Cromwell, Bernard
diejenigen, die du auf
dem Fluss siehst.«
»Und du wirst mit ihnen reisen«, sagte Camaban energisch.
»Weil es deine Pflicht gegenüber Slaol ist! Bring die Steine nach Ratharryn,
und ich werde dich dort treffen.« Er runzelte die Stirn. »Ist Haragg hier?«
Saban machte eine ruckartige Kopfbewegung, um anzudeuten,
dass sich der große Mann in seiner Hütte aufhielt. »Sein Sohn ist gestorben«,
fügte er hinzu.
»Zweifellos das Beste für ihn«, meinte Camaban schroff.
»Und Haragg selbst wurde verwundet«, fuhr Saban fort,
»aber er ist wieder genesen, obwohl er noch immer um Cagan trauert.«
»Dann müssen wir ihm Arbeit verschaffen«, erklärte
Camaban, dann erhob er sich von seinem Platz und ging hinaus in den Wind und
den Regen. »Es ist deine Pflicht, nach Ratharryn zu fahren, Saban! Um deinetwillen
habe ich Aurenna das Leben gerettet! Ich habe dir das Leben gerettet! Und zwar
nicht, damit du an diesem Flussufer vermodern kannst — sondern ich habe es für
Slaol getan, und auch du wirst dich ihm erkenntlich zeigen, indem du seinen
Tempel aufbaust.« Er ging zu Haraggs Hütte und hämmerte mit der Faust auf das
moosüberwucherte Reetdach. »Haragg!«, rief er. »Ich brauche dich!«
Mit einem verdutzten Ausdruck kam Haragg an die Tür. Er
war jetzt vollkommen kahl und unnatürlich dünn, sodass er vorzeitig gealtert
aussah. Nach der schweren Verletzung durch den Pfeil war er lange Zeit krank
gewesen, und es hatte Tage gegeben, da war Saban überzeugt gewesen, der Hüne
läge im Sterben - aber Haragg hatte überlebt. Dennoch schien es Saban, dass
Haragg seelisch sehr viel schwerer verwundet worden war als körperlich. Jetzt
starrte Haragg Camaban wortlos an, und einen flüchtigen Moment lang erkannte er
den Mann mit dem schwarz gestreiften Gesicht nicht, dann lächelte er. »Du bist
zurückgekommen!«, sagte er erfreut.
»Natürlich bin ich das!«, schnauzte Camaban. »Ich habe
immer gesagt, dass ich wiederkehren würde, oder etwa nicht? Glotz mich nicht
an, Haragg, sondern komm mit! Du und ich haben eine Menge Dinge zu besprechen
und eine weite Reise zu machen.«
Haragg zögerte einen kurzen Moment; dann nickte er heftig,
und ohne mehr einen einzigen Blick auf seine Hütte zu verschwenden, geschweige
denn irgendetwas zu holen, was er für unterwegs brauchen könnte, folgte er
Camaban in den Wald.
»Wo geht ihr hin?«, rief Saban ihnen nach.
»Nach Ratharryn natürlich!«, teilte Camaban ihm mit.
»Du gehst zu Fuß?«, fragte Saban erstaunt.
»Ich will nie wieder ein Boot sehen«, krächzte Camaban
inbrünstig, »nie wieder, solange ich lebe!«, und damit marschierte er weiter.
Um seinen neuen Tempel noch größer zu machen. Um Slaol an die Lebenden zu
binden und die Toten an Slaol. Um einen Traum zu verwirklichen.
»Camaban hat Recht«, sagte Aurenna an diesem Abend.
»Meinst du?«
»Erek hat uns gerettet«, erklärte sie, »deshalb müssen wir
dorthin reisen, wohin er will. Es ist unsere Pflicht.«
Saban wiegte sich auf den Fersen vor und zurück. Es war
Nacht, die Kinder schliefen, das Feuer glimmte nur noch und erfüllte die Hütte
mit Rauch. Der Wind war abgeflaut, und es regnete nicht mehr, obwohl von dem
Reetdach immer noch Wasser heruntertropfte. »Camaban hat nichts davon gesagt,
dass du ebenfalls nach Ratharryn gehen sollst«, bemerkte Saban.
»Aber Erek will mich dort haben«, gab Aurenna zurück.
Saban stöhnte innerlich, denn er wusste, jetzt musste er
mit dem Gott streiten. »Mein Bruder Lengar würde nichts lieber tun, als dich in
Ratharryn willkommen zu heißen. Er wird dich sehen, dich begehren und dich dann
nehmen. Ich werde natürlich um dich kämpfen, aber seine Krieger werden mich mit
ihren Schwertern niederstrecken, und du wirst auf seine Felle gezerrt und
geschändet werden.«
»Das wird Erek nicht zulassen«, sagte Aurenna ruhig.
»Außerdem«, meinte Saban störrisch, »will ich nicht nach
Ratharryn. Ich bin hier sehr glücklich!«
»Aber deine Arbeit hier ist getan«, hielt Aurenna ihm vor.
»Es müssen keine Boote mehr gebaut und keine Steine mehr von dem Berg
heruntergeholt werden. Ereks Tempel geht nach Ratharryn, und er hat uns das
Leben gerettet, also ist Ratharryn der Ort, wohin auch wir sollen.« Sie
lächelte. »Wir fahren nach Ratharryn und werden die Welt wieder zu ihren
Anfängen zurückdrehen.«
Es war ein Streit, den Saban niemals gewinnen konnte,
denn Erek war gegen ihn; also machte Aurenna sich und die Kinder für die Reise
fertig. Dennoch wollten
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