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Crossfire 1: Kontakt

Crossfire 1: Kontakt

Titel: Crossfire 1: Kontakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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ihr zu bleiben. Er wollte Shipley
ins provisorische Lager holen. Der alte Mann saß schon seit
Stunden dort und hatte nicht einmal zu Abend gegessen.
    Shipley erhob sich gerade, als Jake sich durch die Dunkelheit zu
ihm tastete. Er konnte kaum den Umriss von Shipleys massigem
Körper ausmachen.
    »Doktor? Gail möchte, dass Sie zu uns kommen und etwas
essen.« Gail, nicht Nan. Nan hatte nicht ein einziges Mal nach
ihrem Vater gefragt oder nach ihm gesehen.
    »Ja. Beta schläft… oder was immer er tut.«
Jake fragte sich, wie er das feststellen konnte. Er griff nach
Shipleys Arm. »Lassen Sie mich Sie führen,
Doktor.«
    »Einen Augenblick noch, Jake. Ich muss Ihnen etwas sagen.
Beta gab mir seine Abschiedsknospe.«
    »Seine was?«
    Shipley leitete Jakes Hand zu einem kleinen Päckchen, dessen
Hülle sich anfühlte, als bestünde sie aus dicht
gewickelten Lagen des Bodenbewuchses. »Das hier. Es ist eine
Abschiedsknospe. Ein kleiner Teil von Beta, den der Bio-Arm durch die
Öffnung geschoben hat. Ich soll sie anderen Ranken
übergeben, wenn wir welchen begegnen. Wenn mir etwas
zustößt, werden Sie es dann tun?«
    Ein seltsames Gefühl überkam Jake, eins, über die
er nicht näher nachzudenken wagte. Stattdessen fragte er:
»Sie haben einem Außerirdischen am Sterbebett einen Eid
geleistet?«
    »Neue Quäker leisten keine Eide«, entgegnete
Shipley.
    »Unser Wort sollte stets genügen. Aber – ja, ich
sagte, ich würde es tun. Beta rechnet damit, bei der
Rückkehr der Pelzlinge getötet zu werden. Wenn ich es nicht
schaffe, werden Sie dann…?«
    »Nein!«
    Shipley versuchte sein Gesicht in der Dunkelheit zu erforschen.
Jake hörte sich schwerer atmen, fühlte, wie es ihn wieder
überwältigte. Donnie, Mrs Dalton, letzte Wünsche. Nein.
    »Jake…«
    »Fragen Sie Gail. Oder George. Und kommen Sie ins Lager
zurück, ehe Sie sich eine Unterkühlung holen. Sie zittern
bereits.«
    »Jake…«
    »Kommen Sie!«
    Schweigend stolperte Shipley neben ihm her zu dem kostbaren Feuer,
um das sich die Menschen kauerten wie ein vorzeitlicher Stamm ohne
Höhle oder Tipi.
     
    Kurz nach Sonnenuntergang fing es zu regnen an, kalt und
beständig. Sie konnten sich nur unzulänglich dagegen
schützen. Gail hatte Shipley das kleine Vorratszelt zugewiesen
und darauf bestanden, dass er sich darin verkroch. »Streiten Sie
nicht mit mir darüber, Doktor. Ich habe zu viel zu tun, um mir
das anzuhören.«
    Shipley hatte nachgegeben. Jake vermutete, dass der Doktor als
Einziger trocken blieb, wenn auch nicht warm. Zum Ausgleich hatte
sich Shipley nämlich geweigert, eine der fünf Thermodecken
anzunehmen.
    Jake und Lucy teilten sich eine, Gail und Nan eine weitere.
Müller hatte ebenfalls eine Decke verweigert – weil er den
harten Krieger herauskehren wollte, nahm Jake an. Oder vielleicht war
Müller körperlich so aufgerüstet worden, dass es ihn
auch vor der Kälte schützte. Ingrid, George und Karim lagen
jeder in eine der anderen drei Decken eingewickelt. Sie alle teilten
sich einen primitiven Unterstand, den sie unter Nans Anleitung
errichtet hatten, mit großen Astgabeln, die in den Boden
gerammt worden waren und als Stützen dienten, und mit
verschiedenen Lagen von Ästen, die sich zum Boden neigten und
ein Dach und einen Windschutz bildeten. Die Konstruktion
erfüllte einigermaßen ihren Zweck, es sei denn, der Wind
änderte plötzlich die Richtung und blies den kalten Regen
von der anderen Seite herein. Jeder schlief unruhig.
    In Jakes Kopf staute sich etwas an. Er wusste, was es war, wie
sehr es ihm zusetzte und wohin es führen würde. Furcht
erfüllte ihn, kälter als der Regen.
    »Lucy«, flüsterte Jake, den Mund nur Zentimeter von
ihrem Ohr entfernt. Er atmete den süßen, anregenden Duft
ihrer schmutzigen Haare ein.
    »Ich bin wach.«
    »Komm mit mir nach draußen.«
    »Jetzt? Nach draußen?«
    »Es hat aufgehört zu regnen.« Das hatte es nicht,
aber der Regen hatte nachgelassen und war zu einem Nieseln geworden.
So war es draußen auch nicht nasser als im Unterschlupf. Oder
zumindest redete Jake sich das ein.
    Sein plötzliches Bedürfnis, mit Lucy zu sprechen,
erschreckte ihn. Es lag an Shipley und daran, dass er diesem
verfluchten Außerirdischen den letzten Willen erfüllen
wollte. An Shipley und den Erinnerungen, die dieser in Jake
heraufbeschworen hatte. Jake konnte nicht länger schweigen. Wenn
er noch länger schwieg, würde er platzen.
    Lucy erhob sich und trat im Dunkeln über Ingrid und Karim
hinweg. Jake hielt

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