Crime
zueinem breiten Grinsen, als er Ginger sieht.– He, Buck, alles klar, Mann?
– Asklar, Manny, sagt Ginger und haut dem Mann auf den großen, breiten Rücken.– Das hier ist mein Kumpel Ray aus Schottland.
– He! Al-les klar!, dröhnt Manny, und Lennox’ Mund kräuselt sich zu einem Grinsen, als sie in einen dunklen, riesengroßen Laden vorgelassen werden, den Lennox sofort als einen von der Sorte wiedererkennt, die in der ganzen westlichen Welt gerne von Cops und Kriminellen, von dummen jungen und verbitterten alten Männern frequentiert werden. Er grübelt darüber nach, in welche dieser Kategorien er zurzeit gehört. Ein langer Catwalk, von dem mehrere Pole-Dance-Plattformen abgehen, windet sich gen Mekka in Gestalt einer großen, glitzernden, zentralen Inseltheke. Obwohl es noch ziemlich früh ist, herrscht reger Betrieb, und nicht wenige der Tische rechts und links der Bühne sind voll besetzt. Lennox erkennt einige der Gäste sofort als Polizisten außer Dienst. Ihre innere Distanz zu dem, was sie tragen, der Eindruck, sie seien von jemand anderem eingekleidet worden, verrät sie.
Die Kellnerinnen tragen enge weiße T-Shirts, die im Neonlicht kaltblau leuchten, und sorgen dafür, dass die Getränke nicht ausgehen, während die Tänzerinnen sich auf der Bühne produzieren. Anfangs geht es noch zahm zu, doch mit steigendem Bierkonsum werden sie derber und expliziter. Ginger und Lennox bestellen sich Rippchen mit Pommes.– Sag Dolores, ich hätte Thunfischsalat bestellt, sagt Ginger bierernst,– ohne Mayo. Sie will, dass ich auf mein Gewicht achte. Wir sind nächste Woche im Finale von so einem Tanzturnier.
Lennox nickt bedächtig. Reibt sich über seinen geschorenen Schädel.– Der Typ an der Tür hat dich Buck genannt. Was sollte das denn?
– Buck Rogers, so nennen sie mich hier, tönt Ginger mit großspuriger, entschiedener Renitenz.
Lennox lässt das sacken. Dann hebt er sein Glas und stößt mit seinem Freund an.– Na dann, auf das fünfundzwanzigste Jahrhundert, prostet er.
Die Biere gehen zügig runter, die Tequilas ebenso. Lennox steht auf, um zur Toilette zu gehen. Durch den Mix aus Alkohol und Antidepressiva ist er etwas wacklig auf den Beinen. Er stützt sich mit einer Hand ab, während er seinen schweren, dicken und dampfenden Strahl ins Klo pisst.
Das Leben könnte schlimmer sein. Wir haben den Drecksack geschnappt, der Britney umgebracht hat. Der ist weg.
– So wie Kinderficker wie du es verdient haben, du Fotze, faucht Lennox den mannshohen Spiegel an, der in die Kachelwand eingelassen ist. Er hebt seine rechte Hand hoch wie zum Schwur und ballt die Faust, ohne Rücksicht auf den sich lockernden Verband und den Schmerz, den das Trinken etwas betäubt hat.
Wieder draußen, steuert er seinen Tisch an, während Tina Turners »What’s Love Got To Do With It?« aus den Boxen ballert. Doch eine Tänzerin stellt sich ihm in den Weg, reibt sich an ihm, stößt ihr Becken voll gegen seinen Schritt. Das Gesicht des Mädchens wirkt unter der Kriegsbemalung abstoßend, wie eine Clownsfratze, die fingerdicke Abdeckcreme kann die grausamen Aknenarben nicht vor dem grellen Licht der Deckenscheinwerfer verstecken. Irre Augen und ein verzerrter, grausamer Mund klatschen ihm den Fehdehandschuh hin.
Lennox erstarrt; versteift sich überall, nur nicht da, wo sie es gern hätte. Das ist also Friction Dancing. Sie würde ihr Beckenkreisen nicht sein lassen, bis sie ihn zum Kommen gebracht hatte. Auf einmal kocht er vor Wut. Das hier ist was für alte Säcke und Versager, für Nerds und Debile. An der verzweifelten Entschlossenheit in ihren Augen sieht er,dass er jetzt eine Herausforderung ist, dass er aufgegeilt und zum Kommen gebracht wird, ob er will oder nicht. Ihn zu zwingen, diesen Zirkus mitzumachen, bis sie ihn in ihre eigene Erniedrigung und Aussichtslosigkeit heruntergezogen hat– wie anders sollte diese bessere Cracknutte ihr Gesicht wahren? Er versteht das, zu Haus in Edinburgh hat er bei Männerabenden im Kollegenkreis schon oft genug Ähnliches mitgemacht. Er registriert die Anspannung in den Mienen der anderen Männer. Er weiß, er diskreditiert sie alle, indem er das Spiel nicht mitspielt, indem er sich über sie stellt und diese Frau demütigt, indem er das Einzige zurückweist, das sie zu verkaufen hat, ihre Sexualität, beziehungsweise die Karikatur davon. Es war für sie weniger eine Frage der Selbstachtung, mehr so etwas wie Berufsehre; immerhin verdiente sie damit ihren
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