Crimson - Teuflische Besessenheit (German Edition)
mir zusammen auf die Polizeischule zu gehen. Er war ein ausgezeichneter Schüler, und wir beide strebten danach, einen hohen Posten als Officer zu erreichen, wenn möglich als County-Sheriffs, wobei ich aber später die leitende Stelle in New Rock bekam. Steve jedoch störte das nicht allzu sehr. Er hielt stets Ausschau nach einem anderen freien Amt als Gesetzeshüter. Er bekam auch einige Angebote, doch er konnte sich nie von seiner wahren Vergangenheit lösen und wollte New Rock nicht verlassen. Der Drang nach seiner Familie war allgegenwärtig. Hier konnte er zumindest in unserer Welt bleiben, und dabei nah bei seiner Familie sein.«
»So wie Sie, nicht wahr?«
»Auf was spielst du an?«
»Darauf, wie Sie über uns ›Nicht-Amishen‹ sprechen: die Englischen. Bezeichnen denn nicht die Amish alle Menschen so, die sich nicht ihrer Überzeugung anschließen? Ebenso sprachen Sie von dieser seltsam benannten Taufe als Jugendliche, deren Bezeichnung ich noch nie vernommen habe und die ein gewisses Know-how voraussetzt. Auch Ihre Aussage, dass er sich zusammen mit Ihnen der Polizeischule angeschlossen hat. Für mich klingt das so, als hätten Sie sich ebenfalls für diese Welt hier entschieden, Mister Teasle, oder sollte ich besser Mister Tanner sagen?«
Ich bemerkte, wie Sams Hände zu zittern begannen, als hätte ich seine Vergangenheit erneut zum Leben erweckt, auch wenn sie noch so weit zurücklag.
»Dieses Versteck hier mag bestimmt einer der Orte sein, an denen man kaum jemanden vermutet, dennoch behaupte ich, dass es kein Zufall ist, dass Sie sich hier verkriechen, wobei ich, wenn ich mir das hier so ansehe, Ihnen recht geben muss, wenn Sie behaupten, hier zu wohnen. Sie kennen diesen Ort nur zu gut, nicht wahr, Tanner?«
»Sei still, Jake!«, rief er wütend, doch ich dachte nicht im Traum daran, aufzuhören. Ich wollte endlich die Wahrheit erfahren!
»Sie kennen sich hervorragend aus, was die Welt der Amish angeht – ihre Bräuche, ihre Glaubensbekenntnisse und Sie wissen alles über ihre Rituale. Ebenso scheint dieses Gebäude ein Teil ihres Lebens gewesen zu sein, da Sie wohl jeden Schlupfwinkel davon kennen. Nicht umsonst konnten Sie mein Gespräch mit diesem Abschaum vom KGB mithören, ohne dabei entdeckt zu werden. Ihr Vater war wohl auch einer der Amish, jedoch lernten Sie ihn erst wirklich kennen, als eines dieser ›Race of Unholy‹ im vollen Gange war, oder irre ich mich? Aber ich glaube, Sie dachten keineswegs daran, Ihrem Vater die Genugtuung zu geben, seine Taten gutzuheißen. Genauso gehe ich davon aus, dass Ihre Mutter und Ihre restliche Familie eine gegensätzliche Meinung vertraten.«
»Lass es endlich ruhen, Jake!«, rief er und sprang auf.
»Nein, Sam, ich denke nicht daran. Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass Ihr Vater eines Nachts nach Hause kam, seine Hände vom Morden gezeichnet, zornig auf sein eigenes Fleisch und Blut, sodass er nicht mehr entscheiden konnte, wer nun wirklich seine Feinde waren.«
Sam kam plötzlich auf mich zu und versetzte mir einen dermaßen kräftigen Faustschlag ins Gesicht, dass Blut floss. Eine Wunde klaffte an meinem linken Wangenknochen.
»Schweig!«, schrie er, und ich erkannte in seiner Stimme den stummen Schrei eines Kindes, das mit ansehen musste, wie der fürsorgliche Vater sich in ein Monster verwandelt hatte.
Als er sah, wie ich vor mich hin blutete, glaubte ich in seinem Gesicht eine Art von Reue zu erkennen, als wäre er sich seiner Tat jetzt erst bewusst, und er beruhigte sich etwas: Er atmete ein paar Mal tief durch. Eine lang anhaltende Stille trat ein.
»Es war um die gleiche Jahreszeit wie jetzt «, fing er plötzlich an. »Ich konnte in jener Nacht nicht schlafen, ich hörte meine Mutter bis weit nach Mitternacht weinen, nachdem mein Vater wieder einmal in der Dunkelheit fortgegangen war. Er sprach immer davon, dass er ausziehe, um den Teufel zu bezwingen, doch meine Mutter wollte diese Art von Ausrede nicht mehr akzeptieren, da sie ihn auch anders kannte. Immer wieder versuchte sie, ihn zu überzeugen, dass sein Weg nicht Gottes Wille war, doch er wollte nicht hören. ›Die Zeit ist reif‹, hat er immer wieder gesagt. ›Der Messias kommt erneut auf die Welt, und ich muss den rechten Weg für ihn finden.‹«
Sam schwieg einen Moment, während ich versuchte, die Blutung meiner Wunde mit einem Taschentuch zu stoppen.
»In jener Nacht kehrte dann Vater heim, so wie er es immer getan hatte. Er war noch so stark im
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