Credo - Das letzte Geheimnis
zurückließ.
Der erste Gedanke, der Eddy durch den Kopf schoss, war:
Ich werde nie wieder Opfer sein.
Die Sonne war längst untergegangen, und die Luft hatte sich abgekühlt, als Eddy mit der Grube fertig war. Der Sand war weich und trocken, und er hatte ein tiefes Loch gegraben – sehr tief.
Er hielt inne, schweißgebadet und zitternd zugleich. Er kletterte aus dem Loch, zog die Leiter heraus, stemmte einen Fuß gegen die Leiche und ließ sie in die Grube rollen. Sie landete mit einem hässlichen, feuchten Plumps.
Sorgfältig schaufelte er den ganzen blutgetränkten Sand in das Loch, grub so tief, wie das Blut versickert war, und ließ kein Körnchen blutigen Sand zurück. Dann zog er seine Kleidung aus und warf sie hinterher. Als Nächstes kam das blutige Wasser, in dem er sich die Hände gewaschen hatte, das mitsamt dem Eimer in dem Loch verschwand, gefolgt von dem Handtuch, mit dem er sich abgetrocknet hatte.
Zitternd stand er am Rand der dunklen Grube, splitternackt. Sollte er beten? Aber der Gotteslästerer hatte kein Gebet verdient – und was sollten Gebete jemandem nützen, der sich ohnehin schon kreischend im Fegefeuer wand? Eddy hatte ihm gesagt, dass Gott ihn niederschmettern würde; und keinefünfzehn Sekunden später hatte Gott genau das getan. Gott hatte die Hand des blasphemischen Diebes gegen ihn selbst gerichtet. Eddy war selbst Zeuge geworden – er hatte das Wunder mit angesehen. Gott war da gewesen, an seiner Seite.
Immer noch nackt füllte Eddy das Loch auf, Schaufel um Schaufel, um sich durch die harte körperliche Arbeit warm zu halten. Gegen Mitternacht war er fertig. Mit dem Rechen ließ er die letzten Spuren seiner Arbeit verschwinden, räumte sein Werkzeug weg und ging in den Wohnwagen.
Als Pastor Eddy in dieser Nacht im Bett lag und so inbrünstig betete, wie er noch nie im Leben gebetet hatte, hörte er, dass der Wind auffrischte, wie so oft. Er stöhnte und rüttelte und schüttelte an dem alten Trailer, während der Sand an den Fenstern zischte. Bis zum Morgen, dachte Eddy, würde der Hof vom Wind sauber gefegt sein, eine glatte Fläche jungfräulichen Sandes, alle Spuren des Zwischenfalls getilgt.
Der Herr reinigt den Boden für mich, denn Er vergibt mir und tilgt die Sünde auch aus meiner Seele.
Eddy lag im Dunkeln, zitternd und triumphierend.
12
Am selben Abend folgte Booker Crawley dem Oberkellner in den schummrigen hinteren Teil des Steakhouse in McLean, Virginia. Er fand Reverend Don T. Spates bereits am Tisch vor, wo er die fünf Pfund schwere, in Leder gebundene Speisekarte studierte.
»Reverend Spates, wie schön, Sie wiederzusehen.« Er gab dem Mann die Hand.
»Ist mir ein Vergnügen, Mr. Crawley.«
Crawley setzte sich, schüttelte seine kunstvoll gefaltete Leinenserviette aus und legte sie sich in den Schoß.
Ein Cocktail-Kellner glitt an ihren Tisch. »Darf ich den Herren etwas zu trinken bringen?«
»Einen Seven and Seven«, sagte der Reverend.
Crawley verzog das Gesicht und war froh, dass er ein Restaurant ausgewählt hatte, wo ihn niemand erkennen würde. Der Reverend roch nach Old Spice, und seine Koteletten waren einen Zentimeter zu lang. Leibhaftig sah der Mann zwanzig Jahre älter aus als im Fernsehen; das Gesicht war leberfleckig und unrein, mit diesem rötlichen Schleifpapier-Teint, der einen Menschen als Trinker auswies. Sein orangerotes Haar schimmerte in der trüben Beleuchtung. Wie konnte ein Mann, der sich die Medien so geschickt zunutze machte, einen Friseur tolerieren, der so schlecht im Haarefärben war?
»Und für Sie, Sir?«
»Einen Bombay Sapphire Martini, sehr trocken, ohne Eis, mit einem Schnitz Zitrone.«
»Kommt sofort, die Herren.«
Crawley zwang sich zu einem breiten Lächeln. »Also, Reverend, ich habe Ihre Sendung gestern gesehen. Sie war …
groß-artig.
«
Spates nickte und klopfte mit einer plumpen, manikürten Hand auf das Tischtuch. »Der Herr war auf meiner Seite.«
»Ich habe mich gefragt, ob Sie schon Reaktionen darauf bekommen haben.«
»Allerdings. Mein Büro hat in den vergangenen vierundzwanzig Stunden über achtzigtausend E-Mails erhalten.«
Schweigen. »Achtzehntausend?«
»Nein. Acht
zig
tausend.«
Crawley war sprachlos. »Von wem?«, fragte er schließlich.
»Von Zuschauern natürlich.«
»Gehe ich recht in der Annahme, dass das eine ungewöhnlich starke Zuschauerreaktion ist?«
»Absolut. Die Predigt hat wirklich einen Nerv getroffen. Wenn die Regierung das Geld der Steuerzahler dafür ausgibt,
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