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Crime

Crime

Titel: Crime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh , Pößneck GGP Media GmbH
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war auf dem Band, doch das abgewandte Gesicht des anderen und seine verlängerte Kapuze hatten dafür gesorgt, dass man von ihm nichts hören konnte.
    Du sprangst ins Auto und fuhrst runter nach Manchester. Ellis saß in Strangeways ein. Er hatte die Stadt einige Male besucht, weil sie auf dem Weg zu seiner Freundin in Preston lag; nun hatte er die Gelegenheit bekommen, ein kleines Fleckchen von ihr ganz besonders gut kennenzulernen. Du wolltest mal sehen, ob die Zeit in Haft sein Erinnerungsvermögen verbessert hatte.
    Robert Ellis erstrahlte in körperlicher Fitness, in seinen Augen blitzte Entschlossenheit. Du hattest zwar selbst nie geraucht, aber bei Besuchen im Gefängnis immer eine Packung Zigaretten dabei. Ellis wies das Angebot höflich zurück. Dir war es zuwider, dass es Eindruck auf dich machte, aber ganz offenkundig hatte hier jemand zu sich selbst gefunden. Ellis war sich vollauf der Ironie seiner Situation bewusst: das Gefängnis, in dem er zu Unrecht einsaß und aus dem er seit Jahren freizukommen versuchte, hatte sich, so pervers es war, als Segen für ihn erwiesen.– Obwohl ich nicht hier sein sollte, war der Laden hier meine Rettung, gab er zu.– Ich war komplett krank im Kopf. Aber Kindermörder? Er lachte spöttisch.– Ich bitte Sie.
    – Der Parkamann.
    – Hab nicht viel von ihm zu sehen bekommen, weil ereinen Schal vorm Mund hatte. Nichts bis auf verrückte Augen, die mich aus dieser Riesenkapuze anstarrten. Ich hab zurückgestarrt, und da bin ich normalerweise King drin, aber bei dem hab ich was Eisiges gespürt, das kann ich Ihnen sagen.
    – Was hat er gesagt?
    – Nachdem ich gesagt hatte: »Traurige Sache«, sagte er: »Täglich sterben Kinder. Unterernährung. Krankheiten.«
    – Ist Ihnen noch irgendwas zu seiner Stimme eingefallen: Tonfall, Akzent?
    – Akzent konnte ich nicht direkt raushören. Es war jetzt nicht, Zack! Schotte! oder so, dabei lächelte Ellis dich an und wies dann mit dem Kopf auf den schweigend dabeistehenden Vollzugsbeamten,– oder Nordenglisch, oder so wie meiner. Klang ziemlich gewählt, aber nicht schnöselig, einfach irgendwie schwer zu beschreiben.
    – Warum haben Sie diese Sachen über Nula gesagt? Dort am Grab?
    Ellis Kiefer spannte sich an, und sein Blick trübte sich. Du vermutetest Scham dahinter.– Weil ich ein armseliges Arschloch war. Total neben der Spur, ich wollte meine Wut auslassen, Beachtung finden. Und stellen Sie sich vor, dabei schaute er sich in seiner spartanischen Umgebung um und grinste breit,– es hat geklappt! Dann erlosch sein Grinsen leicht.– Aber ich hab nicht vor, mich hier allzu sehr einzugewöhnen.
    – Ach nein?
    – Weil Sie mich rausholen werden, stimmt’s oder hab ich recht?
    Vielleicht hatte Ellis doch keinen so weiten Weg zurückgelegt, wie du ihm zugutegehalten hattest. Du rochst hinter der aufpolierten Fassade die vorherige Inkarnation, die wieder an die Oberfläche wollte.– Ich werde das Schwein finden, das Britney Hamil umgebracht hat.
    – Läuft ja auf’s selbe raus, Alter, sagte Ellis.
    Doch für ein paar unerträgliche Tage steigerte man den Druck auf Cornell immer weiter, der schließlich zusammenbrach und gestand. Allerdings nicht den Mord an Britney. Er beichtete die Affäre mit einem verheirateten Parlamentarier, was man böswillig an die Presse durchsickern ließ. Der Abgeordnete sah sich der Erniedrigung ausgesetzt, diese Liaison zuzugeben und damit seine politische Karriere zerstören zu müssen, um den Unschuldigen zu entlasten. Toal war deswegen fix und fertig; er erlaubte dir daraufhin, auf dem Friedhof von Stockbridge den falschen Grabstein aufzustellen und Kameras zu installieren.
    Aus Britneys Scheinbeerdigung wurde dann eine offizielle. Angela war so pleite, dass sie an ihn appellierte:– Können Sie sie nich in echt beerdigen? Ich wär nie in der Lage, so was für sie zu machen   …
    Daher blechte der Steuerzahler schließlich auf dem Umweg über den Polizeietat für die Rechnung. Nachdem Britneys Überreste in die Erde gesenkt worden waren, hast du im Van gehockt und an den Überwachungsbildschirmen jede Menschenseele beobachtet, die in die Nähe ihrer Ruhestätte kam. Die Aufgabe war für alle freudlos und frustrierend. Rückenschmerzen und steife Nacken waren nicht zu vermeiden. Der November lastete auf dir, und die Welt draußen vor dem Fenster war so kalt wie polierter Marmor.
    Einmal warst du kurz pissen. Als du zurückkamst, stand Notman draußen rum und quatschte mit irgendeiner

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