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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: corley
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ihr Schlafzimmer zurückgekehrt. Er hatte dort nachgesehen, dann mit einem Lächeln an ihrer Bettwä-
    sche gerochen, ehe er die Tür abschloss. Sehr gründlich durchsuchte er jeden Raum, fand jedoch nichts. Er fing noch einmal von vorn an, und erst jetzt bemerkte er im älteren Teil des Hauses schwache Spuren im Staub. Er verfolgte sie 594

    ein paar Stufen hinunter und weiter zu einem kleinen Mansardenzimmer. Der Raum war leer, das Fenster mit gesprungener Scheibe fest geschlossen. Als er auf dem Flur hinter diesem Zimmer keine weiteren Fußspuren mehr fand, kehrte er in den Raum zurück, setzte sich auf den Boden und schaltete die Taschenlampe aus. In den Häusern seiner Opfer war er immer in Bestform, und sein Instinkt sagte ihm, dass sie ganz in der Nähe war. Sie würde es nicht schaffen, lange aus-zuharren, Frauen hatten nicht so viel Stehvermögen, und sobald sie sich bewegte, würde er es hören.

    Nightingale hatte kein Gespür mehr, wie lange sie schon in der pechschwarzen Dunkelheit des engen Raumes hockte.
    Irgendwann meinte sie, die Uhr schlagen zu hören, aber der Klang war so gedämpft, dass sie ihrer Sache nicht sicher war.
    War eine Stunde vergangen, zwei? Es musste doch schon länger her sein, dass sie wach geworden war und gehört hatte, wie er die Treppe heraufgeschlichen kam. Sie beschloss, bis fünfhundert zu zählen und sich dann aus ihrem Versteck zu wagen.
    Bei vierhundertzwanzig hörte sie eindeutig ein Geräusch im Zimmer. Sie presste ein Auge an den schmalen Spalt, konnte aber nichts sehen. Sie schob die Nase dicht heran und schnupperte lautlos. Es roch nach Staub und Gips, aber da war noch etwas anderes, ein unverkennbarer Hauch von fremdem Schweiß. Sie war weit vorgebeugt und hatte das Gesicht an die Wand gedrückt, als das Klopfen direkt neben ihrem Ohr anfing und sie sich auf die Knöchel beißen musste, um nicht aufzuschreien. Das Klopfen bewegte sich von ihr weg an der Wand entlang. Er war da, und er ahnte, wo ihr Versteck war. Sie hatte keine andere Wahl, sie musste weg.
    Sie würde von Balken zu Balken schleichen und die Öllampe, 595

    ihre einzige Waffe, zurücklassen müssen. Angstschlotternd schob sie sich nach vorn und betete, dass er die herausnehm-bare Platte in der Wand hinter dem Bett nicht finden würde.
    Smith klopfte und lauschte. An manchen Stellen war der Gips so lose, dass seine Fingerknöchel Staubwolken aufwir-belten, die wie Gespenster im Mondlicht schwebten. Er arbeitete sich einmal um den ganzen Raum herum, überprüfte die Wände jeweils in Schulter- und in Kniehöhe. Als er fertig war, überlegte er kurz und inspizierte noch einmal die Fußspuren auf dem Boden, weil er fürchtete, sich vielleicht geirrt zu haben.
    Nein. Sie war hier reingerannt und nicht wieder raus. Er bückte sich und leuchtete mit der Taschenlampe den Boden ab, um sich die Sache genauer anzusehen. Die Spur führte neben das niedrige Bett. Er schob sich vor und klopfte sachte die Wand ab. Direkt neben dem Bett fiel ihm eine leichte Verfärbung in der welligen Tapete auf. Die Lücke hinter dem Bett war für ihn zu schmal, aber sie könnte möglicherweise dazwischengepasst haben. Er zerrte das alte eiserne Bettgestell mit einem lauten Quietschen beiseite. Als er die Wand dahinter überprüfte, war das hohle Geräusch unverkennbar. Mit der Taschenmesserklinge fuhr er den äußeren Rand der dunklen Schattierung entlang und stieß in einen Hohlraum dahinter. Er zog eine lose Platte heraus. Nach einigen Versuchen gelang es ihm, seinen muskulösen Oberkörper durch die Öffnung zu schieben, und der Rest schlüpfte leicht hindurch.
    Auf der anderen Seite schöpfte er erst mal Atem und sah sich um. Er befand sich in einem schmalen Hohlraum, der durch die Neigung des Daches und die inneren Gipswände gebildet wurde. Es war so eng, dass er sich selbst tief gebückt kaum bewegen konnte. Als er versuchte, eine etwas beque-mere Position einzunehmen, stieß er mit dem Kopf gegen 596

    Dachpfannen, und tote Spinnen und Staub rieselten ihm ins Gesicht.
    Er leuchtete mit der Lampe nach links, zur Vorderseite des Hauses, und sah, dass der Hohlraum dort an der Ziegelmauer endete. Er kroch darauf zu, weil er argwöhnte, dass dort ein Versteck sein könnte, aber es war nur eine Sackgasse. Damit blieb nur noch eine Richtung übrig. Er drehte sich um, ging tief in die Hocke und klemmte sich die Taschenlampe zwischen die Zähne. Vor ihm war die dicke Staubschicht auf den Balken zertreten, sodass schwarze Stellen

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