CREEKERS - Thriller (German Edition)

Scheinwerfer von Phils Wagen. Ihm sackte das Herz in die Kniekehlen. Ein vorbeifahrender Pick-up wirbelte weiteren Staub auf und als der Schleier sich legte, war Vicki zusammen mit Natters langem, dunkelrotem Gefährt in der Nacht verschwunden.

ZWÖLF
    PHIL KEHRTE GEGEN SIEBEN UHR MORGENS von seiner Schicht aufs Revier zurück, um den angefallenen Papierkram der letzten Nacht zu erledigen und – was noch viel wichtiger war – den Kaffee aufzusetzen, bevor Chief Mullins um acht hereinkam. Susan hatte nicht gefragt, wie es im Sallee’s gelaufen war, als er zurückkam, um seine Uniform wieder anzuziehen. Vielleicht hatte sie seinen aufgewühlten Zustand bemerkt.
    Was für eine Nacht …
    Der gesamte Rest seiner Schicht wurde von Gedanken an Vicki Steele dominiert.
    Er versuchte, den Kopf freizukriegen, und setzte sich an Chief Mullins’ Schreibtisch, um seinen täglichen Bericht zu verfassen, doch dann bemerkte er den Bogen Papier auf der Schreibunterlage. VERMISSTENANZEIGE stand darauf. Jemand namens Orndorf war von einem anderen Mann namens Sullivan als vermisst gemeldet worden. »He, Susan«, rief er. »Was ist mit der Vermisstenanzeige hier auf dem Schreibtisch?«
    Susans Antwort aus ihrer Kabine klang etwas herablassend. »Das ist eine … Vermisstenanzeige.«
    »Sehr witzig. Ich meine, was hat es damit auf sich? Kennst du einen der Typen?«
    »Nein.«
    »Wie sah dieser Sullivan aus?«
    »Wie der typische Widerling. Er kam vor etwa einer Stunde rein und gab die Anzeige auf. Meinte, er hätte seinen Kumpel Orndorf schon seit Wochen nicht mehr gesehen.«
    Phil ließ den Blick über das das Blatt streifen. »Warum hat er die Anzeige hier aufgegeben? Die Typen wohnen nicht mal in Crick City.«
    »Schon, aber der letzte Ort, an dem Orndorf gesehen wurde, liegt in unserer Zuständigkeit. Krazee Sallee’s, um genau zu sein.«
    Das Sallee’s? Hm. Warum sollte Phil sich darüber einen Kopf machen? In neun von zehn Fällen war eine Vermisstenanzeige keine große Sache. Wahrscheinlich war der Kerl einen Batzen Alimente oder Kindergeld schuldig, also hatte er die Stadt verlassen und niemandem Bescheid gesagt. So etwas passierte ständig.
    Er wandte sich wieder seinem Bericht zu, doch etwas nagte weiter an ihm. Eagles Worte: Sie steckt in ’ner Menge Scheiße, von der du lieber nichts wissen willst.
    »He, Susan«, rief er noch einmal. »Tu mir den Gefallen und überprüfe mal Vicki Steeles Vorstrafenregister, ja?«
    Kicherte sie etwa? »Der Ex hinterherschnüffeln, was?«
    »Nerv mich nicht. Tu’s einfach, okay?«
    »Okay. Gib mir eine Minute.«
    Phil wartete und tippte mit dem Ende seines Bleistifts auf Mullins’ Schreibunterlage. Aus Susans Kabine hörte er das Klappern der Computertastatur. Dann:
    »Nichts«, gab sie das Ergebnis auf ihrem Bildschirm weiter.
    Er trommelte weiter auf der Unterlage herum und dachte nach. »Überprüf auch Eagle Peters«, sagte er dann.
    »Wen?«
    »Eagle Peters. Wohnt schon lange hier, könnte in etwas verwickelt sein. Sein richtiger Vorname lautet James.«
    Weiteres schnelles Tastaturklappern. Gibt wahrscheinlich auch nichts , vermutete er.
    »Könnte in was verwickelt sein, ja?«, sagte Susan knapp eine Minute später. »Der Kerl hat drei unbezahlte Strafzettel, drei Bewährungsstrafen und vier wegen Drogenbesitzes im Klassenbuch.«
    »Du machst Witze. Eagle?«
    »Ja, Eagle. Und das ist noch nicht alles. Er hat drei von fünf Jahren im Gefängnis von Clay County abgesessen.«
    Phil schwieg. Sein Trommeln auf der Schreibunterlage beschleunigte sich. Er war teils aufgeregt, teils enttäuscht. Doch es dauerte einen Moment, bis ihm die wichtigste Frage von allen einfiel.
    »Die Gefängnisstrafe – war das wegen Drogen?«
    »Ja«, antwortete Susan. »Besitz, Transport und Absicht des Inverkehrbringens.«
    »Welche Drogen genau?«
    »Dein Steckenpferd. Synthetisches Phencyclidin.«
    PCP. Volltreffer.
    Phil blieb einen Moment sitzen. Er fühlte sich wie aufgedreht. Eagle wäre der perfekte Informant. Eagle wusste nicht, dass Phil ein Cop war und sie kannten sich noch aus der Kindheit. Falls Eagle tief genug in die Sache verwickelt war, konnte er sie direkt zu Natter führen …
    »He Susan?«
    »Was denn?«, stöhnte sie.
    »Tu mir einen Gefallen und prüf auch das Vorstrafenregister dieser beiden Typen, Orndorf und Sullivan.«
    »Du weißt schon, dass jedes Mal, wenn wir eine Anfrage über das System des County schicken, das Department zur Kasse gebeten wird?«
    »Ist mir egal«,