Crime - Kriminalromane und Thriller schreiben
richtig gemacht.
On Writing, George V. Higgins
Wenn Sie Ihren Text laut lesen, erkennen Sie sofort, ob der Dialog hölzern oder lebendig, sprechbar oder nicht sprechbar, treffend auf die Figuren abgestimmt oder einfach klischeehaft ist. Falls Sie immer noch Zweifel haben, nehmen Sie den gesprochenen Dialog auf Kassette auf und hören sich die Aufnahme an. Wenn Sie sich beim Zuhören innerlich winden – Glückwunsch!, denn Sie haben Ihren Text als tödliche Prosa entlarvt, bevor er in Druck gegangen und in die Buchläden gekommen ist – und Sie sich spätestens dann winden müssten, weil Ihre mangelhafte Arbeit nun aller Welt zugänglich ist. Sie haben also noch einmal Glück gehabt; das ist der Grund, warum Gott eine »Entf«-Taste für den Computer erfunden hat.
Einige Bemerkungen zum Dialog
Rede ist nicht linear. Ein Großteil der Dialoge in Romanen, besonders in Kriminal- und Spannungsromanen und High-tech-Thrillern ist erklärend und muss es auch sein, was dazu führen kann, dass sie steif, formal und unnatürlich wirken – eher Gerede, das keine Rede ist, sondern Exposition mit Anführungszeichen, in das »sagte er« und »sagte sie« eingefügt ist.
Nehmen Sie sich die Zeit, den Gesprächen anderer zuzuhören. Achten Sie bewusst darauf, wie Sie selbst reden. Eine Rede ist nur dann linear und organisiert und zusammenhängend und mit kompletten Sätzen versehen, wenn sie vorher geschrieben wurde, wie es bei Reden von Politikern, Plädoyers von Anwälten oder Verkaufsgesprächen der Fall ist.
Natürliche Sprache, Alltagssprache, ist oft zu abgehackt, unvollständig und verschachtelt, um sie wörtlich wiederzugeben und abzudrucken. Darum sollte das Ziel sein, eine Form der Rede zu entwickeln, die einerseits alle Vorzüge wie geordnete Gedanken, gut durchdachte Formulierungen, den passenden Stil, intelligente Bemerkungen und alles enthält, was gute Lesbarkeit ausmacht. Gleichzeitig sollte sie aber auch genug Eigenheiten und Charakteristika haben, damit sie als natürliche Sprache angenommen wird und der Leser das Gefühl hat, was er liest, könnte der Wirklichkeit entsprechen.
Ein paar Tricks
1. Geben Sie Ihren Figuren in der jeweiligen Szene Unterziele oder sekundäre Antriebe – Hunger, Durst, den Wunsch, mit etwas anzugeben, den anderen zu verführen, Kunstverstand zu zeigen, ein Mittel gegen Hämorrhoiden zu finden. Verbinden Sie diese Unterziele mit dem Hauptdialog.
2. Exposition oder längere Zusammenfassungen haben in Dialogen nichts zu suchen. Es sei denn, Sie haben gute Gründe – Dialoggründe –, und dann nur in dem Maß, wie es wirklich sinnvoll ist.
Was sind das für Gründe? Dialoge offenbaren die Charaktere. Dialog ist eine Form der Handlung; Exposition meistens nicht. Dialoge erlauben den Figuren zu lügen. Sich zu irren. Zu missverstehen. Nicht die ganze Wahrheit zu enthüllen oder sie zu beschönigen. Zu färben, zu reduzieren, zu manipulieren. Dialoge machen es möglich, Witz, Pathos, Humor, Drohgebärden, Verzweiflung etc. so darzustellen, wie es die Exposition nicht kann. Wenn also die Szene, die Sie schreiben, solche Dinge vermitteln soll, dann entscheiden Sie sich für den Dialog. Wenn nicht, unterbrechen Sie den Dialog, um zusammenzufassen. Wenn eine Ihrer Figuren dem Leser den Internationalen Währungsfond erklären soll, würden Sie also schreiben: »Sie erklärte Detective Inspector McGorgle, wie der Währungsfond funktionierte. Es handelte sich um eine Organisation von …«
3. Steigen Sie rechtzeitig aus. Mir passiert es oft, dass ich mitten in einer Szene hängen bleibe. Wenn ich Dialoge geplant habe, denke ich, dass ich dabei bleiben müsste. Falls also der Detektiv die Informationen in Dialogform hätte erhalten sollen, fällt es mir schwer, mich davon zu lösen und wieder zur Erzählerperspektive zurückzukehren. Zu dumm. Denn ich weiß, dass es geht, wenn ich nur will. Natürlich funktioniert auch der umgekehrte Fall. Ich kann in längere Erzählpassagen ohne weiteres Dialogsequenzen einfügen. Trotzdem: Es passiert mir immer wieder – sogar bei kompletten Szenen. Ich beginne eine und komme plötzlich damit nicht zurecht. Aber irgendwann kommt der Punkt, an dem Sie Ihre Nikes anziehen und sich an den Spruch »Just do it« halten sollten. Ihre Figuren sind keine Theaterschauspieler, die Sie Abgänge und Auftritte machen lassen müssen. Denken Sie an einen Kinofilm: SCHNITT. FADE TO BLACK. NEUE SZENE .
Er zischte, sie stöhnte
Kritiker lieben es: den Autor auf ein
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