Crash: Thriller (German Edition)
uralten Büchern bedeckt war. Mehrere junge Männer saßen um den Tisch herum und befleißigten sich der jahrhundertealten Tradition des Talmudstudiums, wozu es gehörte, über die Feinheiten des jüdischen Rechts zu diskutieren, während man in den staubigen Bänden blätterte. An dem ihnen gegenüberliegenden Ende des Tischs saß ein winziger alter Mann in schwarzer Hose und einem zerknitterten weißen Hemd. Er trug eine zu große Brille und eine Jarmulke von der Größe einer Suppenschüssel, unter der sein Kopf unnatürlich klein wirkte. Sein Bart war lang und weiß, und er lächelte wohlwollend über seine Studenten, die sich um ihn herum lautstark unterhielten. David war überrascht – er hatte sich den Leiter einer militanten zionistischen Gruppe körperlich einschüchternder vorgestellt. Stattdessen sah er wie ein fröhlicher kleiner Bettler aus.
Als David und Monique den Raum betraten, verstummten die Studenten. Besonders Monique starrten sie mit offenem Mund an, bereit, laute Verwünschungen auszustoßen. Aber der Rabbi schien durch ihre Gegenwart weder schockiert noch erzürnt zu sein. Er lächelte die beiden Studenten an, die sie in den Studiensaal gebracht hatten, und sagte etwas auf Hebräisch. Der größere Student antwortete, und mitten in seinen schnellen hebräischen Sätzen hörte David die Worte »FBI« und »Olam ben Z’man«.
Der alte Mann hörte auf zu lächeln. Er stand auf und schaute David bestürzt an. »Worum geht es?«, fragte er. Sein Gesicht war blass geworden. »Was ist mit Olam passiert?«
David trat einen Schritt vor. »Gibt es hier einen Ort, wo wir in Ruhe miteinander reden können, Mr. Kavner?«
»Ach! Ich wusste es!« Der Rabbi verzog das Gesicht, als hätte er Schmerzen. Er ballte seine rechte Hand zur Faust und schlug sich damit gegen die Stirn. »Ich wusste, dass etwas Schreckliches geschehen würde! Ich habe ihn so oft gewarnt.«
»Bitte, Mr. Kavner.« Monique zeigte auf eine Tür im hinteren Teil des Studiersaals. »Ist das dort Ihr Büro?«
»Ja, ja.« Der Rav senkte seine Faust. Dann drehte er sich langsam um und ging auf die Tür zu.
Sie folgten ihm in ein fensterloses Kämmerchen mit einem alten hölzernen Schreibtisch und hohen Bücherstapeln an den Wänden. Während der Rabbi sich in den Sessel hinter dem Schreibtisch niederließ, schloss David die Tür des Büros. Vor dem Schreibtisch standen zwei Sessel mit zerrissenen Sitzbezügen. Monique setzte sich in einen, aber David blieb stehen. »Wir wissen Ihre Mitarbeit zu schätzen, Mr. Kavner«, begann er. »Und wir …«
»Sagen Sie mir nur eins«, unterbrach ihn der Rabbi. Er war tief in seinem Sessel zusammengesunken und sah zerrüttet aus. »Ist Olam tot?«
David schüttelte den Kopf. »Wir haben keinen Anhaltspunkt dafür, dass er verletzt oder getötet worden ist, aber …«
»Baruch HaShem!«, rief der Rabbi aus, hob die Hände in die Luft und richtete den Blick an die Decke. »Der Ewige ist gesegnet!«
»Aber wir glauben, er ist in Gefahr, und deshalb müssen wir ihn so schnell wie möglich finden. Haben Sie eine Ahnung, wo er sein könnte?«
Der Rabbi runzelte die Stirn. »Wenn ich wüsste, wo Olam steckt, glauben Sie, dann wäre ich dermaßen krank vor Sorge? Er hat die Jeschiwa am Donnerstagabend verlassen, und seitdem haben wir nichts von ihm gehört.« Der Rabbi saß ein bisschen aufrechter in seinem Sessel. »In was für einer Gefahr ist er? Und warum seid ihr Amerikaner hier und nicht die israelische Polizei?«
Monique sah ihn entschuldigend an. »Tut mir leid, Rabbi, wir werden all Ihre Fragen gleich beantworten, okay? Wir müssen nur zuerst herausfinden, wo wir dran sind. Ist Olam ein Student an dieser Jeschiwa?«
»Ja, ja. Tatsächlich ist er mein intelligentester Student. Er ist älter als die anderen, und seine Studien sind weiter fortgeschritten, aber er wohnt in dem Schlafsaal oben und nimmt an all unserer geistlichen Arbeit teil.«
»Geistliche Arbeit?«
»Ja, wir bereiten Jerusalem auf den Messias vor.« Der Rav breitete die Arme weit aus und wies auf die Wände seines beengten Büros. »Aus dem Grund haben wir dieses Gebäude gekauft und es in ein Haus des Gebets und des Studiums verwandelt. Die Palästinenser behaupten, wir versuchten, sie aus der Altstadt zu vertreiben, aber das ist eine Lüge. Die Wahrheit ist, wir sind nicht an den Palästinensern interessiert. Wir sind nur an Gott interessiert.«
An Moniques Gesichtsausdruck konnte David ablesen, dass sie große Mühe
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