Crossfire. Offenbarung: Band 2 Roman (German Edition)
Sie sind eine schöne und kluge junge Frau.«
In letzter Zeit schien ich das nicht mehr zu sein, aber es lag in meiner Verantwortung, das zu ändern – oder zu gehen.
»Wenn Sie einen Schritt zurücktreten«, fuhr er fort, »und aus der Distanz betrachten, was er Ihnen antut, wie Sie sich fühlen, seit Sie mit ihm zusammen sind, und ob Ihre Beziehung zu ihm Sie wirklich erfüllt, dann werden Sie Ihre eigenen Schlüsse ziehen.«
Etwas piepte, und er holte sein Handy aus der Kitteltasche. »Ah, mein neuester Patient hat gerade das Licht der Welt erblickt.« Er erhob sich, sah zu mir herab und legte mir die Hand auf die Schulter. »Sie sind diejenige, die entkommen wird. Und darüber freue ich mich.«
Ich sah ihm nach, wie er eilig die Cafeteria verließ. Kaum war er außer Sichtweite, ließ ich mich erschöpft und verwirrt zurück in den Stuhl sinken. Mein Blick fiel auf den dunklen Bildschirm meines Tablets. Ich hatte nicht mehr die Energie, den Brief zu beenden. Also packte ich alles zusammen und machte mich bereit, von Angus abgeholt zu werden.
»Lust auf chinesisches Essen?«
Ich sah vom Layout der Kaffeewerbung auf meinem Schreibtisch auf und blickte in die warmen braunen Augen meines Chefs. Dann fiel mir ein, dass Mittwoch war, der Tag, an dem wir normalerweise mit Steven essen gingen.
Eine Sekunde lang war ich versucht, mich zu entschuldigen und an meinem Schreibtisch zu essen, nur um Gideon zufriedenzustellen. Doch mir wurde sofort klar, dass ich ihm das übel nehmen würde. Ich versuchte immer noch, mir ein neues Leben in New York aufzubauen, und das hieß, dass ich auch außerhalb unseres gemeinsamen Lebens Freunde und Pläne hatte.
»Auf chinesisches Essen immer«, erwiderte ich. Mein allererstes Essen mit Mark und Steven war auch chinesisch gewesen, und zwar hier im Büro, als wir eines Abends Überstunden machen mussten und Steven uns etwas zu essen gebracht hatte.
Gegen Mittag verließen Mark und ich das Büro. Ich weigerte mich, ein schlechtes Gewissen wegen etwas zu haben, das mir so viel Spaß machte. Steven wartete schon im Restaurant auf uns. Er saß an einem runden Tisch mit einer lackierten, drehbaren Platte in der Mitte.
»Hey, du.« Er umarmte mich zur Begrüßung und zog einen Stuhl für mich zurück. Als wir uns setzten, musterte er mich prüfend. »Du wirkst müde.«
Offenbar sah ich wirklich übel aus, wenn so ziemlich jeder eine Bemerkung darüber machte. »Die Woche war bis jetzt ziemlich hart.«
Als die Kellnerin kam, bestellte Steven als Vorspeise Dim Sum und dann dasselbe Essen, das wir an jenem ersten Abend im Büro hatten: Hühnchen Kung Pao und Rindfleisch mit Brokkoli. Kaum waren wir wieder allein, sagte Steven: »Ich wusste gar nicht, dass dein Mitbewohner schwul ist. Hast du uns das erzählt?«
»Genau genommen ist er bi.« Ich erkannte, dass Steven oder jemand, den er kannte, dieselbe Zeitschrift gesehen haben musste, die Cary mir gezeigt hatte. »Ich glaube, das Thema kam bisher noch nicht auf.«
»Wie geht es ihm denn?«, fragte Mark ehrlich besorgt.
»Schon besser. Vielleicht wird er heute entlassen.« Die Frage lastete schon den ganzen Morgen auf mir, denn Gideon hatte mir deswegen noch nicht Bescheid gegeben.
»Sag uns, wenn du Hilfe brauchst«, bemerkte Steven mit ernster Miene. »Wir sind für dich da.«
»Danke. Hass war übrigens nicht das Motiv«, erklärte ich. »Ich weiß nicht, wie der Reporter darauf gekommen ist. Früher hatte ich Respekt vor Journalisten, aber heutzutage machen nur noch wenige ihre Hausaufgaben, und noch weniger halten sich an die Fakten.«
»Es ist sicher schwer, im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit zu leben.« Steven nahm meine Hand über den Tisch hinweg und drückte sie. Er war ein geselliger und humorvoller Mann, aber hinter dieser unterhaltsamen Oberfläche war er zudem solide und warmherzig. »Andererseits muss man damit wohl rechnen, wenn man sich mit Rockstars und Milliardären einlässt.«
»Steven«, tadelte Mark und runzelte die Stirn.
»Autsch!« Ich zog die Nase kraus. »Shawna hat es dir erzählt.«
»Natürlich«, erwiderte Steven. »Das war das Mindeste, nachdem sie mich schon nicht zum Konzert eingeladen hat. Aber keine Sorge. Sie ist keine Tratschtante und wird es sonst niemandem erzählen.«
Ich nickte, weil ich mir dahingehend keine Sorgen machte. Shawna war fair, trotzdem fand ich es peinlich, dass mein Boss nun wusste, dass ich trotz meiner Beziehung einen anderen geküsst hatte.
»Cross allerdings
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