Crime
wo du wohnst und wo du arbeitest. Aber am allerwichtigsten, ich weiß genau , was du treibst und mit wem du unter einer Decke steckst. Du bist erledigt, Sonnenschein.
Falls Lance Dearing das aus der Fassung gebracht haben sollte, dann kann er es hervorragend überspielen.– Unser schottischer Freund. Jetzt hören Sie mal zu, Ray: Sie stecken in ernsthaften Schwierigkeiten. Ich sag Ihnen mal eins: Wenn Sie das Mädchen nicht umgehend wieder der Obhut seiner Mutter, einer langjährigen, engen Freundin von mir, übergeben, lasse ich einen APB rausgehen, und zwar wegen Entführung einer Minderjährigen aus Florida. Daran liegt Ihnen bestimmt nichts, Raymond: Darauf können Sie sich verlassen.
Nicht übel, denkt Lennox. Professioneller Tonfall. Klärt mich über den Ernst der Lage auf, benutzt aber gleichzeitig meinen Vornamen, um Freundschaft und Verständnis anzudeuten. Versucht, dich zu isolieren, während er sich gleichzeitig als deinen einzigen Verbündeten präsentiert.– Das soll wohl bedeuten, dass Sie meine Personenbeschreibung an alle Streifenwagen durchgeben, was?, fragt er. Gut möglich, dass Dearing nicht blufft.
– Genau das werde ich tun. Ich habe bisher nur deswegen davon Abstand genommen, weil Robyn und Tianna dannnoch mehr Ärger mit dem Jugendamt bekommen würden. Außerdem, und vielleicht mache ich mich da zum Idioten, glaube ich, dass Sie nur ihr Bestes im Sinn haben. Aber lassen Sie mich Ihnen eins sagen: Sie haben sich da verrannt und werden sich selbst und auch Robyn und dem Kind ernsthaften Schaden zufügen, wenn Sie sie noch länger von ihrem Zuhause fernhalten.
– Zuhause? Ein Loch voller dreckiger Pädophiler, hört er sich sagen,– das ist kein Zuhause für ein Kind!
Lennox wird bewusst, dass in jedem Atom seines Körpers dieselbe Ahnung vibriert: dass er auf etwas weit Größeres gestoßen ist, als nur einen betrunkenen Perversen und eine zugekokste, degenerierte Mutter, die ihr Kind mal wieder alleingelassen hat. Er weiß nur nicht, was es ist, noch kann er sich Dearings Rolle dabei erklären.
– Ich denke, Sie haben das alles missverstanden, Ray. Sie liegen da ganz weit daneben.
Er muss nachdenken, es von dem Mädchen in Erfahrung bringen. Und von diesem Chet.– Ich ruf Sie später wieder an. Entweder unter dieser Nummer oder auf Ihrem Handy. Ihre Entscheidung.
– Wo sind Sie jetzt, Ray?, fragt Lance Dearing gelassen.
Lennox reicht es allmählich mit telefonischen Verhören.– Geben Sie mir Ihre Handynummer. Jetzt. Oder ich lege auf.
Als Lance Dearing nach einem Moment der Stille wieder spricht, wirkt er etwas vorsichtiger.– Okay, Ray, aber passen Sie gut auf das kleine Mädchen auf, hören Sie mich? Dann spricht er ihm betont deutlich seine Nummer vor, und Lennox kritzelt sie in Trudis Notizbuch, das Hochgefühl seines kleinen Sieges genießend.
– Tun Sie das Richtige, Ray, sagt Dearing,– für das kleine Mädchen und seine Momma.
Irgendwie gibt er zu schnell klein bei. Blufft er nur, oderhat er alle Asse in der Hand? Lennox traut sich da kein Urteil zu.
Dann sengt sich in einem brutalen Flashback das Bild von Johnnie auf Tianna in sein Gehirn, wie er versucht, sie zu vergewaltigen. Ich steh nun mal auf den Geschmack von Babymuschi . Und dann Lance’ unbekümmerte, lässige Haltung: Wir haben uns alle ein bisschen hinreißen lassen.
– Wenn Sie mit dem Kind die Grenze eines Bundesstaats überqueren, bekommen Sie echte Schwierigkeiten–, setzt Lance an.
– Halt deine Scheißfresse, du Wichser, faucht Lennox.– Du wirst die Schwierigkeiten kriegen, das garantier ich dir, und damit knallt er den Hörer auf. Er sieht Tianna erwartungsvoll auf sich zukommen. Versucht, sein Zittern unter Kontrolle zu bringen.
– Ne große Auswahl hatten die nicht. Ganz schön lausig für ne Mall, aber ein paar gute Sachen hab ich gefunden, und damit zieht sie eine Plastiktüte aus ihrem Schafsrucksack.
– Umpf. Lennox sieht sich die CD s an. Es würde eine lange Fahrt werden. Er schaut Tianna an.– Gehen wir dir was zum Anziehen kaufen. Bedecken wir dich ein bisschen.
– Na schön.
Es ist Montagmorgen, und viele der Läden haben geschlossen, einschließlich Macy’s, das, wie sie ein Zettel informiert, gerade Inventur macht.– Sears hat offen, sagt Lennox und zeigt auf den großen Laden.
Tiannas Gesicht wird etwas spitz.– Da würde ja nicht mal Mommas Oma drin einkaufen. Sie hat recht: Es sind nur alte Leute drin. Hier würde meine Ma einkaufen, wenn sie Amerikanerin
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