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Crossfire 1: Kontakt

Crossfire 1: Kontakt

Titel: Crossfire 1: Kontakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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der
gegenüberliegenden Seite des Raums. Darauf lag der bewusstlose
Dr. Shipley.
    Die Ranken hatten diese Stelle ausgewählt, als Nan und
Shipley an Bord kamen. Niemand kannte die Bedeutung dieser
Platzierung, wenn es denn eine gab.
    Zwischen den drei Deckeninseln verliefen dauerhafte Wege, so
schmal, dass man nur hintereinander gehen konnte. Die Pfade
führten »aufwärts«, zumindest sah es für das
Auge so aus. Allerdings war nie zu spüren, dass man
»rauf« oder »runter« ging. »Das liegt daran,
dass die Schwerkraft stets senkrecht zum Boden wirkt, egal, wo man
hintritt«, erklärte Karim. Er verbrachte Stunden damit, die
Berechnungen nachzuvollziehen.
    Ein weiterer Pfad führte zu einem Platz, an dem sich keine
Decke befand; ihn nutzten die Menschen als Latrine. Er war von den
»Inseln« aus nicht einsichtig, weil ein hoch aufragendes
Rankengestrüpp ihn abschirmte. Gail hasste es, diesen Platz
aufzusuchen. Noch mehr hasste sie die Tatsache, dass jedes Mal, wenn
sie dorthinkam, der Platz wieder sauber war. Was machte der Schleim
mit den Exkrementen? Aß er ihn? Gail versuchte, sich das nicht
vorzustellen.
    Neben jedem Pfad waren in eigenen Vertiefungen im Schleim mehrere
der festen, durchsichtigen Becher erschienen. Wenn ein Becher
abgestellt wurde, sickerte allmählich wieder Wasser hinein.
    George war fasziniert. »Die Becher bestehen aus dem gleichen
Material wie unsere Helme, irgendeiner leblosen Substanz. Nun, das
ist nicht so überraschend. Der irdische Meeresschwamm Rosella
racovitzae nutzt das Siliziumdioxid im Meerwasser, um daraus
Glasfasern für seine skelettartige Stützstruktur
herzustellen. Austern fertigen Perlen, Insekten Chitin. Die Ranken
können diese Prozesse von Natur aus bewusst steuern.«
    »Natürlich«, sagte Gail, aber ihr Sarkasmus ging in
Georges Enthusiasmus unter. Gail saß mit den Übrigen,
außer Lucy, auf der großen Decke. Lucy schlief auf der
anderen Insel. Ihr schmales Gesicht wirkte verhärmt und
abgespannt, und das lag nicht nur an der Erschöpfung.
    Nan schlief ebenfalls, neben Dr. Shipley. Als Gail über den
Weg zur großen Insel gegangen war, hatte sie verzweifelt
gehofft, dass sich der Schleim währenddessen nicht wieder
zusammenzog, was er auch nicht getan hatte. Als sie auf der
großen Insel ankam, redete George bereits auf die
»Übersetzerranke« ein. Die Unterhaltung gestaltete
sich schwierig, da George eine Menge wissenschaftliche Ausdrücke
verwendete, mit denen das Übersetzungsprogramm noch nicht
zurechtkam.
    Gerade sagte er, nun offenbar um eine einfache Formulierung
bemüht: »Du machst diese Becher für uns?«
    »Ja«, erwiderte die ausdruckslose
»Ranken«-Stimme.
    Schüchtern warf Karim ein: »Hast du einen
Namen?«
    »Ihr nennt uns ›Ranke‹.«
    »Ja«, bestätigte Jake, »das tun wir. Aber hast
du – du selbst – noch einen individuellen Namen? Einen
Namen nur für dich?«
    »Wir verstehen nicht«, sagte die Ranke.
    »Ich glaube nicht, dass sie Individualität kennen«,
meinte George. »Es ist ein… ein Kollektivbewusstsein.
Einzeln ausgeprägt, aber psychisch gesehen keine Individuen. Wie
die Organe unseres Körpers, die ebenfalls unterschiedlich sind,
aber kein eigenes Bewusstsein haben.«
    Jake schaute ihn an. George fügte hastig hinzu:
»Natürlich rate ich nur.«
    Gails Magen knurrte. »Ranke, kannst du… Menschen
brauchen Nahrung, musst du wissen«, erklärte sie,
»sonst sterben wir.«
    Jake sah sie an, als hätte sie wieder mal ein paar Kapitel in
seinem »Handbuch für Verhandlungstaktiken«
übersprungen. Nun, bedauerlich, aber sie war hungrig, und sie
alle, ganz besonders Dr. Shipley, brauchten etwas zu essen.
    »Ja«, sagte die Ranke, »Menschen brauchen Nahrung.
Wir können Nahrung für Menschen machen. Wir untersuchen
euch jetzt. Dann machen wir Nahrung für Menschen.«
    Sie untersuchen? Jetzt? Was taten sie? Nervös
überprüfte Gail ihren Körper, aber sie fand keine Spur
von Schleim daran, und es schob sich auch nichts davon über den
Rand der Decke.
    »Du wirst nichts davon mitbekommen«, beruhigte George
sie. »Sie können Hautschuppen von deinen Füßen
verwenden, die auf den Wegen zurückbleiben. Außerdem haben
sie Dr. Shipley.«
    »Bald werden wir Nahrung machen«, sagte Ranke. »Wir
untersuchen jetzt.«
    Gails Magen knurrte wieder.
    George fragte: »Ranke, darf ich vielleicht ein wenig von
deinem… deinem Schleim berühren? Das Zeug, das den ganzen
Boden bedeckt?«
    »Das Zeug, das den ganzen Boden bedeckt, sind

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