Crime
rochen immer so gut. Dass sie beinah ins Softballteam gekommen wäre. Momma auf der Tribüne, die Haare hinten durch die Baseballcap gezogen, Hemd und Jeans enger als bei den anderen Moms, ihre unruhigen, flirtenden Augen unter dem Mützenschirm. Dann tauchte eines Tages ein weiteres Gesicht neben ihr auf: Vince mit seinem breiten, unbekümmerten Lächeln. Dann waren sie in Jacksonville, dann in Surfside und jetzt hier, immer weiter Richtung Süden unterwegs, als zöge es sie zum Ozean. Als sie zum Fußball mit den begeisterten Latinomädchen gedrängtwurde, lief das Spiel an ihr vorbei. Momma wieder als Zuschauerin, das Haar kürzer, das Gesicht aufgeschwemmter, während sie selbst versuchte, den Ball unter Kontrolle zu bringen und gleichzeitig im Auge zu behalten, wer als nächster anderer neben ihrer alleinerziehenden Mutter saß.
Lennox hört im Radio, wie Elvis sich begeistert über seine Zeit in der Army auslässt. Er erinnert sich, die komplette Aufnahme bei einer Graceland-Führung gehört zu haben: in ihrer respektvollen Antipathie hatte sie keinerlei Ähnlichkeit mit dieser krude zurechtgekürzten Propagandasendung, die pauperisierte amerikanische Jugendliche animieren sollte, Berufssoldaten zu werden. Für die GI s von heute würde es allerdings weder eine Privatunterkunft in Deutschland geben, noch eine vierzehnjährige Priscilla. Deren Eltern, wie die Army, beide Augen zugedrückt hatten, als der King ihre Tochter missbrauchte. Er sei ein Gentleman gewesen, hieß es.
Lennox fährt eine Tankstelle an. Der Benzingestank mischt sich mit den frittierten Chemikalien aus dem McDonald’s nebenan. Bei dieser Hitze waren sie wahrscheinlich berauschender als das wässrige Bier, nach dem ihn eine blaue Leuchtreklame lechzen lässt. Der angeschlossene Shop ist ein schmuddeliger, vor sich hin krebsender Ramschladen, das Angebot besteht aus Kühlschrankmagneten in der Form verschiedener Staaten, einer Auswahl an Zeitungen und Snacks, unter anderem Chips, die für ihn immer noch Crisps heißen, und ein gruslig aussehendes Zeug, das sich »Beef Jerky« nennt. Als abgepackte Missgeburt aus Fleisch und Süßigkeit, wird es sich dabei kaum um gesunde Kost handeln. In einem Glaskasten drehen sich taubengroße Hähnchen am Grill. An der Wand hinter der Theke stapeln sich reihenweise Zigaretten in einem Regal, ganz oben liegen Pornohefte, wie Lennox sofort an den geschwärzten Titelseiten erkennt.
Tianna guckt sich die Magnete der verschiedenen Bundesstaaten an; ihre Momma sammelte die, zwei von Illinois zierten ihren Kühlschrank. War bescheuert, so ein Zeug zu sammeln, die Scheißdinger kamen immer weg, und man kriegte nie die Serie komplett.
Lennox kauft einen Autoatlas von Miami-Dade County und eine Faltkarte mit den Hauptstraßen und Ortschaften des Staates Florida.– Gibt’s hier in der Nähe ein Internetcafé?, fragt Lennox den Verkäufer.
– Nein, nicht dass ich wüsste. Von wo stammen Sie?
– Schottland.
– Sean Connery!
– Aye. Ich wollte bloß ein Fußballergebnis wissen.
Der Verkäufer vergewissert sich, dass sonst niemand im Laden ist, dann führt er Lennox in einen kleinen Raum, der als Personalraum ausgewiesen ist. Er schaltet einen Computer an und geht ins Internet.– Ich bin aus Mexiko. Schottland wird’s wohl nicht zur Weltmeisterschaft schaffen, oder? Lennox schüttelt bedauernd den Kopf und geht auf die offizielle Hearts-Homepage. Gegen Kilmarnock hat es ein Zwei-eins gegeben. Na, das ist doch mal was. Damit sind sie komfortabel in der nächsten Runde. Dann guckt er noch schnell im Fan-Forum Kickback rein. Maroon Mayhem hat wieder gepostet.
Die Fotze kritisiert, nein, beleidigt Craig Gordon wegen eines kleinen Drecksfehlers. Er kann es einfach nicht lassen.
Lennox schickt einen Kommentar als Ray of Light:
Wie bescheuert muss man eigentlich sein? Der beste Keeper, den Schottland seit Ewigkeiten hervorgebracht hat, und für die Hearts soll er nicht gut genug sein? Oder gerade gut genug, damit Flaschen wie Maroon Mayhem ihm ans Bein pissen können?
Er dankt dem Tankwart, wünscht Mexiko alles Gute für die WM , bevor ihm einfällt, dass sie ja im Hibernian Greenspielen. Draußen studiert Lennox, in der Sonne blinzelnd, den Straßenplan von Miami-Dade County, findet aber kein Bologna, den Wohnort oder Ankerplatz dieses Chet. Dann sucht er auf der Gesamtkarte von Florida. Bologna liegt an der anderen Seeseite des Staates, am Golf von Mexiko. Die Tabelle am Ende des Buches verrät ihm, dass
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