CREEKERS - Thriller (German Edition)
Verantwortungsbewusstsein. Hab ’ne wichtige Lieferung zu erledigen, muss also früh raus. Keine Zeit, es mit Huren zu treiben. Manchmal verstand er Kevin nicht. Er war ein echter Hengst. Warum zur Hölle wollte er so ein deformiertes Creekermädel mit vier Titten bumsen? Dieser Rotschopf hingegen , überlegte Paul. Das ist was anderes, das ist natürlich. Aber … ein Creeker? So ein kranker Scheiß war einfach nicht Pauls Ding …
Paul schlurfte durch die Menge, die sich in alle Windrichtungen zu zerstreuen begann. Scheinwerferlicht erhellte den Parkplatz, als ein Pick-up nach dem anderen startete und davonfuhr. Die heiße Nacht lag wie erstarrt da. Das große, blinkende KRAZEE SALLEE’S-Logo erlosch. Der Mond leuchtete über den Baumwipfeln auf dem Hügelkamm, ein hässliches, käsiges Gelb. Es erinnerte ihn an die Haut seines Vaters, als der alte Wichser an Bauchspeicheldrüsenkrebs verreckt war. Paul kletterte in seinen Truck und rollte im ersten Gang vom Gelände. Er schaute sich nach Kevins Wagen um, sah ihn aber nirgends. Schätze, er ist schon weg, er und seine Creekernutte mit den vier Titten .
Womit Paul Sullivan recht hatte. Kevin war weg.
Kevin Orndorf war für immer weg.
In der nächsten Woche folgte Phil mehr oder weniger der gleichen nächtlichen Routine. Er beobachtete das Krazee Sallee’s – in Zivil und in seinem eigenen Auto – bis kurz nach der Sperrstunde, schoss ein paar Fotos und notierte jedes Kennzeichen auf dem Parkplatz, um später nach Querverbindungen zu suchen. Anschließend zog er seine Uniform an und beendete seine Nachtschicht auf Patrouille im Streifenwagen.
Die Polizeiroutine in Crick City war verdammt langweilig, was kaum überraschend kam, aber immerhin trugen die nächtlichen Observierungen dazu bei, eine ansonsten grauenvolle und monotone Zwölf-Stunden-Schicht aufzulockern. Bei ein paar Gelegenheiten hatte er Vicki Steele gesehen, wie sie das Sallee’s mit Natter verließ und mit ihm zusammen in seinem eleganten Chrysler Imperial davonfuhr. Doch er hatte weder Vicki noch irgendeines der anderen Mädchen bei Prostitution auf dem Parkplatz beobachten können. Trotzdem gelang es ihm nicht, die Schnappschüsse, die Mullins ihm so widerstrebend gezeigt hatte, aus seinem Gedächtnis zu verdrängen …
Zwischen seinen Runden hielt er sich im Revier auf und quatschte mit Susan, die er zu mögen begann. Sie schien aus anderem Holz geschnitzt zu sein, überhaupt keine typische Frau aus Crick City, sondern hochgradig motiviert, Ausbildung und Karriere voranzutreiben, um eines Tages diesem Kaff für immer den Rücken zu kehren. Er hoffte, dass sie dabei ein glücklicheres Händchen haben würde als er selbst. Sie entpuppte sich als ungeheuer vielseitig interessiert, war sehr klug und belesen, wusste über eine Menge Dinge Bescheid, von denen er noch nie gehört hatte, doch ihre Persönlichkeit beschränkte sich nicht auf diese Wissbegierde allein. Sie war frech, starrsinnig, gelegentlich sogar hitzköpfig; wenn sie einmal nicht einer Meinung waren, zögerte sie nicht, ihm das deutlich zu zeigen. Phil bewunderte das an ihr.
Er bewunderte auch ihr Aussehen. Sie ist wunderschön , fiel ihm jedes Mal auf, wenn er auf einen Kaffee bei ihr hereinschaute. Auf gewisse Weise verkörperte sie für ihn den Inbegriff von heiler Welt; ihre Schönheit – eine sehr echte , unaufdringliche und ungekünstelte Schönheit – brachte sie in seinen Augen zum Strahlen. Wie kommt man an eine solche Frau heran? , fragte er sich beinahe ständig. Er hatte sie dreimal um eine Verabredung gebeten und sie hatte dreimal höflich abgelehnt, weil ihre Abendkurse es zeitlich angeblich nicht erlaubten. Vielleicht war Phil paranoid, aber ihm schien es, als ob sie zwar gerne mit ihm zusammenarbeitete, aber keinerlei Verlangen verspürte, mit einem Landbullen auszugehen. Er konnte nur hoffen, dass er sich irrte.
Chief Mullins bemerkte davon erwartungsgemäß nichts. Er kaute seinen Tabak, schlürfte seinen grauenhaften Kaffee und nörgelte über alles, wonach ihm in seiner Proletenmanier gerade war. Er erkundigte sich eher selten nach dem Stand der Ermittlungen und sonstigen Vorfällen im Dienst, aber das war typisch für Mullins. Als Chief erwartete er nicht, fragen zu müssen, sondern informiert zu werden. Ehrlich gesagt, gab es außer ein paar harmlosen Strafzetteln auch nichts, was Phil in das sogenannte »Wachbuch« hätte eintragen können.
Doch nach seiner zweiten Woche im Dienst fragte Mullins
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