Crimson - Teuflische Besessenheit (German Edition)
Wänden war. Die Symbole glichen einem Winkelmaß und einem Zirkel, die übereinandergelegt waren. Über diesem Zeichen war zusätzlich ein großes »G« zu lesen. Darunter hing ein eingerahmtes Bild, auf dem fünf Begriffe standen. Ich las sie leise vor.
»Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz, Humanität.« Ich sah ihn fragend an.
»Das sind unsere Grundsätze, nach denen wir streben, Sheriff.«
»Die Grundsätze von wem?«
»Von uns.«
»Und wer ist ›uns‹?«
»Jake, Sie befinden sich in der einzigen Loge in Alaska, die sich aktiv mit dem Fanatismus des Glaubens beschäftigt. Wir sind die Letzten unserer Art in diesem dunklen Land, und mit Bedauern muss ich Ihnen mitteilen, dass es nicht mehr allzu viele von uns gibt.«
»Wer ist ›uns‹?«, fragte ich erneut energisch nach.
»Wir gehören zum Bund der Freimaurer!«
»Der Freimaurer?«, gab ich teils entsetzt, teils überrascht von mir. »Verstehen Sie mich nicht falsch, aber wenn ich an diese Leute denke, kommen mir gleich die wildesten Ideen in den Sinn, und besonders wohl oder gar sicher fühle ich mich nicht dabei. Was zum Teufel wollt ihr von mir?«
»Parker meinte, Sie …«
»Also ist Parker auch ein Freimaurer? Himmel hilf, sind hier denn alle total wahnsinnig geworden?«
»Parker ist sozusagen der Logenmeister dieser …«
»Sekte?«, vervollständigte ich seinen angefangenen Satz, wobei ich mir sicher war, das richtige Wort gefunden zu haben.
»Ethischen Vereinigung«, korrigierte mich Womack mit großer Bestimmtheit. Er war sehr überzeugend.
»Sagen Sie jetzt aber bloß nicht, Sie wollen mich von den Chlysten abwerben«, sagte ich fast schon belustigt. Sofort bemerkte ich, dass der Witz nicht gut bei ihm ankam. Er schien die Anhänger Rasputins nicht wirklich zu mögen.
»Hier geht es nicht um eine Mitgliedschaft oder dergleichen, sondern es handelt sich um etwas völlig anderes. Parker meinte, es sei von äußerster Wichtigkeit, dass Sie davon erfahren. Hier geht es in erster Linie um Sie, Mister Dark.«
»Um mich? Zum Teufel auch, die ganze Zeit geht es nur um mich, wie ich mein Leben vor dem Tod und all dem ekelhaften Übel, das sich wie eine Horde Parasiten um mich herum angehäuft hat, bewahren kann. Erzählen Sie mir nicht, dass es um mich geht, darüber weiß ich Bescheid.«
»Ich glaube kaum, dass Sie ›Bescheid‹ wissen, und ich wage sogar zu behaupten, dass Ihnen die eigentliche Wahrheit immer noch verborgen ist. Eine Wahrheit, die für Sie vielleicht erschreckender ist, als Sie erahnen. Es ist möglich, dass Sie daran zerbrechen werden und für immer verloren sind.«
»Ziemlich große Worte! Kann es sein, dass Sie zu viel ferngesehen haben? Na, wohl nicht, hier steht ja keine Glotze, aber hören Sie sich eigentlich selbst zu? Dieses Geschwätz von Glaube und dem ach so herrlichen Reich geht mir langsam auf die Nerven. Ihre lächerlichen Gruppierungen sind doch nichts weiter als Hilfeschreie gegen die Einsamkeit, ist es nicht so? Dieses ganze Sektenpack, ach, was rede ich, alle, die nur in irgendeiner Art und Weise Mitglieder in einer religiösen Gemeinschaft sind, haben doch nicht mehr alle Tassen im Schrank! Wenn ich nur daran denke, wird mir schlecht. Aber was erzähle ich da eigentlich? Rede mit einer Wand, und dir wird gewahr, dass du in die Klapse gehörst!«
Mein Adrenalinspiegel war auf dem Höchststand, und ich war dermaßen in Rage, dass ich kurz davor war, zu platzen.
Wutentbrannt setzte ich mich schließlich auf einen der bequemen Ledersessel.
»Kann ich Ihnen einen Tee anbieten?«, fragte Womack.
»Sie dürfen«, giftete ich ihn an.
Ich atmete ein paar Mal tief durch.
»Auf was warten wir hier?«
»Bis die anderen eintreffen. Es wird wohl noch eine halbe Stunde dauern, die Straßen sind schwer zu passieren, wissen Sie?«
»Ach wirklich?« Bleib ganz ruhig, Jake!
Während ich meine Blicke im Raum umherschweifen ließ, versuchte ich, meine Stimmung ins Positive zu wenden. Ich war heilfroh, dass hier keine Jukebox stand.
Die Zeit verstrich, draußen peitschte der Wind, es hatte den Anschein, dass ein Schneesturm das Land heimsuchte. Die Böen rüttelten an den Scheiben und verwandelten die Wartezeit in einen geisterhaften Heiligen Abend.
In den letzten Minuten trafen immer wieder die verschiedensten Leute ein, die allesamt eines gemeinsam hatten: Sie starrten mich an, als wäre ich einer der Leprakolonisten, die laut den Aussagen der Bürger von New Rock in der Nähe von Crimson leben
Weitere Kostenlose Bücher