Crime Machine: Thriller (German Edition)
schenkte, was es sich je gewünscht hatte.
Er saß vorn auf dem Beifahrersitz, Vitali hinten neben mir, und einer seiner Männer fuhr. Gladwell rutschte unruhig herum, er konnte nicht stillsitzen, drehte sich zu uns um und sprach mit uns. »Habt ihr das, verdammt noch mal, gesehen, habt ihr’s gesehen?«, fragte er immer wieder. »Er ist vor und peng!« Er schlug mit der Hand aufs Armaturenbrett. »Ich gebe diesem Kerl, diesem verdammten Zivilisten, der in seinem Leben wahrscheinlich noch niemandem eine reingehauen hat, die einmalige Chance, das eigene Leben zu retten, aber dafür muss er eine Legende töten, und nutzt er sie? Na klar tut er das! Er macht nicht lange herum! Peng! Zehn Sekunden gebe ich ihm, und er wartet bis zur allerletzten, und ich denke schon, hey, warte mal, der macht das nicht, dann rumms.« Er schlug erneut aufs Armaturenbrett. »Guckt er Bobby Mahoney in die Augen, Bobby Mahoney, wohlgemerkt, dem König der gesamten scheiß Stadt, und dann macht er ihn kalt, arschcool. Ach, hallo Mann, du warst, verdammt noch mal, der Hammer, Alter! Du solltest bei mir einsteigen. Willst du für mich arbeiten, willst du?« Alle lachten, als sei dies ein saukomischer Vorschlag. »Wenn jemand abgeknallt werden muss, dann bist du von jetzt an unsere Spitzenkraft. O ja! Du hast es verdient, Junge, das hast du wirklich. Aber sag mir eins, für unsere werten Zuhörer« – er streckte die Hand aus, als würde er ein Mikrofon halten –, »wie ist es so, der wichtigste Mann zu sein, der Checker vom Norden? Wie fühlt man sich so als Mörder einer Legende?« Ich starrte ihn einfach nur an, weil ich absolut nichts dazu zu sagen hatte. »Nein? Hat’s dir die Sprache verschlagen? Ach, na ja.«
Der Wagen bog Richtung Redheugh Bridge ab und folgte der Straßenführung in einem Bogen zum Bahnhof. Sie parkten auf dem Kurzzeitparkplatz draußen. Gladwell, Vitali und der Fahrer stiegen aus, und ich folgte ihnen benommen. Konnte es wahr sein? Wollten sie mich wirklich gehen lassen? Sicherlich würden sie mich nicht einfach so in einen Zug setzen – aber wie wollten sie mich jetzt vor Hunderten von Menschen im Bahnhof ermorden, wo Überwachungskameras alles aufzeichneten?
Dann fiel mir die Handykamera des Russen ein und dass Tommy Bobby Mahoneys letzte Momente damit aufgezeichnet hatte.
Sie hatten kein Problem damit, mich gehen zu lassen, weil sie wussten, dass ich mit niemandem darüber sprechen konnte. Wie hätte ich erklären sollen, dass ich dem Leben des größten Verbrecherkönigs in der Geschichte des Nordostens ein Ende gesetzt hatte? Selbst wenn mir die Polizei glaubte, dass ich unter Waffengewalt dazu gezwungen worden war, würden andere mit kürzerem Geduldsfaden und länger zurückreichendem Gedächtnis weniger Verständnis aufbringen. Gladwell wusste, dass er, solange er den Clip auf seinem Handy hatte, so sicher war wie die Bank von England, das war seine Versicherungspolice. Ich war körperlich keineswegs in der Lage, auch nur zu versuchen, seinem Russen das Handy wieder abzunehmen. Für Tommy war das perfekt. Wenn jemand versuchte, ihn mit dem Verschwinden von Bobby Mahoney in Verbindung zu bringen, dann musste er, wenn es brenzlig wurde, nur dafür sorgen, dass die entsprechenden Behörden das Filmchen sahen, auf dem ich Bobby erschoss – dann würden sie mich im ganzen Land suchen und nicht ihn.
Mich laufenzulassen, das stellte, wenn man es sich genau überlegte, kein sonderlich großes Risiko dar. Aus ihrer Perspektive gab es jetzt niemanden mehr, der sich an ihnen rächen konnte. Sogar Finney war tot, dabei hatte ich Finney immer für unbesiegbar gehalten. Kugeln prallten von Finney ab, Schläge zeitigten keinerlei Wirkung, er hatte sich Männern mit Messern, Pistolen, Macheten und Eisenstangen entgegengestellt und kaum je einen Kratzer abbekommen. Wenn man sich mit Finney anlegte, war man so gut wie tot oder landete zumindest im Krankenhaus oder im Rollstuhl. Ihn konnte nichts aufhalten. Aber diese Speznas-Typen hatten es geschafft, ihn in einer Nacht fertigzumachen, und waren dabei nicht einmal außer Atem geraten.
Die Bahnhofshalle war von Lärm erfüllt, Züge fuhren ein und wieder ab, Leute unterhielten sich, über uns zwitscherten Vögel. Ich blieb mit den Russen unter der großen, alten Metalluhr stehen, während Tommy ins Reisecenter ging, um mein Ticket zu holen. Um mich herum befanden sich Leute, die mitten im Leben standen, und ich sah ihnen stumpf zu. Ich nahm junge Pärchen wahr,
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