Crisis
nirgendwo finden konnte, keine weiteren nicht-invasiven Herzuntersuchungen durchführen lassen.«
»Wir haben die Aufzeichnung in der Praxis noch nicht wiedergefunden, nur die Ergebnisse. Aber du hast recht. Sie hat jegliche Herzuntersuchung verweigert.«
»Also könnte sie einen angeborenen Rechts-links-Shunt gehabt haben, der nie diagnostiziert wurde.«
»Welchen Unterschied würde das machen?«
»Womöglich hatte sie einen schweren Herzfehler oder ein Problem mit ihren Koronargefäßen, was uns zu der Frage eines Mitverschuldens bringt, da sie eingehendere Folgeuntersuchungen nach deinem Belastungs-EKG verweigert hat. Und was noch wichtiger ist, wenn sie tatsächlich einen schweren Herzfehler hatte, könnte man argumentieren, dass das Ergebnis das gleiche gewesen wäre, selbst wenn sie sofort ins Krankenhaus gebracht worden wäre. Wenn das der Fall wäre, müssten die Geschworenen zu deinen Gunsten entscheiden und du würdest den Prozess gewinnen.«
»Interessante Argumente, aber leider ist das alles rein akademisch. Es hat keine Autopsie gegeben, und so werden wir nie erfahren, ob sie eine Fehlbildung hatte.«
»Nicht unbedingt«, entgegnete Jack. »Es hat zwar keine Autopsie gegeben, aber das bedeutet ja nicht, dass nicht noch eine durchgeführt werden könnte.«
»Du meinst, man könnte die Leiche exhumieren?«, fragte Alexis aus der Küche. Sie hatte offensichtlich zugehört.
»Vorausgesetzt, sie wurde nicht eingeäschert.«
»Sie wurde nicht eingeäschert«, sagte Craig. »Sie wurde auf dem Park Meadow Cemetery begraben. Das weiß ich, weil Jordan Stanhope mich zur Beerdigung eingeladen hatte.«
»Ich gehe davon aus, das war, bevor er dich wegen eines Behandlungsfehlers verklagt hat.«
»Offensichtlich. Das war noch ein Grund, warum ich so verblüfft war, als mir die Ladung und die Klageschrift zugestellt wurden. Warum sollte der Mann mich zur Beerdigung einladen und mich dann verklagen? Das ergibt genauso wenig Sinn wie alles andere in diesem Fall.«
»Bist du hingegangen?«
»Ja. Ich fühlte mich dazu verpflichtet. Ich meine, es hat mir zu schaffen gemacht, dass es mir nicht gelungen ist, die Frau wiederzubeleben.«
»Ist es schwierig, eine Autopsie durchzuführen, wenn jemand schon fast ein Jahr unter der Erde liegt?«, fragte Alexis. Sie war zu ihnen herübergekommen und hatte sich aufs Sofa gesetzt. »Es klingt so makaber.«
»Das weiß man nie im Voraus«, sagte Jack. »Zwei Faktoren sind entscheidend. Erstens wie gut der Leichnam einbalsamiert wurde. Und zweitens ob das Grab trocken geblieben oder die Sargabdichtung noch intakt ist. Das kann man erst feststellen, wenn das Grab geöffnet wird. Aber unabhängig davon kann man durch eine Autopsie eine Menge erfahren.«
»Worüber redet ihr da?«, rief Christina vom Tisch herüber. Die beiden anderen Mädchen waren nach oben verschwunden.
»Über nichts, Schatz«, antwortete Alexis. »Lauf nach oben und hol deine Sachen. Der Schulbus wird jede Minute da sein.«
»Das könnte mein Beitrag zu diesem Prozess sein«, sagte Jack. »Ich könnte herausfinden, wie das Exhumierungsprozedere hier in Massachusetts geregelt ist, und eine Autopsie durchführen. Abgesehen von rein moralischer Unterstützung ist das wahrscheinlich die einzige Möglichkeit, wie ich euch in dieser Angelegenheit helfen kann. Aber diese Entscheidung liegt ganz bei euch.«
Alexis sah Craig an. »Was meinst du?«, fragte sie.
Craig schüttelte den Kopf. »Um ehrlich zu sein, ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Ich meine, falls sich durch eine Autopsie herausstellen sollte, dass sie an einem schweren angeborenen Herzfehler gelitten hat, so dass es überhaupt nicht von Bedeutung war, ob sie verspätet ins Krankenhaus eingeliefert wurde, wäre ich voll und ganz dafür. Aber wie stehen dafür die Chancen? Vermutlich nicht besonders gut. Und wenn andererseits bei einer Autopsie herauskäme, dass ihr Myokardinfarkt noch schwerer war, als wir gedacht hatten, könnte sie meine Lage sogar noch verschlimmern. Die Idee scheint ebenso viele Vorteile wie Nachteile zu haben.«
»Ich mache euch einen Vorschlag«, entgegnete Jack. »Ich werde mich erst einmal informieren und alle Einzelheiten klären und sage euch dann Bescheid. In der Zwischenzeit könnt ihr beide euch das Ganze durch den Kopf gehen lassen. Was haltet ihr davon?«
»Hört sich gut an«, antwortete Alexis. Sie sah Craig an.
»Warum nicht?«, entgegnete dieser achselzuckend. »Ich war schon immer der Meinung,
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