Cromwell, Bernard
einen
schlafenden Bären in einer Höhle fanden. Sie weckten das Tier mit Feuer und
töteten es mit Feuerstein und Bronze, danach schleppte Saban eine blutige
Fleischkeule zur Hütte zurück. Es war nie wirklich genug Nahrung da, zumindest
nicht für den Riesen Cagan, aber keiner von ihnen musste Hunger leiden. Sie
aßen Beeren und Nüsse, die in Tongefäßen lagerten, nahmen etwas von ihren Getreide-
und Kräutervorräten und taten sich gelegentlich an Wild, Hase oder Fisch
gütlich.
Und Tag für Tag glitzerte der Schnee auf den Hügeln, und
die Luft war von beißendem Frost erfüllt — die Sonne schien immer nur kurz, die
Nächte waren endlos. Sie heizten ihre Hütte mit Torf, etwas, was Saban noch nie
zuvor gesehen hatte, aber manchmal legten sie auch Scheite aus harzigem
Kiefernholz in das Feuer, um etwas mehr Licht in der Hütte zu haben —
Holzscheite, die qualmend brannten und einen beißenden Geruch verbreiteten.
Die langen Abende verliefen gewöhnlich still, doch hin und wieder brach Haragg
das Schweigen und begann zu erzählen. »Früher einmal war ich Priester«, hub der
große Mann eines Abends zu Sabans Verblüffung an. »Ich war Priester in
Sarmennyn und hatte eine Ehefrau, einen Sohn und eine Tochter.«
Saban sagte nichts. Der Torf glühte rot. Die drei Pferde
stampften mit den Hufen; Cagan, der Pferde liebte, fühlte die Erschütterung
und drehte sich zu ihnen um, um sie mit sanften Gurgellauten zu beruhigen. Die
drei Frauen beobachteten die Männer, während sie sich unter einer gemeinsamen
Pelzdecke zusammenkauerten. Sie hatten zerzauste schwarze Mähnen, die halb die
Narben auf ihrer Stirn bedeckten, Kennzeichen, dass sie Sklavinnen waren.
Saban war dabei, ihre Sprache zu erlernen, aber jetzt unterhielten er und Haragg
sich in der Sprache der Fremdländischen.
»Meine Tochter hieß Miyac«, sagte Haragg und starrte in
den matten Schein des Feuers. Es war fast so, als redete er mit sich selbst,
denn er murmelte nur und sah Saban nicht an. »Miyac« — seine Stimme liebkoste
den Namen — »war ein Geschöpf von großer Schönheit. Großer Schönheit. Ich
dachte, sie würde später einmal einen Clanführer oder einen Heerführer
heiraten, und ich war froh über diese Aussicht, denn der Reichtum ihres
Ehemannes würde sicherstellen, dass meine Frau und ich im Alter keine Not
leiden müssten; zudem würde er Cagan erhalten, wenn wir beide nicht mehr lebten.«
Saban schwieg noch immer. Vom Dach ertönte ein gleitendes
Geräusch, als ein Haufen Schnee die Grassoden hinunterrutschte, die das Dach
bedeckten. »Aber in Sarmennyn«, fuhr Haragg fort, »wählen wir jedes Jahr eine
Sonnenbraut. Sie wird im Frühjahr gewählt, und drei Monde lang ist sie selbst
eine Göttin. Und dann, beim Mittsommerfest, wenn die Sonne in all ihrer Herrlichkeit
erstrahlt, töten wir sie.«
»Ihr tötet sie?«, fragte Saban schockiert.
»Wir schicken sie zu Erek.« Erek war der Name der
Fremdländischen für Slaol. »Und in jenem Jahr«, fügte Haragg hinzu, »haben wir
Miyac zur Sonnenbraut erwählt.«
Saban zuckte zusammen. »Du hast das erlaubt?«
»Die Priester haben sie ausgewählt«, erklärte Haragg, »und
ich war damals auch ein Priester. Meine Ehefrau schrie mich an, sie schlug mit
den Fäusten auf mich ein, aber ich dachte, es sei eine Ehre für unsere Familie.
Welch bedeutenderen Ehemann könnte es für Miyac geben als Erek? So ging meine
Tochter in den Tod, meine Ehefrau starb innerhalb eines Mondes, und ich verfiel
in eine düstere Traurigkeit. Als ich schließlich wieder aus dieser Traurigkeit
erwachte, wollte ich nicht mehr Priester sein, und meine Vorstellungen waren
nicht willkommen — deshalb begann ich, durch das Land zu wandern. Ich wurde
Händler.« Die Traurigkeit war jetzt von seinem Gesicht abzulesen, und Cagan
begann zu wimmern, deshalb beugte Haragg sich vor und tätschelte seinem Sohn
beruhigend die Hand, um ihm zu zeigen, dass alles gut war.
Saban rutschte ein Stückchen näher an das Feuer heran und
zog sich fröstelnd den Pelz um die Schultern, während er sich fragte, ob es
wohl jemals wieder warm auf der Erde werden würde.
»Mein Zwillingsbruder war der Hohepriester von Sarmennyn«,
nahm Haragg den Faden wieder auf, »und als ich ihm sagte, dass ich nicht mehr
an Opferungen glaubte, erlaubte er mir, mein Amt als Priester niederzulegen
und stattdessen Händler zu werden. Sein Name ist Scathel. Du wirst ihn kennen
lernen, falls er noch lebt.«
Etwas an der Art, wie Haragg den Namen
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