CREEKERS - Thriller (German Edition)
seinen Stiefeln. Grelles Licht überschwemmte ihn am Eingang. Ein stiernackiger Türsteher beäugte ihn und ließ ihn dann passieren. Phil wappnete sich für dröhnende – und grässliche – Heavy-Metal-Musik oder Country. Stattdessen betrat er eine nur zur Hälfte gefüllte Bar, in der in ähnliche Flanellhemden gekleidete Rednecks an Tischen saßen, auf denen sich Bierflaschen und Aschenbechern stapelten, und miteinander redeten. Ich dachte, das hier sei ein wilder Stripclub , dachte er, als er die leere Bühne bemerkte. Er hatte mit lauter Musik und splitternackten Frauen gerechnet. Stattdessen wurde er Zeuge einer lethargischen Versammlung bodenständiger Typen, die bei einer Flasche Black Label oder Schmidt’s palaverten.
Niemand schien ihn zu bemerken, als er sich im Club umsah. Er versuchte den Eindruck zu erwecken, als suche er jemanden. In Wirklichkeit hielt er nur nach einem geeigneten Sitzplatz Ausschau. Das Innere des Sallee’s hatte sich kein bisschen verändert. Billige Tische drängten sich um improvisierte Gänge, der Fußboden verschwand unter einem Teppich aus Erdnussschalen und Bierpfützen, im Hintergrund warteten verzogene Holzwände mit speckigen Sitzbänken auf Gesellschaft. Werbeartikel der Brauereien bedeckten fast jeden freien Zentimeter: Budweiser-Spiegel, Wandlampen von Schlitz, Neonröhren mit Michelob-Schriftzug, ein Kilian’s-Wandbild und eine von hinten beleuchtete Uhr mit Miller Genuine Draft -Schriftzug. In der Luft hing ein beweglicher – und nahezu lebendig wirkender – Vorhang aus Zigarettenqualm. Phil hatte nie geraucht, doch er vermutete, dass er hier mehr Teer und Nikotin einatmen würde, als wenn er eine Schachtel Camel am Stück vernichtete. Beim nächsten Mal ziehst du besser eine Gasmaske zum Flanellhemd an, Kumpel! , dachte er.
Er suchte nach einem unauffälligen Platz, um einen möglichst großen Teil des Ladens im Blick zu behalten, doch der Barkeeper, ein dünner blonder Kerl in einem Jeffrey-Dahmer-Shirt, winkte ihn zu sich hinüber. »Hier sind noch genug freie Plätze an der Bar, Bruder.«
Passt schon , befand Phil. An der Ecke der Bar würde er nicht weiter auffallen. Er wusste, er würde ein Bier bestellen müssen, obwohl er sich im Dienst befand. Wenn man verdeckt in einem Stripclub ermittelte, machte es einen nicht unbedingt glaubwürdiger, wenn man Pepsi bestellte.
Das Problem war, dass Phil amerikanisches Bier hasste.
»Heineken«, bestellte er.
»Haben wir nich’, Bruder«, klärte ihn der Barkeeper auf. »Wir sind hier alle Amerikaner. Willste, dass dein Geld nach Holland geht? Was haben die für dich getan, außer im Zweiten Weltkrieg den Schwanz einzukneifen, während dein Alter von der Waffen-SS beschossen wurde?«
»Dann ’ne Flasche Bud.« Phil stöhnte beinahe.
»Kommt sofort.«
Phil sah zu dem Fernseher hoch, der über der hinteren Ecke der Bar hing. Er fragte sich, was die Yankees gerade machten, doch alles, was er auf dem Farbbildschirm sah, war eine traurige Wrestling-Darbietung. Ein Schwarzer und ein großer blonder Vollidiot schlugen sich vor einer sabbernden Menge den Schädel ein. Als der Barmann sein Bier brachte, fragte Phil: »Wie wär’s, wenn du was Baseball anmachst? Die Yanks sind heut dran und prügeln hoffentlich die Scheiße aus Baltimore.«
»Was denn, is’ Catchen nich’ gut genug für dich? Is’ der amerikanische Sport.«
Der Barkeeper schien von Phils Bitte regelrecht beleidigt zu sein. Er deutete auf den Bildschirm. »Ric Flair gegen Bruce Reed, Bruder. Und du willst lieber die Yankees? «
Mach keinen Ärger , ermahnte Phil sich. »Ach, Scheiße, Mann, ich hab nich’ gemerkt, dass es Bruce Flair is’. Lass an, Mann.«
Der Barkeeper runzelte die Stirn. »Der heißt Ric Flair, Bruder. War ja nur verdammte zehn Mal Schwergewichtsmeister.«
»Sicher, sicher, Ric Flair. Der beste schwarze Wrestler im Business.«
Der dünne Barkeeper runzelte erneut die Stirn. »Reed is’ der Schwarze.«
»Richtig«, stammelte Phil. »Hab ’ne Weile schon kein … Catchen … mehr gesehen.«
Der Barkeeper verschwand und ließ Phil allein an der Bar zurück. Er fühlte sich wie ein Vollidiot. Kann ich was dafür, dass ich nicht weiß, wer dieser verdammte Ric Flair ist? Im Fernsehen sah es so aus, als würde der schwarze Typ Mr. Flair gerade ordentlich den Scheitel bürsten. Dann bemerkte Phil das offensichtliche Missverhältnis. Beide Wrestler sahen aus, als hätten sie sich drei Pfund Mettwurst in ihre Shorts gestopft.
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