Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Crossfire 2: Feuerprobe

Crossfire 2: Feuerprobe

Titel: Crossfire 2: Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
Vom Netzwerk:
Aufmerksamkeit und Übung.«
    »Ich wüsste nicht, wie.«
    »Ich werde es Ihnen beibringen.« Er nahm ihre Hand. Sie
war überrascht von der Wärme seiner langen Finger –
und dann von der Wärme, die sie in ihrem eigenen Inneren
empfand.
    Um ihre Unsicherheit zu überspielen, sagte sie: »Ich
weiß nicht, ob ich das lernen kann. Siddalee Brown meint immer,
ich wäre kein guter Beobachter. Ich bemerke vieles einfach gar
nicht. Das kann jeder bestätigen, der je einen Blick in meine
Wohnung geworfen hat. Sie ist nicht so wie Ihre, so
makellos.«
    Es war ein ungeschickter Versuch, ihr Gespräch aufzulockern.
Aber er ging darauf ein: »Meine Wohnung war alles andere als
makellos, bevor Duncan letzte Woche ausgezogen ist.«
    »Ich habe sie vorher gesehen. Er hat eine beeindruckende
Sammlung von Sachen.« Sie lachte, ein dümmliches Lachen.
Warum sprachen sie über Duncan? Sie hatten über die
wichtigsten Dinge der Welt gesprochen, über Überleben und
Krieg und was den Menschen etwas bedeutet, und jetzt sprachen sie
über Duncan.
    Julian hatte ihre Hand losgelassen. Es wurde still.
    Nur der Regen trommelte unermüdlich gegen die
Fensterscheibe.
    Schließlich hielt Alex das Schweigen nicht mehr aus und
sprach einfach weiter: »Jake meint, Duncan spielt immer nur eine
Rolle.«
    »Dann sieht Jake es genau verkehrt herum.«
    »Wie meinen Sie das?«
    Julian lächelte. »Duncan ist stets er selbst. ›Die
ganze Welt ist eine Bühne‹ – er glaubt
tatsächlich an diesen Satz. Und für ihn bedeutet das, dass
jeder andere auch ein Schauspieler ist, ein Nebendarsteller in seinem
persönlichen Drama. Er sieht jeden wie die Figur in einem
Stück, größer und lebendiger, als wir
tatsächlich sind. Manche Menschen finden es sehr
verführerisch, wenn sie plötzlich schillernder wirken und
klarer konturiert. Aber Sie nicht, glaube ich. Sie möchten
lieber als das wahrgenommen werden, was Sie tatsächlich
sind.«
    Sein Tonfall war distanziert, beinahe unbeteiligt, aber sein
Daumen beschrieb nun kleine Kreise auf ihrer Handfläche.
    »Alex, habe ich Recht? Ist es dir lieber, dass ich dich so
sehe, wie du bist?«
    Sie zog die Hand weg, stand auf, ging um den Tisch und ließ
sich in seine Arme nieder. Aber ihre Bewegungen waren so spröde
wie Glas. Ihre Stimme klang heiser.
    »Ich will das nicht, Julian.«
    »Warum nicht?«
    »Wegen dem, was du gerade gesagt hast. Weil ich möchte,
dass du mich verstehst. Und weil ich glaube, dass du das auch tust.
Und ich glaube, was du in mir siehst, ist eine ungebildete
Hinterwäldlerin, die von einem genetisch aufgewerteten
Erdenmenschen geblendet wird.«
    »Nein. Soll ich dir sagen, was ich wirklich sehe?« Er
ließ sielos, und Alex wusste nicht, ob sie darüber froh
war oder ob es ihr Leid tat.
    »Ich sage es dir ehrlich«, erklärte er. »Ich
sehe einen Menschen, der tatsächlich politisch ungebildet ist,
weil das auf seine ganze Kultur zutrifft. Aber ich sehe auch einen
Menschen, der sehr intelligent und fähig ist dazuzulernen. Die
meisten Menschen sind das nicht. Ich sehe eine Verwalterin, die gut
mit den Einzelheiten zurechtkommt, aber auch stets die großen,
übergreifenden Ziele im Kopf hat und unermüdlich darauf
zuarbeitet. Ich sehe einen Menschen mit nur einem einzigen
Charakterfehler, nämlich einem allzu bereitwilligen
Mitgefühl für die Schwachen, bis zu einem Punkt hin, wo es
der Gerechtigkeit im Wege steht. Ich sehe eine Frau, deren
schwächlicher Ehemann gestorben ist und die sich insgeheim
schuldig fühlt, weil sie ihn nie wirklich vermisst hat,
und…«
    »Woher weißt du das?«
    »… und ich sehe eine Frau, in die ich mich verliebt
habe.«
    Alex stand reglos da. Sie und Julian starrten einander an,
über die wenigen Zentimeter zwischen ihnen hinweg, die
Lichtjahre waren und ein brodelnder Abgrund und überhaupt
nichts.
    »Alex«, sagte er in einem Tonfall, den sie ihm gar nicht
zugetraut hätte, flehentlich und sehnsüchtig. Oh, diese
letzte Waffe der Männer – zu begehren! Aber Julians Sehnen,
das deutlich auf seinem genetisch veränderten und fremdartigen
Gesicht stand, war nicht das erbärmliche und eifersüchtige
Begehren, das Kamal an den Tag gelegt hatte. Julian wollte sie nicht
in einer erstickenden Umarmung festhalten. Er suchte eine
Verbindung.
    Sie überwand die Lichtjahre, und seine Arme schlossen sich um
sie, so fest, dass es sie aufwühlte. Sie hatte diese Empfindung
vergessen, sie verdrängt, dieses wilde Strömen des Blutes.
Wärme erfüllte ihren gesamten

Weitere Kostenlose Bücher