CREEKERS - Thriller (German Edition)
Nebelgestalt zurück. Wie Blut, das von einem Schwamm aufgesogen wurde.
Ona. Ona. Dank gebe ich dir für solche Wunder, solche Vorahnungen, solch rechtschaffene und heilige Gaben.
Ich lebe, um dir zu dienen … bis ans Ende der Welt.
Der Reverend öffnete die Augen.
Und seufzte.
»Jesus Christus! «, schrie Phil. »Du hast mich …«
»… zu Tode erschreckt, ich weiß. Tut mir leid.«
Vor lauter Schreck war Phil über den Mittelstreifen geschossen und dann an den Straßenrand gefahren. Als der Schatten sich auf dem Rücksitz erhoben hatte, war er ausgeflippt …
Doch der Schatten … war Vicki.
»Ich wollte nur … Ich brauchte nur jemanden zum Reden«, erklärte sie. »Es tut mir leid, wenn ich dich erschreckt habe.«
Phil brachte den Wagen auf dem Seitenstreifen zum Stillstand. »Schon in Ordnung«, sagte er. »Aber musstest du dich auf meinem verdammten Rücksitz verstecken?«
Sie zögerte. »Nun ja. Ich glaube schon.«
»Warum?«
Sie wischte sich das leuchtend rote Haar aus der Stirn. »Sagen wir es so … Ich hatte einen sehr schlechten Tag.«
Phil wartete einen Moment ab, bis sich sein Herzschlag beruhigt hatte – es dauerte mehr als einen Moment. »Ich hab dich heute Abend nicht im Club gesehen. Hattest du einen freien Tag?«
Im Rückspiegel sah er, wie sie den Blick senkte. »So was in der Art. Besser, du fragst nicht danach.«
In Ordnung , wies Phil sich an. Frag nicht danach. Doch er musste irgendetwas fragen. »Ich hab mich heute mit Eagle Peters getroffen. Kennst du ihn?«
»Ich weiß, wer er ist«, sagte Vicki. »In meinem Beruf kennt man niemanden wirklich . Man darf nicht. Es macht die Dinge aber auch einfacher.« Dann, wie in einer Vorahnung, fragte sie: »Warst du schon im Hinterzimmer?«
»Ähm … ja«, gab er zu. »Was für ein Spektakel. Himmel! Mir tun die Mädchen irgendwie leid.«
»Mach dir keinen Kopf darum. Das tut keiner.« Sie stieg hinten aus und vorne wieder ein. Die Beifahrertür fiel laut ins Schloss.
Jesses , dachte Phil.
Sie trug abgeschnittene Shorts, Sandalen und ein enges Trägertop in hellem Rosa. Sie schlug ihre kräftigen, perfekt geschwungenen Beine übereinander. Ihr Haar leuchtete wie ein wertvolles Metall.
»Deinen Mann habe ich heute Abend auch nicht gesehen«, bemerkte Phil.
»Er ist beschäftigt.«
»Aha?«, sagte er, obwohl ihm eine ganze Reihe anderer Fragen durch den Kopf schossen. Beschäftigt? Beschäftigt? Geschäfte mit einem seiner Dealer? Konkurrenten umbringen? Dir deine nächste Dosis Kokain besorgen? Er konnte keine dieser Fragen stellen. Nicht, ohne zu riskieren, dass seine Tarnung aufflog. Er musste mit Vicki genauso umgehen wie mit Eagle. Langsam, diskret, immer auf der Suche nach winzigen Informationsschnipseln.
»Ich wollte nur reden«, sagte sie. »Das klingt vielleicht erbärmlich, aber du hast keine Ahnung, wie lange es her ist, dass ich mal mit jemandem eine normale Unterhaltung führen konnte. Ist nicht einfach, weißt du. Unter diesen Umständen.«
Phil konnte sich denken, was sie meinte. Ein guter Teil ihrer Menschlichkeit war ausgelöscht oder hatte sich in etwas völlig Nutzloses verwandelt. Sie war keine echte Person mehr, eher ein hübsches Gemälde in der Galerie eines Kunstdiebs. Mit dem einzigen Unterschied, dass man dieses Bild mieten konnte, wenn denn der Preis stimmte. Wie sollte sie als Prostituierte und Stripperin mit irgendwem eine zwischenmenschliche Beziehung eingehen? Und mit jemandem wie Cody Natter verheiratet zu sein? Das erschien ihm wie die Hölle auf Erden …
»Warum sagst du mir nicht einfach, was los ist?«, fragte er.
Sie sah aus dem Fenster in die Wälder und die Fülle der Nacht hinaus, doch er wusste, dass sie in Wahrheit sich selbst betrachtete. »Manchmal fühle ich mich, als würde ich den Halt verlieren«, sagte sie mehr zu sich selbst als zu ihm. »Manchmal wache ich auf und frage mich, was zum Teufel mit mir passiert ist. Ich begreife nicht, wie ich das überhaupt zulassen konnte. Es muss ein ziemlicher Schock für dich gewesen sein.«
»Was meinst du?«
Ihr Lachen war zynisch. »Komm schon, Phil. Hör auf, ständig so ein Gentleman zu sein! Als wir uns das letzte Mal gesehen haben, war ich Polizistin. Zehn Jahre später kommst du zurück und musst feststellen, dass ich in einem Stripclub tanze und anschaffen gehe. Wohl nicht ganz das, was du erwartet hast.«
»Nun, wenn ich mir in all den Jahren eines selbst beigebracht habe, dann definitiv, dass ich keine Erwartungen an
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