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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: corley
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Müllhalde ein, die er am Stadtrand gesehen hatte. Ohne auf seine schmerzhaft brennenden Wunden zu achten, lief er über ein großes Grund-stück, überquerte eine Umgehungsstraße, rannte einen schmalen Fußweg entlang, den er von früher kannte, dann durch eine Unterführung und stand schließlich vor dem stabi-len Maschendrahtzaun, der die Müllhalde umschloss. Er hatte heftige Schmerzen, aber die Angst war stärker, und er schnitt mit der Drahtschere ein Loch in den Zaun, zwang seine zit-522

    ternden Hände, ihm zu gehorchen. Hundebellen aus weiter Ferne jagte ihm einen panischen Schrecken ein – hatten sie seine Fährte schon aufgenommen? Er atmete tief durch und sagte sich, dass er immer noch genug Zeit hatte, alles richtig zu machen.
    Sein Gehirn arbeitete rasch. Wenn er nur eine Öffnung in die Umzäunung schnitt, würden sie die Müllhalde so lange durchkämmen, bis sie alles abgesucht hatten. Es war ein riesiges Areal, aber das würde die Polizei nicht abhalten. Sie mussten glauben, dass er weitergeflohen war, und er musste die Hunde verwirren.
    Ein grauenhafter Gestank stieg von der Halde auf. Er schob sich durch das Loch im Zaun zurück nach draußen, rannte einige hundert Meter daran entlang, und schnitt einen weiteren Durchschlupf hinein. Diesmal bog er die Drahten-den nach außen, sodass es aussah, als habe er sich von innen hindurchgezwängt. Er nahm das Handtuch vom Hals und verschmierte Blut auf dem Maschendraht. Dann lief er ins Gebüsch, das die Müllhalde umgab, und verteilte noch mehr Blut auf dem Boden, ehe er in seiner eigenen Fußspur den Weg zurückging, den er gekommen war. Er hastete an der Innenseite des Zaunes entlang, und rieb dabei das Handtuch über den Draht. Als er wieder am ersten Loch angekommen war, nahm er Anlauf und sprang mitten hinein in einen Abfallhaufen. Er landete auf einem Müllsack, der aufplatzte und saure Milch auf seine Wanderschuhe spritzen ließ, zusammen mit einer Ekel erregenden Masse, die verdächtig nach dem Inhalt einer Babywindel aussah. Normalerweise hätte er sich übergeben müssen, doch heute kam ihm das vor wie ein Geschenk Gottes.
    Wieder machte er einen Satz, kam aber unglücklich auf, und ein jäher Schmerz schoss ihm vom Knöchel aufwärts ins 523

    Bein. Er achtete nicht darauf, riss den nächstbesten Müllsack auf und verteilte den Inhalt auf der Stelle, wo er gelandet war. Er war nicht ganz so übelriechend wie der erste, doch die fauligen Essensreste müssten ausreichen, um die Hunde zu verwirren. Er richtete sich auf, um einen weiteren Sprung zu versuchen, doch sein Bein tat zu weh, und so hüpfte er einfach vorwärts, dreimal, bis er ein gutes Stück von seinem zweiten Landeplatz entfernt war.
    Rasch hatte er seine eigenen Müllsäcke geöffnet und rollte sich in sie ein, bevor er sich in einen weichen, stinkenden Abfallhaufen eingrub. Das Hundegebell wurde lauter, als sie durch die Zaunöffnung kamen. Durch die dämpfenden Müll-schichten hindurch hörte er schwach die Hunde und die Ru-fe der Hundeführer, die überlegten, was sie machen sollten.
    Wenn er ein bisschen Glück hatte, würden sie die Müllhalde nicht mal durchsuchen. Er wartete in seiner schützenden Hülle und vernahm alles wie unter Watte. Nach einer halben Ewigkeit hörte er das Rascheln von Plastiksäcken und das unverkennbare Geräusch eines schnüffelnden Hundes.
    Er drückte die Ränder der beiden Säcke fester zusammen.
    Das Blut rauschte ihm so laut in den Ohren, dass er fest davon überzeugt war, die empfindlichen Ohren des Hundes müssten es wahrnehmen. Mit purer Willenskraft verlangsamte er seinen Herzschlag und kontrollierte seine Atmung, sodass sie ganz leise wurde.
    Plötzlich war ein Rascheln ganz in seiner Nähe zu hören, und er erstarrte. Es war so nah, dass der Abfallberg, auf dem er lag, bebte. Das Geräusch wurde lauter, und er spürte etwas Schweres dicht neben sich. Er konnte kaum atmen. Die Luft in den Säcken war beinahe aufgebraucht, seine Brust hob und senkte sich, und seine Nase drückte gegen das Plastik, das ganz feucht von Kondenswasser war. Die Klaustrophobie, die 524

    ihn seit seiner Kindheit immer wieder befiel, drohte ihn zu überwältigen. Fast wäre er aus den Säcken gesprungen, doch in diesem Moment ertönte in einiger Entfernung ein Ruf, das, was da über ihm war, bewegte sich weg und ließ ihn zitternd in seinem eigenen Schweiß liegen.
    Offenbar hatten sie die Baseballmütze gefunden, die er in das Dickicht geworfen hatte. Er zählte

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