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Crossfire 2: Feuerprobe

Crossfire 2: Feuerprobe

Titel: Crossfire 2: Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Tee.
    »Mit Dogmatikern kann man nicht diskutieren.«
    »Kann man doch. Schau dir Julian Martin an, wie er mit
Lau-Wah diskutiert.«
    Jake blinzelte ihr mit seinen alternden Augen zu.
»Weißt du, das ist das erste Mal, dass ich dich
darüber scherzen höre.«
    Alex blickte mürrisch über den Rand ihrer Tasse. Sie
wusste nicht, warum sie darüber gescherzt hatte. Es war nicht
lustig. Seit der Ratsversammlung, in der Julian Martin seine
Verteidigungspläne vorgestellt hatte, gingen er und Lau-Wah sich
ständig gegenseitig an die Kehle – ruhig, höflich und
doch erbittert. Und Alex als MateR saß zwischen den
Fronten.
    »Damit sich die Menschen von Mira City überhaupt
gemeinsam irgendeiner Gefahren stellen können«, hatte
Lau-Wah ihr erklärt, »müssen sie per Definitionen
zunächst einmal gemeinsam handeln. Und das tun wir nicht.
Das sollte Vorrang haben.«
    »Jeder Mensch handelt aus Eigennutz«, hatte hingegen
Julian Martin behauptet. »Und das ist auch gut so. Im Gegensatz
zu fanatischem Idealismus lässt Eigennutz Raum für
Kompromisse. Gouverneur Mah versucht, den Wohlstand seiner
chinesischen Wählerschaft zu fördern. Aber er wird in
dieser Hinsicht vorübergehend Zugeständnisse an das
Allgemeinwohl von Greentrees machen müssen.«
    Stellte Lau-Wah tatsächlich das Wohl seiner Chinesen
über das Gemeinwohl von Mira? Diese Frage beunruhigte Alex. Aber
während die Wochen vergingen und Lau-Wah und Julian Martin
über alles Mögliche stritten – Prioritäten beim
Bergbau, Waffenproduktion, Sondersteuern für die
Verteidigungskosten oder wie arg man Mira Citys Infrastruktur
belasten konnte –, fand sich Alex immer öfter an der Seite
von Julian wieder. Ashraf Shanti, beeinflussbar und ängstlich,
wie er war, ließ sich ebenfalls von Julians ruhiger Logik und
seinem temperamentvollen Verstand mitreißen. Lau-Wah Mah
hingegen wurde ihr zunehmend fremd und begegnete ihr mit einer
höflichen Ablehnung, bei der Alex sich unbehaglich fühlte.
Früher war die Politik auf Greentrees offener gewesen.
    Früher hatten sie sich auch nicht auf einen Krieg
vorbereitet.
    Nein, das stimmte so nicht. Jake hatte ihr erzählt, dass Mira
sich vor neununddreißig Jahren mit großem Aufwand auf
einen Krieg vorbereitet hatte. Auf einen Krieg, der niemals
stattfand. Alex wusste nicht mehr viel davon, sie war damals ein
kleines Kind gewesen. Aber diejenigen, die sich noch daran
erinnerten, ergriffen eher Partei für Lau-Wah. Abgesehen
natürlich von Jake selbst.
    Er schimpfte immer noch über Duncan. »Das Problem mit
Schauspielern ist, dass sie nicht mit dem Schauspielern aufhören
können, wenn sie die Bühne verlassen haben. Der Mann
trägt inzwischen ein Lumpengewand aus den Resten aller Rollen,
die er je gespielt hat. In einem Augenblick ist er Falstaff, im
nächsten Faust, dann Don Quichotte und danach Jerome
O’Dell…«
    Diese Namen sagten Alex nichts.
    »… und wenn ich mir von ihm noch einmal etwas über
die ›erfrischende Einfachheit der Kolonien‹ anhören
muss, dann werde ich… Ach, du meine Güte, da kommt er
schon.«
    Alex beugte sich vor und wischte Jake einen Speichelfaden aus dem
Gesicht. Duncan ging am Fenster vorbei und öffnete ohne
anzuklopfen die unverschlossene Tür. »Na, sind wir
bereit?«, fragte er mit seiner elektrisierenden Stimme. Die
musischen Untertöne, die sich stets zu einem harmonischen Ganzen
fügten, waren tatsächlich Folge einer genetischen
Aufwertung. Julian Martin hatte es Alex verraten. »›Ruft Mord! undentfesselt die Hunde des Krieges!‹«
    »Noch haben wir keinen Krieg«, stellte Jake trocken
fest. Neben dem vor Gesundheit strotzenden Duncan wirkte Jake noch
älter und müder. Der letzte leichte Schlaganfall hatte eine
Seite seines Gesichts teilweise gelähmt und ließ ihn noch
mehr sabbern, obwohl Denkvermögen und Sprache offenbar
unbeeinträchtigt waren. Zärtlichkeit erfüllte Alex.
Der alte Mann lag ihr sehr am Herzen.
    »Oh, aber wir müssen einen Krieg bekommen, sonst
wäre Julian sehr, sehr enttäuscht«, sagte Duncan
unbekümmert. »Jetzt schauen Sie nicht so erschrocken, Alex.
Sie wissen, dass es stimmt! Er ist ein Soldat, und warum wird ein
Mann Soldat, wenn nicht, um Krieg zu führen?«
    »Der Commander will keinen Krieg!«, schimpfte Jake.
»Keiner von uns will das. Verbreiten Sie keine üblen
Gerüchte, Martin!«
    »Wie Sie meinen. Habe ich noch Zeit für eine Tasse Tee,
bevor die Spiele beginnen? Was, keine sauberen Tassen? Du meine
Güte, Sie sind aber eine

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