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Cromwell, Bernard

Cromwell, Bernard

Titel: Cromwell, Bernard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stonehenge
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hinter diesem Ort steigen!«
    »Warum?«
    »Weil dort ein Tempel steht«, erklärte sie. »Die Leute
hier haben mir davon erzählt. Es ist Scathels neuer Tempel, derjenige, den er
erbaute, nachdem er von seinem Wahnsinn genesen war. Er sagt, er will ihn
weihen, wenn die Schätze zurückgegeben worden sind.«
    Saban lächelte, als er daran dachte, wie wütend Scathel
sein würde, wenn er wüsste, dass sein kostbarer neuer Tempel vielleicht nach
Ratharryn wandern würde. »Wir werden ihn uns ansehen«, versprach Saban, obwohl
er lieber bei Aurenna geblieben wäre - zu welchem Zweck, das hätte er nicht sagen
können. Sie würde bald tot sein, tot und ins Jenseits eingegangen, um mit
Slaol in der himmlischen Herrlichkeit vereint zu sein.
    Am nächsten Morgen, als dichter Nebel vom Meer
heraufwallte, machte Aurenna sich auf ihre Reise gen Süden; Camaban und Saban
indessen wandten sich nach Norden und erklommen durch das milchige Weiß der
Nebelschwaden den Berg. »Es wird pure Zeitverschwendung sein«, knurrte
Camaban. »Wahrscheinlich ist es wieder nur so ein schäbiger Steinkreis«, aber
er führte Saban trotzdem die steile grasbewachsene Hügelflanke aufwärts und
weiter über geröllbedeckte Mulden zur Kuppe des Berges, bis sie schließlich aus
den Wolken in strahlend hellen Sonnenschein traten. Sie waren jetzt oberhalb
des Nebels, der überall um sie herum wie ein weißes, stilles Meer lag, aus dem
der Gipfel des Berges wie eine Insel aus ehernem Fels ragte, so gezackt und
zerklüftet, als ob ein Gott in einem Wutanfall mit einem Hammer auf die
Bergkuppe eingeschlagen hätte. Saban sah jetzt, warum die Steinpfeiler von Sarmennyns
Tempel alle gleich waren, weil nämlich das Felsgestein, das von dem Gipfel
abbröckelte, natürlicherweise aus vierkantig geformten Schäften bestand; also
wer einen Tempel bauen wollte, brauchte nichts weiter zu tun, als die kantigen
Felsblöcke den Abhang hinunterzuschaffen.
    Es war kein Tempel zu sehen, aber Camaban nahm an, dass er
irgendwo in dem dichten Nebel unterhalb des Gipfels stand; deshalb setzte er
sich auf einen Felsvorsprung, um zu warten. Saban wanderte eine Weile auf und
ab, dann fragte er seinen Bruder: »Warum sollten wir Scathels Tempel haben
wollen, wenn Scathel doch ein Feind ist?«
    »Er ist kein Feind von mir.« Saban schnaubte verächtlich.
»Was ist er dann?«
    »Er ist ein Mann wie du, Bruder«, hielt Camaban ihm vor
Augen, »ein Mann, der Veränderungen hasst. Aber er ist ein guter Diener Slaols,
und mit der Zeit wird er unser Freund werden.« Er wandte sich um und blickte
nach Osten, wo die Gipfel anderer Berge wie eine Inselkette aus dem weißen
Nebelmeer ragten. »Scathel will Slaols Ruhm und Ehre, das ist gut. Aber was
willst du, Bruder? Und jetzt sag mir nicht, dass du Aurenna willst«, fügte er
hinzu, »denn sie wird bald tot sein.« Saban errötete. »Wer sagt denn so etwas?«
    »Deine Miene! Du starrst sie an wie ein durstiges Kalb,
das ein Euter erblickt hat.«
    »Sie ist wunderschön«, bemerkte Saban. »Das war Derrewyn
auch, aber was für eine Rolle spielt Schönheit denn? In einer dunklen Hütte bei
Nacht, wie kannst du da den Unterschied erkennen? Aber lassen wir das; sag mir
lieber, was du willst.«
    »Eine Ehefrau«, zählte Saban auf, »Kinder. Gute Ernten.
Reichlich Wild.«
    Camaban lachte. »Du klingst genau wie unser Vater.«
    »Und was gibt es dagegen einzuwenden?«, fragte Saban
trotzig.
    »Nichts. Dagegen gibt es überhaupt nichts einzuwenden«,
winkte Camaban ab, »bloß, wie wenig Ehrgeiz du hegst! Du willst eine Ehefrau?
Dann such dir doch eine! Kinder? Sie kommen, ob du sie willst oder nicht, und
die Hälfte von ihnen wird dir das Herz brechen, die andere Hälfte wird
sterben. Getreidefelder und Wild? Die gibt es bereits.«
    »Also, was willst du dann?«,
fragte Saban, gekränkt über die Verachtung seines Bruders.

»Das habe ich dir schon mitgeteilt«, erwiderte Camaban
ruhig. »Ich will, dass sich alles ändert, und danach wird sich nichts mehr
ändern, weil wir dann das Stadium der Ausgewogenheit erreicht haben. Die Sonne
wird nicht mehr fortwandern, es wird keinen Winter mehr geben und keine
Krankheit und keine Tränen. Aber um das zu erreichen, müssen wir Slaol einen
anständigen Tempel bauen, das ist das Gebot der Stunde. Ein Tempel, der Slaol
zur Ehre gereicht!« Damit verstummte er ganz plötzlich und starrte mit weit
aufgerissenen Augen in den Nebel unter ihnen; Saban wandte sich um, um zu
sehen, was die Aufmerksamkeit

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