Crescendo
angenommen, es gäbe neue Ent-wicklungen, dann könnten sich deine Chancen beträchtlich erhöhen. Überlass das nur mir, ich werde die Öffentlichkeit bald davon überzeugen, dass die Polizei den Falschen erwischt hat.«
»Und wie erfahre ich, was läuft?«
»Weißt du noch, wie wir in der Schule unsere Nachrichten verschlüsselt haben? Ich werde dir Bücher schicken, aber du musst Geduld haben. Es kann dauern.« Er blickte zu Saunders hinüber und lächelte. »Ich werd sehen, was ich tun kann, um dir die Zeit hier ein bisschen erträglicher zu machen.«
Der Besucher erhob sich und ging ohne ein weiteres Wort.
Als Griffiths zurück in seine Zelle gebracht wurde, befand er sich in einem Wechselbad der Gefühle. Extreme Hochstimmung wechselte sich ab mit dem betäubenden Gefühl von Unzulänglichkeit. Wenn er es positiv sah, war er sicher, dass etwas passieren würde, schließlich bewies der Besuch, dass er zu wichtig war, um im Knast zu verrotten. Dann wieder fielen ihm die Augen ein, der Blick, der sich in seine Seele gebohrt und sein schmähliches Versagen offenbart hatte. Er tigerte in seiner Zelle auf und ab, fluchte laut über die Treue-brüche und Verletzungen, die er seit der Kindheit erleben musste. Aus Selbstmitleid wurde Zorn, vertraut und wärmend, dann unbändige Wut, als er an all die Menschen dachte, die Strafe verdient hatten, und an die Rechnungen, die er begleichen würde, sobald er auf freiem Fuß war.
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Kapitel drei
Detective Chief Inspector Fenwicks Sekretärin blickte von ihrer Tastatur auf und begrüßte ihn mit einem breiten Lächeln.
»Da sind Sie ja wieder. Ist der Fall in London abgeschlossen?«
Fenwick schüttelte den Kopf, und das Licht fiel auf neue Spuren von Grau an seinen Schläfen, Auswirkung seiner zeitweiligen Versetzung zur Londoner Polizei.
»Für mich ist der Fall abgeschlossen, Anne, aber für Commander Cator noch lange nicht. Als Geldwäscheexperte muss er noch die Beweiskette schließen. Und es kann dauern, bis er alle Fäden zusammen hat. Kann sein, dass wir das ganze Ausmaß nie erfahren. Aber der Assistant Chief Constable hat meine Rückkehr trotzdem endlich bewilligt.«
»Der Superintendent möchte Sie sprechen.«
Superintendent Quinlan telefonierte gerade, winkte ihn aber in sein Büro. Er beendete das Gespräch abrupt und streckte die Hand aus.
»Andrew, schön Sie zu sehen. Ohne Sie hat hier wirklich was gefehlt.«
»Das höre ich gern. Ehrlich gesagt, freu ich mich schon wieder auf richtige Polizeiarbeit.«
Quinlans Miene verfinsterte sich.
»Schließen Sie doch bitte die Tür, ja. Hören Sie, ich wollte schon seit einer Weile mit Ihnen reden. Haben Sie wirk-43
lich vor, die Versetzung abzulehnen? Das könnte ihrer Karriere gut tun …«
»Und Sie meinen, die hat Pflege nötig, nicht wahr?«
Quinlan sprach hastig weiter, als hätte Fenwick nichts gesagt.
»Commander Cator bringt es bis ganz nach oben, davon bin ich überzeugt, und er hat ausdrücklich um Sie gebeten.
Das ist ein Kompliment und eine Chance, die Sie nicht noch einmal kriegen.« Fenwick öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber Quinlan war noch nicht fertig. »Es gibt keine Garantie für eine Beförderung, natürlich nicht, aber als Mitarbeiter in seinem Team und bei Ihrer Aufklärungsquote könnten Sie es schnell zum Superintendent bringen.«
»Schneller als hier, meinen Sie?« Die Frage wurde von Fenwicks typischem gequälten Lächeln begleitet, aber Quinlan verzog trotzdem das Gesicht.
»Da halte ich mich raus«, entgegnete er barsch, und Fenwick bereute seinen Sarkasmus. Die spitze Bemerkung zielte nicht gegen den Superintendent. Er wusste, dass sein Boss sein größter Förderer war, aber dessen Boss wiederum, der Assistant Chief Constable von West-Sussex, Harper-Brown, konnte ihn nicht ausstehen. Er war einfach nicht unterwürfig genug.
»Tut mir Leid, das war eine dumme Bemerkung. Aber London ist wirklich nichts für mich.«
»Wegen der, äh, Pendelei und wegen …«
»Nein, mit den Kindern hat das nichts zu tun.« Fenwick sprach den eigentlichen Punkt ohne Umschweife an. Alle Welt glaubte, es sei ein Hindernis für seinen Beruf, dass er allein erziehender Vater von zwei Kindern im Alter von neun und sieben Jahren war, aber er hatte eine Haushälterin, die bei ihnen wohnte und alles wunderbar im Griff hatte. Die 44
Kinder schienen sich endlich an die Situation gewöhnt zu haben, und dank einer Versicherung seiner Frau hatte er die Hypothek auf das Haus abbezahlen
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