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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: corley
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Namen!
    »Wir haben gehofft, dass Sie sich melden. Keine Sorge, Sie müssen keine Angst haben, mit uns zu reden. Wir möchten Ihnen helfen.«
    Wendy riss sich den Hörer vom Ohr, als wäre er glühend heiß geworden, und starrte ihn entsetzt an. Sie konnte der Polizei unmöglich Informationen geben, wenn es nicht anonym war. Robyn Powell sprach noch immer, plapperte sinnloses Zeug, irgendwas von Sicherheit und Schutz. Wendy achtete nicht auf sie und legte auf. Schon wieder drohten die Tränen zu kommen, aber sie kämpfte sie wütend zurück.
    Jetzt gab es kein Zurück mehr. Egal, was die Polizei von Schutz erzählte, sie konnte denen nicht trauen. Die kannten Dave nicht. Wenn sie ihn verriet, würde er sie vernichten.
    Sie ging zurück zum Auto und fuhr davon. Das Radio dudelte irgendeinen schmalzigen Song, und ihr fiel wieder ein, dass sie Dave fast genauso sehr liebte, wie sie ihn fürchtete. Was war nur über sie gekommen, so an ihm zu zweifeln?
    Schuldgefühle brandeten in ihr auf. Sie musste an ihn glauben. Die Polizei war verrückt, dass sie ihn verdächtigte. Die erwischten doch immer die Falschen. Weiß der Himmel, wie sie seinen Namen mit diesem armen Mädchen in Verbindung gebracht hatten, aber das war bedeutungslos.
    Keiner außer ihr konnte ihn richtig beurteilen. Sie war der einzige wichtige Mensch in seinem Leben, und eines Tages 520

    würde er das erkennen, und ihr gemeinsames Leben würde schön werden. Sie versuchte zu lächeln, aber die dünne Stimme, die sie in die hintersten Winkel ihres Verstandes verbannt hatte, lag ihr in den Ohren. Das war die Besserwiss-erstimme. Wenn irgendwas falsch lief, zum Beispiel, wenn er sie seinem schrecklichen Freund »ausgeliehen« hatte, dann war es diese Stimme, die sie eine Hure nannte. Diese Stimme beschwor sie, ihn zu verlassen, und sie beschloss wieder einmal, nicht auf sie zu hören. Alles würde gut werden, vorausgesetzt, sie machte keinen Fehler.
    Dave war außerdem der einzige Mensch in ihrem ganzen Leben, der ihr je so etwas Ähnliches wie Zuneigung gezeigt hatte. Ihr Vater hatte sie als »Enttäuschung« bezeichnet, genauer gesagt als »seine größte Enttäuschung«, und ihre Mutter hatte sie ignoriert, ganz einfach. Und wenn sie Daves Liebe um den Preis gelegentlicher Schmerzen erkaufen musste, na wenn schon? Jede Liebe hatte ihren Preis.

    Smith lag unter rauen Decken, die seine empfindliche Haut im Gesicht und am Hals kratzten. Draußen war der Himmel trübgrau, der Verkehr dicht. Sie hatte ihn früh am Morgen abgeholt, nachdem er sich getraut hatte, sein hastig fabrizier-tes Versteck auf der Müllhalde zu verlassen. Die ganze Zeit über, während er auf sie wartete, hatte er sich in zwei großen Abfallsäcken verkrochen und durch eine schmale Ritze widerliche Luft eingeatmet.
    Den Trick hatte er als Fünfzehnjähriger gelernt. Er hatte zwar immer die bohrenden Fragen seines Vaters aushalten müssen, war aber selten von der Polizei vernommen worden, und sie hatten ihm nie etwas nachweisen können. Nur ein einziges Mal hatte die Polizei ihm aufgelauert. Seine genaue Kenntnis der Gässchen und Gärten in Telford hatte ihn geret-521

    tet, und er hatte sich hinter einem Mietshaus in einem Berg von Müllsäcken versteckt. An jenem Tag waren die üblichen höhnischen Bemerkungen auf dem Spielplatz in der Pause anders ausgefallen. Anstatt ihn als »Spinner« oder »Widerling«
    zu bezeichnen, hatten sie ihn »Stinkbombe« genannt, aber das hatte ihm nichts ausgemacht. Er war cleverer als die Polizei und alle anderen an dieser dämlichen Schule, sollten sie ihn doch nennen, wie sie wollten. Hinterher hatte er sich angewöhnt, immer ein paar große Müllsäcke dabeizuhaben, am besten die schwarzen, weil die nicht so auffällig waren. Zu Hause hatte er geübt, sie auszurollen und hineinzukriechen, so lange, bis er sie blitzschnell mit einem Schnippen des Handgelenks öffnen und sich innerhalb von dreißig Sekunden darin verstecken konnte.
    Als er gestern aus diesem Haus gerannt war, hatte er die blutenden Verletzungen an Kinn und Hals mit einem dicken weißen Handtuch unter dem Kapuzensweatshirt verbergen müssen, und er war automatisch in sein altes Revier zurückgekehrt. In den acht Jahren, seit er die Stadt verlassen hatte, war die Müllabfuhr modernisiert worden. Die Berge von Abfallsäcken waren durch Mülltonnen ersetzt worden, und als in der Ferne immer mehr Polizeisirenen ertönten, geriet er allmählich in Panik.
    Dann fiel ihm die städtische

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