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Crime

Crime

Titel: Crime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh , Pößneck GGP Media GmbH
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klingt. Er hat Trudi so viel zugemutet, und jetzt fährt er ihr weg, so schnell er kann, mit einem Kind, das er kaum kennt.
    Tianna blickt ihn wachsam an.– Du bist keiner von   … von Mommas Freunden?
    – Nein, sagt er mit Nachdruck, als er sich beim Gedanken an Robyns struppige Schamhaar-Raupe und ihre wichsende Hand in seiner Hose beinahe schüttelt,– wir kennen uns nur.
    Das scheint die Kleine aufzuheitern.– Irgendwie mag ich dich, Ray, sagt Tianna mit breitem Grinsen.
    – Ich mag dich, sagt Lennox lächelnd, den Blick geradeaus gerichtet, als ihm auffällt, dass es stimmt. Dann versteift sichsein ganzer Körper, als er spürt, wie das Mädchen unüberlegt ihre Arme um seinen Rumpf schlingt. Sie bemerkt seine Fahrigkeit, zieht sich sofort zurück und sieht sich gleichzeitig von Lennox’ Hand zurück auf ihren Sitz geschubst.– Lass das, schimpft Lennox und fügt hinzu,– ich fahre!
    Er schließt die rechte Hand fest ums Lenkrad und spürt, wie sich die winzigen gebrochenen Knochen in seine Sehnen bohren, während Tianna sich mit funkelnden Augen wieder in ihren Sitz sinken lässt. Sie holt die Baseball-Sammelkarten wieder aus der Tasche.
    Lennox begreift, dass er Angst vor diesem Kind hat, Tiannas körperliche Nähe fürchtet, den Schaden, den sie ihm zufügen könnte, nachdem sie einmal ihre Macht gespürt hatte. Er hat schon oft beobachtet, wie Menschen, denen man schweres Unrecht angetan hatte, sich zum berechnenden Tyrannen wandeln konnten; er wird einfach versuchen müssen, ihre Intelligenz und Menschlichkeit anzusprechen. Im Radio läuft »Angel of the Morning«, und Lennox dreht am Einstellknopf. Er bleibt bei einem R’n’B-Sender hängen, dessen Ansager gerade kreischt: »Und hier kommt Beyoncé mit den großen Milchtüten!«
    Tianna lacht, als Lennox das Gesicht verzieht und erneut den Suchlauf drückt. Während er fährt, spürt er ihren abschätzenden Blick auf sich ruhen. Das Schweigen bleibt bestehen, aber als sie an einem touristisch erschlossenen Indianerdorf vorbeikommen, hält Lennox an. Er muss aussteigen und sich ein bisschen die Beine vertreten. Steifheit und Übermüdung nagen an ihm. Er setzt seine neue Baseballcap auf und versucht die Schnalle zu verstellen, trotzdem wird sie nicht so bequem wie die alte. Entdeckt ein Schild, das für Ausflüge in den Sumpf wirbt. Sie hatten über Alligatoren gesprochen, und er hatte noch nie einen gesehen, genauso wenig wie Tianna. Es war verrückt– ein Kind aus Florida! Auf eine Stunde mehr oder weniger kam esnicht an. Tianna beugt sich vor, um die Zeitschrift aufs Armaturenbrett zu legen, und Lennox sieht, wie sein heißer Atem die dünnen Härchen auf ihrem Handgelenk bewegt. Er steigt aus und merkt, dass ihm das Hemd wie eine zweite Haut am Rücken klebt. Er bewegt die Schultern, um es zu lösen, und findet sich dann einfach damit ab. Er reckt seine steifen Glieder und lässt sich von der grellen Sonne besprenkeln.– Sehn wir uns doch mal diese Alligatoren an, meint er lächelnd, sieht, wie sie große Augen macht, und wartet auf ein weiteres »Wahnsinn«. Er wird nicht enttäuscht.
    Sie buchen eine Fahrt auf einem Swamp-Cruiser: ein Gefährt mit Außenborder und einem Drahtkäfig um die Passagiersitze, was beruhigend und beunruhigend zugleich wirkt. Neben dem mageren, irre guckenden Führer, dem sie so dicht gegenübersitzen, dass Lennox spürt, wie sich ihre Knie berühren, sind noch zwei ältere Frauen mit an Bord und zwei junge Paare, eins davon mit Baby. Der Motor springt stotternd an, und das Boot legt ab. Der indianische Führer, der sich als Four Rivers vorgestellt hat, warnt sie:– Lasst die Finger lieber im Käfig, wenn euch was an ihnen liegt!
    Während sie langsam zu den Mangrovensümpfen tuckern, ist Tianna schwer beeindruckt von den allgegenwärtigen Alligatoren jeder Größe. Manche ziehen wie Treibholz vorbei, nur die Augen über dem Wasserspiegel, andere liegen teilweise untergetaucht an seichten Stellen. Die meisten sonnen sich am schlammigen Ufer unter den Mangroven und sehen still-verschlagen aus.– Das ist sooooo super!, quietscht Tianna begeistert.
    Lennox betrachtet die Alligatoren mit Skepsis. Vor allem, wenn sie an einer Gruppe größerer Tiere vorbeikommen. Diese fetten, grinsenden Viecher sehen so zufrieden und heimtückisch aus wie altgediente Hooligans, die sich unterden Sonnenschirmen irgendeines Cafés auf dem Kontinent entspannen. Sie hetzen sich nicht ab, um nach Opfern zu suchen. Sie sitzen geduldig

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