Crossfire 1: Kontakt
Sie
hatte auch nie damit gerechnet, auf Außerirdische zu treffen,
als sie nach Greentrees aufgebrochen war. Und nun sollte ausgerechnet
sie den Rest ihres Lebens auf der Heimatwelt der Ranken
verbringen?
»Gail…«, setzte Ingrid an.
»Sei still!«, schnauzte Gail. Sie hob den Helm vom Boden
auf, schloss die Augen und… stülpte ihn sich über den
Kopf. Jake legte fest die Hand oben drauf. Tatsächlich versuchte
Gail, sich den Helm wieder herunterzureißen, als der Halsreif
ihn versiegelte. Jakes Hand hinderte sie daran. Durch die
durchsichtige Kugel hindurch sah er, wie Gail zuerst bleich wurde und
dann leicht grün.
»George – was ist, wenn sie sich da drin
übergibt?«
»Die Organismen dort werden das Innere des Helms
wahrscheinlich säubern«, sagte George, obwohl er sich in
dieser Hinsicht unsicher war.
Gail übergab sich nicht. Jake sah, dass sie sich wieder
beruhigte, obwohl ihr Gesicht immer noch eine zweifelhafte Farbe
aufwies.
»Tapferes Mädchen«, lobte er sie sanft. Sie
funkelte ihn wütend an.
Die Schleuse glitt auf. Jake ging voraus und betrat das Schiff der
Ranken. Plötzlich hielt er inne, unfähig weiterzugehen.
George spähte neugierig über seine Schulter. »O
mein Gott!«, rief er aus. Jake trat beiseite, teilweise, um die
anderen vorbeizulassen, und teilweise, um Gail festzuhalten, falls
sie beim Anblick des Schiffsinneren entweder in Ohnmacht fiel oder
davonlaufen wollte.
26. KAPITEL
Gail verharrte in der Schleuse und holte tief Luft – bis sie
sich daran erinnerte, dass schleimige Mikroben in ihrem Halsreif
diese Atemluft erzeugten. Das ließ sie beinahe erneut
würgen, aber sie riss sich zusammen. Sie würde eine Weile
hier bleiben müssen, also musste sie sich an die Umgebung
gewöhnen. Jake stand fürsorglich bereit, um sie
aufzufangen, falls sie irgendwas Dummes tat. In Ohnmacht fallen, zum
Beispiel… Er sollte sie eigentlich besser kennen!
Gail setzte sich wieder in Bewegung und schritt würdevoll an
ihm vorbei.
Hinter dem Eingang lag ein einziger großer, runder Raum von
vielleicht hundert Metern Durchmesser. Alles darin – jeder
einzelne Zentimeter – war ein Zoo. Nein, ein Garten. Das
traf es besser.
Brodelnder Schleim bedeckte mindestens fünf Zentimeter dick
den gesamten Boden, die Wände und die Decke. Ranken standen in
dichten Büscheln beieinander, ihre Zweige oder Arme oder was
auch immer waren ineinander verflochten, sodass man die einzelnen
Geschöpfe nicht mehr auseinander halten konnte. Ausläufer
erstreckten sich durch den Schleim und verbanden die
unterschiedlichen Rankengruppen miteinander. Das Licht war sehr hell,
in der Halle war es drückend heiß und feucht. Gail fing
sofort an, unter ihrem Deckenkittel zu schwitzen.
Nein, ein Garten war das auch nicht. Ein Treibhaus aus irgendeinem
Fiebertraum!
»Gail?«, fragte Jake. »Alles in Ordnung mit
dir?«
Sie achtete nicht auf ihn. Wo die Menschen standen, war der
Schleim zurückgewichen – vermutlich damit niemand
drauftrat. Der Boden darunter schien aus Metall zu sein, aber das
Metall war löchrig und rostig und uneben, womöglich um dem
Schleim Halt zu geben.
»Wo sind Nan und Dr. Shipley?«
»Das weiß ich nicht. Ich bin selbst gerade erst
angekommen«, antwortete Jake.
»Wir können es euch zeigen«, bot eine tonlose,
mechanische Stimme an. Gail blickte nach unten. Vor einer der Ranken
lag ein Übersetzer-Ei.
»Bitte zeig es mir«, sagte sie so entschlossen, wie sie
es zu Stande brachte.
Langsam kroch ein wenig von dem Schleim beiseite und legte einen
schmalen Streifen Boden frei. Es dauerte volle fünf Minuten,
aber schließlich gab es einen Weg zur gegenüberliegenden
Seite des Raums. In der Zwischenzeit legte Gail den Kittel ab. Sie
konnte nicht anders; hätte sie ihn nicht ausgezogen, wäre
sie in der Hitze umgekippt. Unter dem Kittel trug sie einen
Fellstreifen, den sie um die Hüften gebunden hatte. Jake hatte
dafür gesorgt, dass sie die Stoffstreifen aus dem anderen Schiff
zurückließen, damit die Ranken das Pelzlingsmaterial nicht
erkannten.
Gail schritt durch den Schleim, der sich für sie geteilt
hatte (gab es da nicht eine alte Legende über ein Meer, das sich
für jemanden geteilt hatte?), und trug ihre Decke und das
QVV-Gerät. Ihr Weg führte sie an Rankenbüscheln
vorbei, die schweigend und reglos dastanden. George war der
Überzeugung, dass sie, indem sie kodierte Moleküle
austauschten, untereinander kommunizierten. Worüber mochten sie
jetzt wohl gerade
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