Crescendo
Das Blut auf dem Glasstück, das sie als Dolch benutzt hatte, war nicht von ihr. Es war seins. Sie hatte ihn verwundet! Der Gedanke erfüllte ihn mit archaischer Freude und jagte einen Energiestoß durch seinen müden Körper. Er blickte auf. MacIntyre starrte ihn an, hatte sein Telefonat vergessen. Sein üblicher Blick, in dem amüsierte 508
Neugier lag, hatte etwas anderem Platz gemacht. War es Sorge? Nein. Es war gespannte Erwartung.
»Sie haben in den Fotos was entdeckt.« Das war keine Frage.
»Sehen Sie sich das an.« Er reichte ihm das Foto von Ginnys rechter Hand. »Das ist sein Blut, nicht ihres. Es war ihre Waffe. Sie hat ihn damit verletzt. Sonst wäre das Blut an den Rändern, die keinen Kontakt mit ihrer Hand haben, nicht so dick.«
MacIntyre studierte das Foto.
»Das ganze Badezimmer war doch voller Blut. Das könnte von überallher gekommen sein.«
»Das glaube ich nicht. Auf den anderen Aufnahmen kann man klar erkennen, dass das Fließmuster des Blutes aufwärts und weg von ihrer Hand verläuft.«
MacIntyre nickte langsam.
»Wäre möglich. Wieso sind Sie sich so sicher?«
Fenwick war nicht gewillt, ihm seinen Traum zu erzählen.
»Das lässt sich leicht überprüfen. Die Spurensicherung wird die einzelnen Scherben eingetütet und nummeriert haben. Stellen Sie fest, ob das ganze Blut von Ginny ist.«
MacIntyre gab die neue Information telefonisch durch. Sie waren kurz vor London, als das Telefon klingelte. Ein Motorrad war im Wald versteckt gefunden worden. In den Satteltaschen waren Kleidung, ein Laptop, Haarfärbemittel, andere Toilettenartikel und ein Paar Schuhe. Die Fingerabdrü-
cke waren von Smith. Es war denkbar, dass er vorgehabt hatte zurückzukommen, um das Motorrad zu holen, dass er sich aber durch die rasche Entdeckung der Leiche des Mädchens und die anschließende Großfahndung gezwungen gesehen hatte, seine Pläne zu ändern.
»Und übrigens, Cave sagt, Sie möchten Knotty fragen, wo 509
er den Wagen abgestellt hat, den er gestern ausgeliehen hat.
Sie können ihn nicht finden und brauchen ihn.«
Die erste bange Sorge um Knotty erfasste Fenwick. Vergeblich versuchte er, ihn unter jeder Nummer zu erreichen, die ihm einfiel. In London war der Constable nicht gesehen worden, sein Handy war abgeschaltet, und bei ihm zu Hause meldete sich nur der Anrufbeantworter. Robyn Powell hatte keine Ahnung, wo er stecken könnte, aber sie gab ihm die Telefonnummern der Leute, die er befragt hatte, bevor er zurück nach London gefahren war.
»Probleme?« MacIntyre hob fragend die Augenbrauen.
»Constable Knots ist verschwunden.«
»Fauler Hund!«
»Aber das sieht ihm doch sonst nicht ähnlich, oder? Wenn er krank wäre oder so, hätte er angerufen.«
»Wann haben Sie das letzte Mal mit ihm gesprochen?«
»Vor über vierundzwanzig Stunden.«
MacIntyre runzelte die Stirn.
»Das ist in der Tat seltsam, und Cave beschwert sich wegen des Autos. Hoffentlich hat er keinen Unfall gehabt. Ich werde in Telford anrufen und sie bitten, sich mal umzuschauen, aber eigentlich können die ja keinen Mann entbehren.«
Fenwick fing an, seitlich an seinem Daumen zu kauen, ei-ne nervöse Angewohnheit aus der Kindheit, von der geglaubt hatte, sie längst abgelegt zu haben.
»Was haben Sie?«
»Ich muss dauernd an die Stelle mit dem Blut denken, die die Spurensicherung neben dem Cottage gefunden hat. Vielleicht hat es ja nichts zu bedeuten, aber wenn Smith nicht mit seinem Motorrad nach Telford gefahren ist, wie ist er dann hingekommen? Er wird ja wohl kaum die ganze Strecke zu Fuß gegangen sein, oder?«
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»Das verschwundene Auto.« MacIntyre rief Cave an. Oh-ne sich allzu besorgt anzuhören und in einem heiteren Tonfall, dem Fenwick anmerkte, dass er aufgesetzt war, erklärte er ihre Bedenken. »Es ist ein bisschen weit hergeholt, ich weiß, aber es schadet ja nichts, den Streifen eine Beschreibung des Wagens durchzugeben, nur für alle Fälle.«
»Wie könnte Knotty denn herausgefunden haben, wo Smiths Cottage liegt?« Fenwick hielt es für unwahrscheinlich, dass der junge Constable einen ganzen Tag vor ihm darauf gekommen war.
»Irgendwer hat’s ihm gesagt.«
»Aber er hat nur mit Miss Wallace gesprochen, und danach hat er mir gegenüber nichts davon erwähnt.«
Er rief die Lehrerin trotzdem an.
»Also, ich muss schon sagen, Chief Inspector, Sie stören mich beim Essen, und ich habe Gäste.«
»Es ist wichtig. Haben Sie Constable Knots vielleicht er-zählt, wo die Familie Smith
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