Cromwell, Bernard
Wange, wo er in der Schlacht, die Cathallos Macht zerstört
hatte, von einem Pfeil getroffen worden war.
»Das hoffe ich sehr«, erklärte Saban.
»Du hoffst es?« Der Mann war verwirrt.
»Wie du schon sagtest, war ich ihr Freund. Und wenn sie
tatsächlich noch lebt«, zischte Saban, »dann würdest du gut daran tun, den Mund
zu halten - wenn du nicht willst, dass noch mehr von Ratharryns Speerkämpfern
die Wälder nach ihr absuchen.«
Ein anderer der Männer spielte eine kurze Melodie auf
einer Flöte, die aus dem Beinknochen eines Kranichs gefertigt war. »Sie können
suchen, so viel sie wollen«, verkündete er, als er sein Lied beendet hatte,
»aber sie werden sie niemals finden. Und auch nicht ihr Kind.«
Der erste Mann, der Vennar hieß, stocherte im Feuer herum,
um einen großen Wirbel von Funken zu erzeugen - dann warf er Saban einen
Seitenblick zu. »Hast du nicht Angst, mit uns allein zu sein?«
»Wenn ich Angst vor euch hätte«, erwiderte Saban, »dann
wäre ich nicht hier.«
»Du brauchst dich nicht zu fürchten«, meinte Vennar ruhig.
»Derrewyn hat gesagt, dass du nicht getötet werden sollst.«
Saban lächelte. Den ganzen Sommer über hatte er schon den
Verdacht gehabt, dass Derrewyn irgendwo in der Nähe war und dass sie mit ihrem
Stamm in Verbindung blieb, ohne dass Cathallos Eroberer etwas davon ahnten.
Auch rührte es ihn, dass sie befohlen hatte, sein Leben zu schonen. »Aber wenn
ihr versucht, uns daran zu hindern, die Steine nach Ratharryn zu schaffen«,
sagte er, »dann werde ich euch bekämpfen, und ihr werdet mich töten müssen.«
Vennar schüttelte den Kopf. »Wenn wir nicht beim Transport
der Steine helfen«, bemerkte er, »wird es jemand anders tun.«
»Außerdem«, fügte der Flötenspieler hinzu, »würden unsere
Frauen Lahannas Zorn fürchten, wenn du sterben solltest.«
»Lahannas Zorn?«, fragte Saban verwirrt. Ratharryns Rache,
das vielleicht - aber doch sicherlich nicht Lahannas Zorn, oder?
Vennar runzelte die Stirn. »Einige von unsere Frauen
sagen, dass Aurenna selbst Lahanna ist.«
»Sie ist sehr schön«, sagte der zweite Mann sehnsüchtig.
»Und Slaol wollte nicht, dass sie im Feuer starb«, ergänzte
Vennar. »Stimmt das etwa nicht?«
»Sie ist nicht Lahanna«, erklärte Saban energisch, in
großer Sorge vor dem, was Derrewyn tun könnte, wenn ihr eine solche Geschichte
zu Ohren käme.
»Die Frauen sagen aber, dass sie die Göttin ist«, widersprach
Vennar beharrlich, und Saban konnte an seinem Ton erkennen, dass Vennar sich
nicht sicher war, was er nun glauben sollte - er schien hin- und hergerissen
zwischen seiner alten Treue gegenüber Derrewyn und seiner neuen Ehrfurcht vor
Aurenna. Saban bezweifelte, dass Aurenna selbst an einem solchen Gerücht
schuld sei; aber er fragte sich, ob Camaban die Leute nicht vielleicht in
diesem Glauben bestärkt hatte. Es schien wahrscheinlich. Das Volk von Cathallo
hatte eine Zauberin verloren, und was war ein besserer Ersatz für eine Zauberin
als eine Göttin?
»Haben die Fremdländischen sie nicht als Göttin verehrt?«,
verlangte Vennar zu wissen.
»Aurenna ist eine Frau«, erklärte Saban beharrlich, »nur
eine Frau.«
»Das was Sannas auch«, wandte Vennar ein.
»Dein Bruder behauptet, Slaol zu sein«, sagte der Flötenspieler,
»also, warum sollte Aurenna dann nicht Lahanna sein?« Aber Saban wollte nicht
mehr über diese Dinge sprechen. Stattdessen schlief er lieber oder wickelte
sich vielmehr in seinen Umhang; nun beobachtete er die strahlend hellen Sterne,
die so dicht an dicht zwischen den Rauchkräuseln des Feuers schimmerten, und
er begann sich zu fragen, ob Aurenna tatsächlich im Begriff war, sich in eine
Göttin zu verwandeln. Ihre Schönheit verblasste nicht, ihre Gelassenheit konnte
nichts beeinträchtigen, und ihre Zuversicht war unerschütterlich.
Den ersten Stein nach Ratharryn zu transportieren, dauerte
elf Tage; sobald er dort angekommen war, brachten Vennar und seine Männer die
Ochsen und den Schlitten wieder nach Cathallo zurück, um einen weiteren Stein
aufzuladen, während Saban im Himmelstempel blieb. Der erste Stein war einer der
kleinsten, dafür bestimmt, ein Dreißigstel des von Pfeilern getragenen
Himmelsrings zu bilden. Camaban hatte die genaue Stelle des Rings auf dem
Boden markiert, indem er zwei Kreise mit einem gemeinsamen Mittelpunkt in die
Erde geritzt hatte, und er bestand jetzt darauf, dass der Stein auf diese Linie
gestellt wurde. »Der Stein muss so geformt werden«,
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