Crime Machine: Thriller (German Edition)
gehängt, so dass ich wusste, dass sie einiges wog. Ich konnte ihm damit einen Schlag versetzen, der den Stärksten niederstrecken würde, und das Arschloch anschließend töten. Ich war kurz davor, ohnmächtig zu werden, aber auch nur noch zwei Zentimeter von der Tafel entfernt. Plötzlich merkte er, was ich vorhatte, und packte mich noch fester an der Kehle. Ich bekam kaum noch Luft und konnte meinen Arm nicht weiter ausstrecken. Es war sinnlos. Ein Mal versuchte ich es noch und spürte, wie meine Fingerspitzen die Tafel berührten, aber er hob mich erneut von den Füßen und zerrte mich weg, ließ meinen Kopf gehörig gegen das Regal knallen. Mir gelang es, ihm einen Schlag seitlich gegen den Kopf zu versetzen, und zwar einen guten. Er kippte leicht, verlor einen Augenblick das Gleichgewicht, löste aber seinen Griff um meine Kehle nicht, und ich wusste, ich würde bald Sternchen sehen. Verzweifelt ruderte ich mit meinem freien Arm, und meine Hand griff nach dem einzigen Gegenstand in der Wohnung, der sich jetzt in meiner Reichweite befand.
Als ich ihn mit der Hand berührte, schob ich die andere unter das Kinn des Angreifers und bohrte ihm meinen Daumen direkt über dem Adamsapfel ins Fleisch. Er schrie auf vor Schmerz und lockerte eine Sekunde lang seinen Griff an meiner Kehle. Ich drückte seinen Arm beiseite und verpasste ihm eine kräftige Kopfnuss auf die Nase, woraufhin sie blutete und er ein kleines Stück zurückwich. Er blinzelte, als er versuchte, wieder einen klaren Kopf zu bekommen, und ich wusste, dass dies meine einzige Chance war. Ich packte den schweren Gegenstand vom Regal, und als er sich wieder auf mich stürzen wollte, wich ich blitzschnell aus. Er setzte mit dem Arm zu tief an, und ich ließ meine Waffe in einem schönen, festen, geschmeidigen Bogen seitlich auf sein Gesicht niedergehen. Wieselgesicht schrie, als hätte ich gerade zwanzigtausend Volt durch ihn gejagt, und die Urne zerbrach beim Aufprall in ein Dutzend scharfkantige Scherben. Blut spritzte.
Alles schien sich in Zeitlupe abzuspielen; auch das Blut, das dem Wichser über das Gesicht strömte und ihm seitlich über den Kopf lief, doch der Anblick wurde durch die riesige Aschewolke gestört, die nun aufstieg. Die verstorbene Angela Cooper schien eine Sekunde lang in der Luft zu hängen, bevor sie sich auf ihn niedersenkte. Die Asche bedeckte sein komplettes Gesicht wie ein Insektenschwarm, und er ging schreiend zu Boden, rieb sich dabei wie ein Wahnsinniger die Augen. Er muss sich gefragt haben, was, zum Teufel, gerade passiert war.
Mehr Energie hatte ich nicht mehr. Ich ließ mich fallen, als hätte jemand meine Batterien entfernt, und blieb, an eine Wand gelehnt, liegen wie eine Marionette, deren Schnüre durchtrennt wurden. Als sich der Raum um mich herum zu drehen begann und langsam schwarz wurde, bekam ich vage mit, dass Wieselgesicht wieder auf die Füße kam, und ich dachte, o Scheiße, jetzt macht er dich fertig, und er wird alle Zeit der Welt dafür haben, denn jetzt fällt mir nichts mehr ein, aber stattdessen stellte er sich auf seine wackligen Beine, fasste sich ins Gesicht und schrie, als hätte er Feuer gefangen und würde Unmengen Blut verlieren. Eine kleine Porzellanscherbe ragte seitlich aus seinem Gesicht, und ich dachte bloß, wie schade, dass ich keine Gelegenheit mehr haben würde, ihm das Ding in den Hals zu rammen. Er stieß noch einen Schrei aus und floh.
Das Letzte, woran ich mich erinnern kann, bevor ich das Bewusstsein verlor, war, dass ich versuchte, mein Handy aus der Tasche zu ziehen. Tausende Mutterpartikel bedeckten meinen Teppich. Das war schon komisch; von ihr hätte ich am allerwenigsten erwartet, dass sie mir noch mal das Leben retten würde.
Ich hatte mein Zeitgefühl verloren und keine Ahnung, was ich tun sollte. Dann dachte ich überhaupt nicht mehr nach. Um mich herum war einfach nur noch Stille und eine große, tröstende schwarze Hülle.
Als ich wieder zu mir kam, lachte mich Finney aus. »Mach dir keine Sorgen, Blitzbirne«, sagte er, »du siehst immer noch gut aus.« Seine hässliche feiste Fresse hing über mir, aber dann war plötzlich Sarah total besorgt an meiner Seite und tupfte mir mit einem feuchten Küchenhandtuch das ramponierte Gesicht ab. Das kalte Wasser half mir, wieder zu Sinnen zu kommen, und obwohl ich Mühe hatte zu sprechen, fragte ich: »Wie habt ihr mich gefunden?«
»Du hast mich angerufen«, sagte Sarah. Daran hatte ich keinerlei Erinnerung.
»Hab ich das?«
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