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Crime

Crime

Titel: Crime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh , Pößneck GGP Media GmbH
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Edinburgh denken, Kenny Richey, der seit jetzt zwanzig Jahren in einem Gefängnis in Ohio in der Todeszelle sitzt, und das für ein Verbrechen, von dem selbst die Staatsanwaltschaft meint, dass er es kaum begangen haben kann. Das Rechtssystem ist hier genauso mittelalterlich wie überall sonst, wenn man nicht reich ist, die richtigen Beziehungen hat oder sich mit den Mächtigen anlegt. Es hat eine Farbe, und diese Farbe ist grün. Es gibt ein Recht für Rodney King und ein anderes für O.   J.   Simpson.
    Taub für das traurige, vereinsamte Klingeln des öffentlichen Fernsprechers, steigen sie wieder ins Auto. Lennox steigt aufs Gaspedal und sieht die empörte Familie im Rückspiegel kleiner werden. Sie fahren durch Wohnviertel, unterbrochen von Parkplätzen und Einkaufszeilen mit wenig einträglichen Geschäften wie Büros billiger Versicherungsmakler, Läden für Elektroreparaturen oder Zoohandlungen.
    Nachdem sie von der 27 th Avenue falsch abgebogen sind, kommen sie durch ein Viertel voller schwarzer Jugendlicher, die in dumpf brütender Aggressivität an Straßenecken oder auf den Veranden vergammelnder Häuser herumlungern. Instinktiv versteht er ihre ungeheure Wut: sie stehen im Getto unter ökonomischer und sozialer Quarantäne und werden beherrscht von dem Wunsch, Löcher in eine Welt zu treten, die sie unnachgiebig aussperrt.
    – Halt möglichst nirgendwo an einer Ampel, schärft Tianna ihm ein.– Ich glaub, das hier ist Liberty City.
    Lennox hält sich so weit wie möglich daran und fährt erst ein Stück Richtung Westen, dann nach Süden und dann wieder Richtung Westen.– Ziehst du dich immer so an?, fragt er Tianna.
    Ihr Gesichtsausdruck wird ein bisschen pampig.– Muss wohl.
    – Ziehen sich die anderen Mädchen an deiner Schule auch so an?
    – Na klar.
    Lennox spürt, wie er skeptisch die Unterlippe vorschiebt, während draußen die Zubringerstraßen zu verschwinden beginnen und die Stadt ausdünnt. Tianna zieht etwas aus ihrer Tasche. Es sind Sammelbilder: Baseballbilder. Während sie sie durchsieht, stellt er das Radio wieder an.
    Ein blecherner, halbherziger Discogroove zischelt aus den Autoboxen. Er stimmt ihn ab, bis der Sound satter kommt. Die Musik durchdringt ihn, und sein überreizter Körper springt an wie durch die leere Erregung eines Koks-Kicks. Der Beat fährt ihm wie ein Messer in die Rippen. Lennox fühlt sich, als täte er etwas Illegales, und fragt sich, ob es stimmt oder nicht. Er versucht, ein plötzliches Zucken seiner linken Gesichtshälfte unter Kontrolle zu bringen. Sehnt sich nach der dumpfen Schlagkraft seiner Psychopillen. Möchte vorspulen zu dem Moment, in dem er den Kater hinter sich hat und sich die Schönheit der Welt wie eine Blume öffnen wird.
    Tianna weiß, dass er verärgert ist, weil sie mit diesen Jungs geredet hat. Der ältere, was der wollte, wusste sie. Aber absolut ausgeschlossen, dass ich den rangelassen hätte, oder er mich rumgekriegt hätte oder so was. Der war doch noch ein kleiner Junge. Und der Schotte, dieser Bobby Ray, man konnte meinen, er wär eifersüchtig gewesen. Wenn einMädchen eine Frau sein kann, vielleicht kann dann ein erwachsener Mann auch zum Jungen werden. Sie kurbelt das Fenster runter, schüttelt ihre Haare im Fahrtwind zurück, legt den Ellbogen auf die Fensterkante und wünscht sich, sie hätte eine coole Sonnenbrille auf.
    Nach einer Weile fahren sie auf den Parkplatz einer großen Mall.– Warum halten wir hier?, fragt Tianna.
    – Wir kaufen dir neue Klamotten.
    – Wahnsinn!
    – Ich suche sie aus, sagt Lennox und öffnet die Autotür,– oder kann zumindest Nein sagen. Schließlich bist du mit mir unterwegs, sagt er mit Nachdruck, als sie eine beleidigte Schnute zieht.
    Tianna steigt aus und knallt die Tür zu. Sie starrt ihn, im Sonnenlicht blinzelnd, von der anderen Seite des Wagens an. Wieder in dieser Modelpose.
    – Was gibst du mir dafür?
    Ihr Tonfall, während sie zu ihm rüberkommt, ist auf eine Weise kokett, die ihm unangenehm ist.– Du kannst einen Milchshake haben. Er zeigt auf einen der Läden, eine Eisdiele.– Da steht, sie haben den besten Shake in ganz Florida.
    Tianna lässt die Hüften kreisen, stippt den Hintern raus, wackelt damit und erklärt:– Ich hab den besten Shake in ganz Florida!
    Lennox will lachen, weil die Kleine witzig ist. Aber sie tritt hier nicht zum Poledance an, und es ist unpassend, dass sie so tut. Er verwandelt den Impuls, nervös zu kichern, in ein Stirnrunzeln.
    Sie sieht, wie

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