Crossfire 1: Kontakt
es warm, verqualmt und überfüllt. Ein
offenes Feuer brannte in der Mitte des Raums, und der Qualm zog durch
das Loch im Dach ab. Bündel unbekannter Pflanzen hingen an
Balken herab, und ein Dutzend Pelzlinge drängte sich auf der
einen Seite des Feuers zusammen, die Hälfte davon Kinder. Wie
üblich konnte Gail ihren Gesichtsausdruck nicht deuten, aber die
Körperhaltung sagte ihr alles. Gail hatte dieses Kauern schon
bei Hunden, Katzen, in die Ecke getriebenen Mäusen und auch bei
Menschen gesehen. Diese Pelzlinge waren verängstigt.
Auf der anderen Seite des Feuers saßen die Menschen, mit
Ausnahme von Nan, und aßen irgendwas Graugrünes. Nan
kauerte bei den Pelzlingen und ahmte deren Körperhaltung so
genau wie möglich nach. Sie brummte leise einem der Erwachsenen
etwas zu.
»Die Angst, die sie vor uns haben, bringt sie fast um den
Verstand«, stellte Jake fest. »George glaubt, dass die
virale Veränderung in dieser Versuchsgruppe eine Eigenschaft
verstärkt hat, die der menschlichen Furcht vor dem Unbekannten
entspricht. Alles Neue verängstigt sie so, dass sie wie
gelähmt sind.«
»Können wir das essen?«, fragte Gail. Allein beim
Anblick lief ihr das Wasser im Mund zusammen.
George sagte ernst: »Wir haben keine große Wahl.
Entweder wir essen, oder wir verhungern. Die Pelzlinge haben das
hergestellt. Es ist eine Art getrocknetes Pflanzenmus, nehme ich an.
Sie haben haufenweise davon in dem Loch dort drüben. Und sie
haben nicht widersprochen, als wir etwas davon genommen
haben.«
Von der anderen Seite des Feuers her stellte Nan säuerlich
fest: »Sie würden nicht mal widersprechen, wenn wir ihnen
alles wegnehmen, was sie besitzen. Versteht ihr das nicht? Sie wurden
verstümmelt, in ihrem Gehirn und in ihren
Überlebensinstinkten. Die Ranken wollen Pelzlinge erschaffen,
die vor ihnen Angst haben und die allen neuen Dingen, allen neuen
Erfahrungen und allen fremden Wesen aus dem Weg gehen. Es ist eine
wissenschaftliche Vergewaltigung.«
Also hatte Nan ihren Konflikt in Bezug auf die
Außerirdischen gelöst. Sie hatte wieder eine Gruppe von
Opfern gefunden, für die sie sich einsetzen konnte, und die
Ranken waren erneut die üblen Unmenschen. Wenn man das so sagen
konnte.
Gail spähte in das Loch, das George ihr gezeigt hatte. Es war
mit durchschimmernden kleinen Häuten ausgelegt und mit Brocken
der graugrünen Speise gefüllt. Sie nahm ein Stück und
leckte daran. Es schmeckte ein wenig bitter, aber nicht
widerwärtig. Ihr Magen krampfte sich vor Hunger zusammen. Sie
kaute auf dem Stück herum und setzte sich dicht an das angenehm
warme Feuer.
»Wenn wir heute Nacht alle sterben«, meinte George,
»löst das immerhin unser Problem, was wir als Nächstes
tun sollen.«
»Wir werden heute Nacht nicht alle sterben«, widersprach
Gail. Sie hatten wieder Nahrung, Unterkunft und mögliche Helfer.
Damit konnte sie arbeiten.
»Gail«, sagte Jake. »Wach auf. Sie sind
fort.«
»Was?«
Gail lag auf dem Boden der Hütte, eingewickelt in eine Decke
aus grauen Pelzen, von denen sie nicht sagen konnte, von welchen
Lebewesen sie stammten, die aber kratzten. Außerdem rochen sie
sonderbar. Doch weder der Geruch noch das Jucken hatten sie vom
Schlaf abhalten können. Nach drei Nächten in Regen und
Kälte war es für sie der reinste Luxus, in diesem kratzigen
Fell und diesem verqualmten Raum schlafen zu können. Sie
hätte sich denken können, dass das nicht lange anhalten
würde.
»Sie sind fort«, wiederholte Jake. »Die Pelzlinge.
Alle.«
Gail setzte sich auf. Blasses Licht sickerte in die Hütte:
Morgendämmerung. Alle schliefen noch, außer Jake, Karim
und…
»Wo ist Nan?« O Gott, sie war mit ihnen gegangen. Diese
idealistische kleine Närrin…
»Draußen. Karim wollte sich ansehen, ob der Strom
geladener Teilchen, der vom Zentralgestirn abgestrahlt wird,
Polarlichter entstehen lässt. Als er aufstand, achtete er gar
nicht darauf, ob die Pelzlinge noch da waren oder nicht. Aber Nan
wurde wach, als sie ihn hörte, und sie bemerkte es sofort. Sie
weckte mich.«
»Und du hast mich geweckt«, sagte Gail und versuchte zu
verbergen, wie erleichtert sie darüber war, dass Nan nicht mit
den Einheimischen davongelaufen war. »Wozu?«
»Weil Karim, während er den Himmel beobachtete, ein
Objekt zu sehen glaubte, das sich zwischen den Sternen bewegte.
Vielleicht nur ein Komet oder ein Meteor, meint er. Aber es
könnte auch ein Schiff gewesen sein.«
»Jetzt schon?«
»Ich nehme mal an«, sagte Jake
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