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Crashkurs

Crashkurs

Titel: Crashkurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Müller
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Wirtschaftswissenschaftler Otmar Issing organisieren. Issing war Chefvolkswirt der Deutschen Bundesbank und später Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank, bis er 2006 turnusgemäß ausschied. Seit Januar 2007 ist Otmar Issing Berater einer großen amerikanischen Bank: Goldman Sachs.
    Um Missverständnissen vorzubeugen: Otmar Issing gehört zu den integersten und bestinformierten Persönlichkeiten der deutschen Wirtschaft. Er ist Träger des Großen Verdienstkreuzes der Bundesrepublik Deutschland und erhielt mehrere Ehrendoktortitel. Jeder Zweifel an seiner Person verbietet sich angesichts seines Lebenswerks. Ich möchte lediglich aufzeigen, wie sehr der Name »Goldman Sachs« mit diesem Rettungspaket verknüpft ist.

    Die Finanz- und Machthydra

    So! Jetzt haben Sie die wichtigsten Spieler bei unserem Gesellschaftsspiel »Wem gehört die (Finanz-)Welt?« kennengelernt. Da ergibt sich ein illustres Netzwerk aus Banken, Fed, PPT, Ratingagenturen, Regierung und Ölindustrie. Ich bezeichne es als die (US-)Finanz- und Machthydra! Und eins ist klar: Diese Hydra wird alles tun, um ihre Macht und ihre Finanzen zu retten.
    Noch etwas kommt hinzu: Die Bilanzrichtlinien der Banken werden immer weiter verwässert. Ein Problem ist nur dann ein Problem, wenn die anderen es sehen. Daher wird mit den veröffentlichten Zahlen getrickst, dass sich die Nackenhaare sträuben. Das gilt sowohl für die Bilanzzahlen der Banken als auch für die Wirtschaftsdaten der US-Regierung. Wir haben eingangs schon erörtert, mit welchen legalen Tricks unsere Inflationsrate und unsere Arbeitslosenzahlen »optimiert« werden. Wenn Sie sich darüber schon aufgeregt haben, dann holen Sie sich lieber einen Baldriandrops, bevor Sie im Weiteren über die amerikanische Kreativität in Sachen Wirtschaftsdaten lesen.
    In den USA werden die Arbeitslosenzahlen nämlich auf besonders »wissenschaftliche« Weise erhoben. Es gibt keine offizielle Erfassung von Arbeitslosen beim Arbeitsamt wie bei uns, wo man zumindest eine realistische Zahl hätte, wenn man nur wollte. In den USA werden zu diesem Zweck unter anderem Haushalte per Zufall ausgewählt und angerufen. Dabei wird dann gefragt: »Sind Sie arbeitslos?« Wenn der am anderen Ende sagt: »Yes!« … dann ist das aber noch lange kein Grund, ein Kreuzchen mehr auf der Liste der Arbeitslosen zu machen. Denn es folgt die Frage: »Glauben Sie, in nächster Zeit einen Job zu finden?« Wenn der dann antwortet »Nein! Ich habe schon x Bewerbungen geschrieben und nur Absagen bekommen. Ich glaube nicht mehr daran, bald einen Job zu kriegen!«, dann wird ein Kreuzchen hinter »nicht arbeitslos« gemacht. Warum? Weil die Gruppe der »resignierten Arbeitslosen« nicht als arbeitslos zählt! Die fallen einfach aus der Statistik. Je schlechter die Lage in der Wirtschaft und je verzweifelter die Situation der Menschen, umso weniger Arbeitslose gibt es in Amerika. Ist doch eine feine Sache, nicht wahr?
    Daneben gibt es noch die sogenannte Geburten- und Sterbestatistik. Das hat nichts mit den Selbstmordraten verzweifelter Arbeitsloser zu tun, sondern es handelt sich um eine statistische Erhebung, die von folgender Annahme ausgeht: Je mehr Firmen schließen, desto mehr neue Unternehmen werden gegründet. Und neue Unternehmen stellen mehr Mitarbeiter ein, als Mitarbeiter bei Firmenschließungen entlassen werden. Dieser Unfug resultiert darin, dass bei einem Wirtschaftseinbruch mit vielen Konkursen die US-Arbeitsmarktstatistik von besonders vielen neuen Stellen ausgeht. Was für ein Irrsinn! So wurden laut offizieller US-Statistik im Krisenjahr 2007 138 000 neue Stellen in der Bauindustrie und 114 000 Stellen in der Finanzindustrie geschaffen – in dem Jahr, in dem die Immobilienkrise voll zuschlug und die Banken Massenentlassungen vornahmen.
    Diese Zahlen sind schlichtweg das Papier nicht wert, auf dem sie veröffentlicht werden. Und dennoch warten die Finanzmärkte und besonders die Börsen mit einer Sehnsucht auf die Veröffentlichung dieser Zahlen wie ein Fünfjähriger auf den Weihnachtsmann. Und wenn dann noch die Zahl der angeblich neugeschaffenen Stellen um 2000 höher ist als erwartet, dann leuchten die Augen der Analysten und Experten. Und man glaubt nur zu gerne, dass es den Weihnachtsmann wirklich gibt.
    Ebenfalls immer gerne genommen wird die Inflationsrate. Bei der Bestimmung der Inflation ist Deutschland ja schon gut dabei, aber die Amerikaner können es noch besser. Wenn der Ölpreis in ungeahnte

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