Crossfire. Versuchung: Band 1 Roman (German Edition)
heute Abend länger arbeiten?«
»Klar.« Von seiner Begeisterung angesteckt, folgte ich ihm nach drüben.
»Das hatte ich gehofft.« Er ließ sich in seinen Sessel fallen.
Ich setzte mich auf denselben Sessel wie am Vortag und öffnete schnell ein Notepad-Programm.
»Also«, fuhr er fort. »Wir haben eine Angebotsanfrage von Kingsman Vodka gekriegt, und sie ging ausdrücklich an mich. Das ist eine Premiere.«
»Glückwunsch!«
»Danke, aber gratulieren Sie mir lieber erst, wenn wir den Auftrag haben. Wir müssen ein Konzept erarbeiten, die Leute wollen sich schon morgen mit mir treffen.«
»Wow. Ist diese Frist üblich?«
»Nein. Normalerweise reden die Kunden erst mit uns, wenn unser fertiges Angebot vorliegt. Aber Cross Industries hat soeben Kingsman Vodka gekauft, und C.I. besitzt Dutzende Tochtergesellschaften. Sollten sie sich für uns entscheiden, wär’s ein Wahnsinnsgeschäft. Und da sie das wissen, verlangen sie jetzt alles Mögliche von uns. Wie zum Beispiel das Meeting morgen.«
»Normalerweise würde doch auch ein ganzes Team an so etwas arbeiten, oder?«
»Ja, eigentlich treten wir als Gruppe auf. Aber die wissen, wie es läuft – ein Senior Manager würde das Angebot pitchen, und nachher bekommen sie doch nur einen Junior wie mich. Also haben sie sich gleich mich ausgesucht und werden mich jetzt auf Herz und Nieren prüfen. Aber um fair zu sein, die Angebotsanfrage enthält mehr Infos, als sie im Gegenzug verlangt, sogar genaue Anweisungen. Ich kann ihnen nicht vorwerfen, unverschämt zu sein – sie sind nur penibel. Damit muss man rechnen, wenn man’s mit Cross Industries zu tun hat.«
Mark fuhr sich nervös durch die dichten Locken. Es war ihm anzusehen, unter welchem Druck er stand. »Was halten Sie von Kingsman Vodka?«
»Ich … ähm … Ehrlich gesagt, habe ich noch nie davon gehört.«
Lachend lehnte er sich auf seinem Sessel zurück. »Gott sei Dank! Ich dachte schon, da wäre ich der Einzige. Tja, der Vorteil ist, es gibt keine negative Berichterstattung, die wir ausbügeln müssten. Manchmal sind keine Neuigkeiten eben doch gute Neuigkeiten.«
»Und wie kann ich Ihnen jetzt helfen? Abgesehen von Wodka-Recherchen und Überstunden?«
Gedankenverloren kräuselte er die Lippen. »Notieren Sie mal Folgendes …«
Wir arbeiteten die Mittagspause hindurch und gingen, noch lange nachdem sich die anderen Büros bereits geleert hatten, die Ausgangsdaten der Strategen durch. Kurz nach sieben durchbrach das plötzliche Klingeln von Marks Smartphone die Stille.
Mark schaltete den Lautsprecher ein und arbeitete weiter. »Hey, Baby.«
»Hast du dem armen Mädchen schon was zu essen gegeben?«, ertönte eine sanfte Männerstimme aus der Leitung.
»Äh …« Mark warf mir einen Blick durch die Glaswand seines Büros zu. »Hab ich vergessen.«
Hastig schaute ich weg und biss mir auf die Unterlippe, um ein Lächeln zu unterdrücken.
Ich hörte ein entrüstetes Schnauben. »Sie arbeitet gerade erst seit zwei Tagen für dich, und schon nutzt du sie schamlos aus und lässt sie verhungern.«
»Scheiße, du hast recht. Steven, Süßer …«
»Hör auf, mich Süßer zu nennen! Mag sie Chinesisch?«
Ich zeigte Mark meinen erhobenen Daumen, und er grinste. »Ja, mag sie.«
»Okay, in zwanzig Minuten bin ich da. Gib der Security Bescheid, dass ich komme.«
Fast genau zwanzig Minuten später drückte ich auf den Summer, um Steven Ellison aus dem Vorraum hereinzulassen. Er war ein Riese in dunklen Jeans, abgewetzten Arbeitsstiefeln und einem ordentlich gebügelten Hemd. Mit seinen roten Haaren und lachenden blauen Augen war er genauso gut aussehend wie sein Partner, wenn auch auf ganz andere Art. Wir setzten uns zu dritt um Marks Schreibtisch, schütteten Kung-Pao-Huhn, Brokkoli Beef und Klebreis auf Pappteller und machten uns mit Stäbchen darüber her.
Steven war Bauunternehmer und seit dem College mit Mark zusammen. Fast neidisch beobachtete ich, wie die beiden miteinander umgingen. Sie hatten eine so wunderbare Beziehung, dass es Spaß machte, Zeit mit ihnen zu verbringen.
»Verdammt, Mädchen, Sie können aber reinhauen«, meinte Steven, als ich mir eine dritte Portion auftat. »Wo geht das alles hin?«
Ich zuckte die Achseln. »Mit mir ins Fitnessstudio. Vielleicht hilft’s …«
»Hören Sie nicht auf ihn«, sagte Mark grinsend. »Er ist nur neidisch, weil er selbst immer auf seine mädchenhafte Figur achten muss.«
»Aber hallo!« Steven warf seinem Partner einen schiefen Blick
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