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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: corley
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bis dreißig, dann öffnete er die Säcke einen Spalt, damit er wieder Luft bekam.
    Sein Gesicht war jetzt nass, und er wusste nicht, ob von Blut, Schweiß oder Tränen. Er leckte sich den salzigen Geschmack von den Lippen und unterdrückte ein Schluchzen der Erleichterung.
    Er blieb lange liegen, erschöpft und mit Schmerzen am ganzen Körper. Irgendwann musste er wohl eingeschlafen sein, denn er erwachte verwirrt und verstört von einem Traum, in dem er lebendig begraben worden war. Angst war eine ganz neue Empfindung für ihn, und ihre lähmende Macht schockierte ihn. In der stinkenden Dunkelheit der Müllhalde tastete er nach seinem Rucksack und der Wasser-flasche, die er stets darin aufbewahrte. Als er einen Träger von der Schulter schob, stieß er mit der Hand an seinen Hals und schrie vor Schmerz auf. Er berührte vorsichtig die verletzte Haut. Sie fühlte sich heiß und klebrig an. Als er an seinen Fingern schnüffelte, war da ein leicht eitriger Geruch, der ihm zu denken gab. Er war noch nie verletzt worden.
    Ein kräftiger Schluck Wasser belebte ihn, und seine Über-lebensinstinkte meldeten sich wieder. Er musste hier weg.
    Wenn die Polizei ihn bei der groß angelegten Suche nicht fand, würden sie vielleicht zur Müllhalde zurückkehren. Es war absolut nichts zu hören, deshalb wagte er es, sich ein wenig aufzurichten, bis er den Himmel sehen konnte. Er blickte auf die Uhr, fast neun. Es war zwar noch nicht ganz dunkel, 525

    aber er konnte nicht hier liegen bleiben und abwarten, bis sie möglicherweise zurückkamen.
    Vorsichtig schob er die Säcke auseinander, verharrte lau-schend und ging dann langsam in die Hocke. Hinter der Um-zäunung suchten drei Personen in weißen Schutzanzügen den Boden auf allen vieren ab. Sie waren völlig auf ihre Aufgabe konzentriert. Amüsiert sah er, dass entlang seiner falschen Fährte leuchtendes Polizeiband gespannt worden war. Seine Finte hatte nicht nur die Hunde in die Irre geführt. Ohne die weißen Gestalten auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen, schlich er sich rückwärts auf die gegenüberliegende Seite der Müllkippe. Dort war ein Eingang mit einem Schlagbaum und einem verschlossenen Tor. Jetzt, nach Dienstschluss, war niemand mehr da. Seine Drahtschere machte kurzen Prozess mit dem Zaun, und schon war er draußen auf der Straße. Seiner Erinnerung nach musste er nur eine Meile ohne vernünftige Deckung überwinden, bis er zu einem Pfad kam, der querfeldein führte.
    Er trabte los, doch der Schmerz im Knöchel und das Ziehen im Hals waren zu stark, deshalb fiel er in einen humpeln-den Gang. Zwei Autos passierten ihn, aber keines wurde langsamer. Mit seinem Rucksack und den praktischen Schuhen wirkte er wie ein Wanderer. Das Sweatshirt mit der Kapuze, die er über den Kopf gestreift hatte, um seine Verletzungen zu verbergen, war eigentlich zu warm für einen Sommerabend, aber davon abgesehen gab es nichts, was ihn von einem ganz normalen Spaziergänger unterschieden hätte.
    Ein Plan nahm in seinem Kopf Gestalt an. Er würde zu-rück zum Cottage laufen, sich waschen und dann mit dem Motorrad runter nach Devon fahren. Dort würde er diese Polizistin umbringen und anschließend das Land verlassen. Er hatte schon eine Fluchtroute ausgearbeitet. Für einen Flug auf 526

    die Kanalinseln brauchte er keinen Pass, von da mit einem Boot rüber nach Frankreich und dann per Zug nach Nord-spanien. Er erinnerte sich, in der Schule gelesen zu haben, dass die Berge an der Grenze zwischen Frankreich und Spanien wild und unwegsam waren. Sich dort zu verstecken wä-
    re ein Kinderspiel.
    Gedanken an das Leben, das ihn nach seinem nächsten Mord erwartete, trieben ihn trotz Schmerzen und Hunger weiter. Mitternacht war vorüber, als er den Wald erreichte, der die Berge säumte, in denen sein Cottage lag. Die Nacht war dunkel, nur dann und wann riss der aufkommende Wind die Wolkendecke auf, und der Vollmond war zu sehen.
    Während er zwischen den Bäumen hindurchtrottete, hörte er plötzlich ein Motorengeräusch in der Ferne, das schnell näher kam. Er duckte sich in den Schatten einer dicht belaubten Birke. Das regelmäßige Schnappen konnte nur von einem Hubschrauber kommen.
    Ein greller Lichtstrahl glitt durch das Tal, das er gerade verlassen hatte, und huschte durch die Bäume. Er wartete, bis er vorüber war, dann rannte er zu der nächsten Stelle, die nach oben von den Bäumen gut abgeschirmt wurde. Seine Schmerzen waren jetzt vergessen, vom Adrenalin betäubt. Als

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