Crash: Thriller (German Edition)
lassen – die Wahrscheinlichkeit war einfach zu groß, dass sie die Bombe gegen Israel einsetzen würden oder dass Israel Zuflucht in einem Präventivschlag gegen sie suchen würde. Und wenn er schnell genug handelte, konnte er ihr Nuklearprogramm auslöschen, und der Rest der Welt würde einen Seufzer der Erleichterung ausstoßen. Dem militärischen Nachrichtenaustausch zufolge, den die National Security Agency abgehört hatte, besaß die iranische Revolutionsgarde nur noch zwei Nuklearsprengköpfe und hatte beide zu einer sicheren Anlage in der Nähe der Stadt Ashkhaneh im Norden des Landes transportiert. Fotos, die von US-Aufklärungssatelliten gemacht worden waren, bestätigten die Berichte und zeigten die Konvois der Garde, wie sie zu der Bergkette fuhr, in der die Anlage verborgen war.
Er drehte sich in seinem Sessel, sodass er einen anderen Monitor im Blick hatte. Dieser zeigte ein Satellitenbild der Anlage: ein betonierter Zugang am Fuß eines Berges, der zu einem Netz von Tunneln und natürlichen Höhlen führte, das sich bis tief unter die Erde erstreckte. Bedauerlicherweise handelte es sich um ein gehärtetes Ziel. Messungen durch Bodenradar hatten ergeben, dass Teile der Einrichtung mehr als tausend Fuß unter der Erdoberfläche lagen. Keine konventionelle bunkerbrechende Rakete konnte diese Schicht durchdringen. Die einzige Waffe, die diese Anlage mit einem Schlag ausradieren konnte, war der Atomgefechtskopf der Air Force, der das gesamte unterirdische Netz zum Einsturz bringen würde. Diese Möglichkeit war natürlich indiskutabel – der Präsident würde keinen Atomkrieg beginnen. Aber er würde auch nicht zulassen, dass der Iran einen begann.
Er wandte sich von dem Bildschirm ab und ging den Stapel der Loseblattordner durch. Die meisten Pläne des Verteidigungsministeriums forderten einen konventionellen bunkerbrechenden Raketenangriff auf die Anlage, gefolgt von dem Einsatz von Kommandotruppen, die in die bombardierte Einrichtung eindringen und die darin gelagerten Sprengköpfe zerstören sollten. Das Problem war, dass die Iraner diese Strategie vorausgesehen und Gegenmaßnahmen ergriffen hatten. Die Anlage war in einem schwer zugänglichen Teil des Landes untergebracht, weit entfernt von den Flugzeugträgern im Golf und den Stützpunkten in Afghanistan und im Irak. Außerdem hatten die Iraner ein raffiniertes Luftverteidigungssystem mit Dutzenden von Radarstationen und Raketenbatterien an ihrer Küste und dem größten Teil ihrer Grenzen. Fast alle Schlachtpläne des Pentagons gingen von mehreren Hundert Opfern aus.
Aber ein Plan sah anders aus. Der Präsident griff sich den Ordner mit der Markierung »JSOC Operation Cobra«. Geschrieben hatte ihn Lieutenant General Sam McNair, der die Special Operations Forces in Afghanistan kommandierte. McNair hatte eine eindrucksvolle Erfolgsbilanz aufzuweisen, was im Krieg gegen die Taliban tatsächlich eine Seltenheit war. Er hatte jedoch auch einen Hang zu gewagten Unternehmungen. Sein Plan war der einzige, der den Vorteil einer taktischen Überraschung bot. Falls der Plan so ablief wie vorgesehen, würde der Kommandotrupp der Special Operations aus einer unerwarteten Richtung angreifen, sodass die Iraner keine Zeit hätten, die Sprengköpfe in eine andere Anlage zu transportieren. Aber in den Augen des Präsidenten bestand das beste Argument in der geschätzten Zahl der Opfer: weniger als dreißig Männer getötet oder verwundet.
Er warf einen Blick auf seine Uhr. Es wurde Zeit, in das Oval Office zurückzukehren. In neunundzwanzig Minuten sollte er seine Fernsehansprache an die Nation halten.
Er stand auf und verließ den Kontrollraum. Als er durch den Korridor ging, schlossen sich ihm ein Agent des Secret Service und ein Adjutant des Generalstabs an. Er schaute nach hinten und richtete das Wort an den Adjutanten.
»Rufen Sie bitte den Verteidigungsminister an. Er soll grünes Licht für Aktion Cobra geben.«
SECHS
D rei Feuerwehrfahrzeuge, zwei ABC-Züge und ein halbes Dutzend Streifenwagen waren vor dem Gebäude des Fachbereichs für Informatik der University of Maryland geparkt. David, Monique und Agentin Lucille Parker trafen um 2 Uhr morgens ein, mehr als sechs Stunden nach der Explosion, aber es wimmelte immer noch von Katastrophenschutzleuten. Lucille, die während der vergangenen vier Stunden den Chevrolet Suburban der Regierung von New York zum Campus der Universität gefahren hatte, parkte den Geländewagen hinter einem der
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