Crimson - Teuflische Besessenheit (German Edition)
geben.
Oh Herr und großer Gott, strafe die Sündigen und erhelle die Gehorsamen!
Elsas Aussage über ihren Bruder konnte ich nun ebenso keinen Glauben mehr schenken. Vielmehr lag es nahe, dass sie ihre Schwester gemeint hatte, als sie von ihrem Bruder erzählte. All das waren reine Täuschungsmanöver, um von jeglichen Verdächtigungen gegen ihren Bruder oder Halbbruder, abzulenken. Dies war mir so weit verständlich, als sie fest davon überzeugt war, dass ihr Vater einen zu starken Einfluss auf die Familie ausübte und Steve demnach keinerlei Schuld zuwies. Bei diesen zerrütteten Familienverhältnissen war mir ihre Reaktion auch völlig klar, und ich hegte nicht im Geringsten Zorn gegen sie, trotz ihrer Lügen. Ich konnte von ihren Aussagen her eher von Halbwahrheiten reden.
Doch dass Elsa immer noch verschwunden blieb, machte die Situation nicht gerade besser. Ich wurde den Gedanken nicht mehr los, dass sie in allergrößter Gefahr war, nachdem ich ihr Schicksal nun kannte. Dieser Teufel würde seinen sündigen Schweif im Namen des Herrn in sie hineinstoßen, und es könnte ihm auch noch gewaltigen Spaß machen.
Ich schloss die Augen, meine Vorstellungskraft schien überhand zu nehmen, und ich konnte förmlich diese unheiligen Stöße spüren und Elsas Schreie hören. Ich fragte mich, warum Gott bei solchen Schreckenstaten nicht eingreift. Allein mit meiner Verzweiflung saß ich auf dem kalten Boden, angewidert von der Güte des Herrn!
Eben wollte ich das Buch in diese verfluchte Truhe zurückwerfen, als ein weiterer Geistesblitz mich davon abhielt. Ich blätterte erneut durch die Seiten und durchforstete mit höchster Aufmerksamkeit die Fotos. Ich wurde tatsächlich fündig und war äußerst überrascht. Unter dem Namen Iwanka Saizew konnte ich ein Foto erkennen, das mich nun völlig aus der Bahn warf: Diese Frau war meine falsche Sekretärin! Zum Teufel auch, sie befand sich in einem weit entfernten Verwandtschaftsgrad mit den Brauners. Doch das Seltsame daran war, dass ihr Familienname identisch mit dem von Dimitrij war. Entweder war dies ein weiterer mysteriöser Zufall, oder sie war verwandt mit ihm. Meine weitere Suche konnte aber keinen Dimitrij finden, und so hätte diese Verbindung nur aus einer Heirat entstehen können. Wenn diese Theorie der Wahrheit entsprach, würde es eine Lawine ungelöster Fragen geben. So konnte ich mir zum Beispiel vorstellen, dass die damaligen Funksprüche von ihr und Dimitrij stammten, der laut dem Stammbuch keineswegs mit den Amish verwandt war. Genauso bestand der dringende Verdacht, dass der russische Brief ebenfalls von ihm stammte. Möglich, dass sie hier war, um mir zu helfen, obgleich dies nicht passte, da Bileam von ihr wusste. Entweder trieb sie ein doppeltes Spiel, wie es für den KGB üblich war, oder sie arbeiteten gegen mich, wovon ich aber ebenso nicht ausging, denn wozu sollte der russische Geheimdienst solch einen weiten Weg gemacht haben? Um mich zu kontrollieren? Blödsinn!
Ich legte das Buch zurück und griff nach dem auffällig schmucklosen Kelch. Darin erkannte ich überraschenderweise getrocknetes Blut, was ich mir selbst durch einen Riechtest bestätigte, was gar nicht so einfach war, da das Messing den Geruchsinn täuschen kann.
Ich fragte mich, welch ekelerregende Rituale damit vollzogen wurden, und sogleich dachte ich an die Leichen, denen das Blut abgelassen worden war. Ich wollte gar nicht daran denken, dass die Chlysten den roten Lebenssaft aus diesem Kelch womöglich auch noch tranken. Widerwärtig!
Ich legte die Sachen wieder zurück, schloss den Deckel und dachte nach. Wer zum Teufel hatte diese Truhe hier »vergessen«? Ich konnte mir vorstellen, dass, wenn diese Kiste hier nicht von den Chlysten platziert worden war, dann von einem, der sie bekämpfte. Und wenn dem so wäre, konnte ich davon ausgehen, dass dies ein Opfer gekostet hatte, denn freiwillig hätten sie diese Utensilien bestimmt nicht aus ihrem Besitz hergegeben. Teasle musste wahnsinnig sein!
Dieser Kelch erinnerte mich sehr an den heiligen Gral, von dem erzählt wird, dass in ihm das Blut Christi aufgefangen wurde, und dass derjenige der daraus trinkt, unsterblich werde. Doch ehrlich gesagt, verging mir der Drang danach, es auszuprobieren. Keinesfalls würde ich daraus Blut trinken wollen, zudem würde es mir nicht im Traum einfallen, mich auf den letzten Kreuzzug zu begeben.
Plötzlich bemerkte ich jedoch, wie ich erneut schläfrig wurde, als würde mein Körper einer
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