Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Crime

Crime

Titel: Crime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh , Pößneck GGP Media GmbH
Vom Netzwerk:
Stuart, dachtest du, das verzogene kleine Arschloch wird noch früh genug die Aufmerksamkeit an sich reißen.– Der kommt, wenn er kommt, sagtest du und bestelltest Champagner für den Tisch. Du beobachtetest amüsiert, dass alle so taten, als wüssten sie nicht, was los war. Sie warfen verstohlene Blicke auf Trudis Hände, die sie aber in cremefarbenen Handschuhen stecken hatte.– Wir haben euch etwas mitzuteilen, sagtest du, entschlossen, diesen Teil möglichst kurz und schmerzlos hinter dich zu bringen,– wir werden nächstes Jahr heiraten, wahrscheinlich im September.
    Trudi riss sich die Handschuhe herunter und enthüllte unter begeisterten Ohs und Ahs den Ring. Du versuchtest,die Reaktionen einzuschätzen: Zumindest nach außen hin zeigte niemand seinen Unmut. Am wenigsten begeistert schienen deine Eltern zu sein, und als Trudi umarmt und geküsst wurde, versetzte der Neid dir einen kleinen Stich. Dein Vater nickte bloß mit der gleichen Miene stillen Rechthabens, die er auch an den Tag legte, wenn die Trainerbank der Hearts endlich den Spieler einwechselte, nach dem er den ganzen Nachmittag gebrüllt hatte. Du meintest fast, sein obligatorisches »is aber auch langsam Zeit« über die Lippen des Alten kommen zu hören. Dir fiel auf, wie zwischen den Sehnen im Nacken deiner Mutter etwas auf- und abglitt wie bei einer Pumpgun. Das behielt sie einen Moment lang bei, bevor sie ihre Stimme wiederfand:– El Mondo   … mein kleiner El Mondo, plärrte sie deinen Spitznamen aus Kindertagen, den Namen auf all den Stierkampfpostern an deinen Kinderzimmerwänden, Mitbringsel vergangener Spanienurlaube.
    Alle anderen waren längst beim Essen, als dein Bruder eintraf, da schon mit leichter Schlagseite. John Lennox rückte ein Stück von seiner Frau weg, damit ihr jüngerer Sohn zwischen ihnen Platz hatte, als sei er ein Kind, um das sie sich abwechselnd kümmern müssten.– Hab gestern ein Vorsprechen in Glasgow gehabt, erklärte er,– da musste ich im Glasgower Ausland übernachten, und dann hatte mein Zug Verspätung. Gleisarbeiten.
    Du grinstest fies und sagtest zu deinem Vater:– Ja, so ist der Schienenverkehr runtergekommen, was, Dad?
    John Lennox war ein Mann mit der Neigung zu spleenigen Vorträgen über das, was in Großbritannien schiefgelaufen war und warum, wobei es stets auf die Eisenbahn herauslief. Die Wörter »Streckenstilllegung« und »Privatisierung« kamen ihm in einer Betonung über die Lippen, die andere für sexuell übertragbare Krankheiten reservierten, aber an diesem Abend hielt dein Vater mit seiner Ansicht hinterm Berg.
    – Dein großer Bruder will heiraten, Stuart, sagte Jackie. Ihre Beschwichtigungspolitik gegenüber Stuart tat beinah weh: Als knallharte Strafverteidigerin war sie zu niemand anderem je so nett.
    – Darf nicht wahr sein, Sherlock, lachte Stuart,– aber ich hatte mir schon gedacht, was der Anlass für diese kleine Feier war. Er goss sich ein Glas Champagner ein.– Auf Ray und Trudi, prostete er,– möge die Macht mit ihnen sein!
    – Stuart, sagte Jackie warnend.
    Dein Bruder ignorierte deine Schwester und musterte die zukünftige Braut.– Tja, Trudi, ich kann ja gegen einen Bullen als Bruder nichts machen, sagte er,– aber einen heiraten? Das ist ein verdammt mutiger Schritt, Scheiße, nee.
    Würdest du mit Handkuss, wenn du einen für dich interessieren könntest, hast du gedacht, dir aber auf die Zunge gebissen. Du begnügtest dich damit, zu sagen:– Tut mir leid, dass ich so eine schwere Prüfung für dich war.
    – Ich trag’s mit Anstand, lachte Stuart lauthals. Er blickte zu Donald, der eine Braue hochgezogen hatte, und Joanne, der seine Nummer offenbar gefiel. Ihre Augen sprühten wie eine Aspirin in einem Wasserglas.– Wissen Sie, vor Jahren sind ich und ein paar andere von der Schauspielschule jeden Morgen nach Dundee raufgefahren, um die Streikposten vor dem Timex-Werk zu unterstützen. Ich hab zu meinem Bruder gesagt: ›Wie kannst du diesen Job ertragen: die Reichen beschützen und die Armen wie Dreck behandeln?‹
    – Dann wirst du sicher auch jedem gleich erzählen, was ich darauf gesagt hab. Du hast den Gelangweilten gespielt, mit den Fingern auf den Tisch getrommelt und zur Decke gestarrt.
    – Aye. Du hast gesagt, diese Frage würdest du dir jeden Tag stellen. Stuart hielt inne und blickte sich in der stummen Runde um.– Jeden Tag, wiederholte er.
    – Ja, ja, sagtest du und tatest, als hinge es dir zum Hals raus.
    Aber Stuart war nun in die

Weitere Kostenlose Bücher