nicht aufgefallen, weil er zu sehr damit beschäftigt war, vor ihr wegzulaufen. Aber diesmal liegt die Sache anders, dachte er. Agent Parker versuchte, ihnen zu helfen. Und sie brauchten ihre Hilfe.
David beschloss, ihr zu vertrauen. Er hatte Monique schon von seinem Gespräch mit Jacob Steele berichtet. Jetzt wurde es Zeit, Lucille davon zu erzählen. »Ich habe einen Anhaltspunkt für Sie«, sagte er. »Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, ob es was mit der Entführung zu tun hat. Aber die Möglichkeit besteht.«
Lucille löste den Blick vom Tisch. Ihre Augen verengten sich, füllten sich mit Leben. »Was?«
»Unmittelbar bevor Sie kamen, um mich abzuholen, hab ich während der Konferenz mit Jacob Steele gesprochen. Er ist Direktor des Advanced Quantum Institute an der University of Maryland. Wir haben über den iranischen Atombombentest geredet, und Jacob sagte, er habe genau im Moment der Explosion einen Riss in der Raumzeit entdeckt.«
»Die Raumzeit ist das Koordinatennetz unseres Universums«, fügte Monique hinzu. »Es besteht aus den drei Dimensionen des Raums – Länge, Breite und Höhe – plus der zeitlichen Dimension. Einstein hat gezeigt, dass Raum und Zeit in einem Kontinuum miteinander verbunden sind, das nahezu massive Objekte krümmt und bestimmte Trajektorien verändert, die …«
»Ich weiß über das Raumzeitkontinuum Bescheid.« Lucille zog ein Notizbuch und einen Bleistift aus der Innentasche ihres Jacketts. »Ich habe wegen euch beiden eine Menge von diesem Physikmist lernen müssen.« Sie kritzelte etwas in ihr Notizbuch und wandte sich an David. »Erzählen Sie mir mehr über diesen Riss.
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